Exerzitien mit P. Pius

Sie sind hier: Startseite Vorträge christliche Spiritualität Wo wohnt Gott?

Startseite
Jahresprogramm
Vorschau
Predigten
Vorträge
   christliche Spiritualität
   Heilige
   Kirchenjahr
   Altes Testament
   Neues Testament
Bildmeditationen
Geistliche Impulse
Persönliches
Fotogalerie
Kontakt
Links
 
 
 
 
 

Wo wohnt Gott?

 

 

Ein Mensch kam erschöpft zu einem Einsiedler:

Wo ist Gott? – Hast du ihn gesucht?

Ich habe ihn gesucht. – Hast du ihn gefunden?

Ich habe ihn nicht gefunden. – Wo hast du ihn gesucht?

 

Am Himmel. – Das war gut

Zwischen den Blumen – Das war auch gut.

Unter den Tieren. – Das war auch gut.

Bei den Menschen. – Das war sehr gut, aber sicher auch schwierig.

In heiligen Büchern. – Das war auch sehr gut.

Und jetzt bin ich hier. – Du suchst Gott bei mir?

Ja, bei dir. – Aus Liebe?

Nein aus Verzweiflung. – Dann wirst du ihn nicht finden.

Was soll ich tun? – Nichts.

Nichts? – Nichts.

Aber. – Doch etwas:

Sieh in deinem Herzen nach! Suche Gott in dir!

 

Wo wohnt Gott?

Eine uralte Frage. Menschen aller Zeiten haben sie gestellt.

Und vielfältig sind die Antworten: Gott wohnt im Himmel. Gott wohnt in der Natur.

Den alten Völkern haben die Gestirne als Wohnsitze des Göttlichen gegolten. Auch Berge, Felsen, Quellen, Flüsse, Bäume... sahen sie als Wohnstätten der Götter.

 

Tatsächlich ist Gott in seiner Schöpfung. Aber seine Gegenwart ist nicht auf bestimmte Bereiche beschränkt. „Überall ist er..., Höhen Tiefen, sie sind sein“, heißt es in einem Lied.

 

Der heilige Ignatius lehrt, „Gott zu finden in allen Dingen.“

Viel mehr als wir denken, ist Gott da. Gott ist gegenwärtig und er will uns begegnen und wir können ihm begegnen.

 

In einem Tagesgebet heißt es: „Gott, du bist da, deine Gegenwart umhüllt und durchdringt uns wie die Luft, die wir atmen und ohne die wir nicht leben können“.

Paulus sagt zu den Athenern bei seiner Rede auf dem Areopag:

„Gott ist uns nicht fern. In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir“.

 

Wo wohnt Gott?

Das alttestamentliche Gottesvolk war zutiefst von dem Glauben durchdrungen, dass Gott mitten in seinem Volk wohnt, - und dass er in besonderer Weise im Tempel zu Jerusalem zugegen ist.

Dabei aber war man sich bewusst, dass dieser Tempel den allgegenwärtigen, unermesslichen Gott nicht zu fassen vermag.

 

Bei der Einweihung des Tempels fragt König Salomo erstaunt:

„Wohnt denn Gott wirklich auf der Erde?“ Und er betet: „Siehe, selbst der Himmel und die Himmel der Himmel fassen dich nicht, wieviel weniger das Haus, das ich gebaut habe!“ (1 Kön. 8, 27)

 

Beim Propheten Ezechiel spricht Gott: „Ich werde mitten unter ihnen für immer mein Heiligtum errichten und bei ihnen wird meine Wohnung sein. Ich werde ihr Gott sein und sie werden mein Volk sein.“ (37, 26f.)

 

Und der Prophet Sacharja lässt Gott seinem Volk künden:

„Juble und freue dich, Tochter Zion; denn siehe, ich komme und wohne in deiner Mitte – Spruch des Herrn.“ (2, 14)

 

Ähnliches hörten wir auch in der Lesung aus der Offenbarung des Johannes: Im endzeitlichen Jerusalem steht kein Tempel mehr, weil Gott, der Herr, selbst sein Tempel ist und das Lamm die Leuchte.

In einer Vision schaut Johannes, wie das neue Jerusalem vom Himmel auf die Erde herabsteigt. Und er hört eine Stimme vom Thron her rufen: „Seht die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen und sie werden sein Volk sein. Und er, Gott, wird bei ihnen sein." (21, 3)


Wo wohnt Gott?

Gott wohnt unter den Menschen. Gott wohnt in seinem Volk. Er ist ihm ganz nahe. Das ist eine Botschaft, die die Bibel immer wieder hervorhebt.

 

Ein Rabbi überrascht seine Schüler mit der Frage: „Wo wohnt Gott?“ Sie lachten und sagten: „Was für eine Frage! Die Welt ist doch voll von seiner Herrlichkeit!“ – Der Rabbi beantwortete seine eigene Frage so: „Gott wohnt, wo man ihn einlässt!“

 

Von dem englischen Maler Holman Hunt gibt es ein Gemälde, da steht Jesus vor einer Tür und klopft an. Auf die Frage eines Besuchers: Wie kommt’s, dass an der Tür keine Klinke ist, antworte der Maler. „Es kann außen keine Klinke geben. Jesus klopft an. Auftun müssen wir.“

 

Das lässt an ein Wort in der Offenbarung des Johannes denken.

Dort spricht Jesus: „Siehe, ich stehe vor der Tür uns klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten und Mahl halten. Ich mit ihm und er mit mir.“

 

Voraussetzung für das Öffnen ist das Hören. Voraussetzung für das Hören ist Stille und Schweigen. „In der Innerlichkeit des Schweigens, wenn das Hören zum Lauschen wird, wird dieses Klopfen gehört, diese Stimme vernommen.“ (H. Spaemann)

 

In den Abschiedsreden Jesu wird all das noch überboten. Da sagt Jesus gleichsam als letztes Vermächtnis, dass der Vater und er in jedem einzelnen Gläubigen Wohnung nehmen: Joh 14, 23: „Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten. Mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen.“

 

Wir, jede und jeder von uns, Wohnung Gottes! Gott in uns.

Für mich ist das Frohe Botschaft! Das ist unendlich beglückend.

Das ist Quelle der Freude und der Zuversicht:

Gott nicht nur im Himmel, nicht nur in seiner Schöpfung. Gott nicht nur in einem Haus aus Stein, auch nicht nur in seinem Volk und in seiner Gemeinde, sondern darüber hinaus in jedem Gläubigen.

 

Das ist ein nie ganz zu fassendes Geheimnis, eine nie ganz zu begreifende Wahrheit. Man muss es sich immer wieder vorsagen, meditieren, verkosten, es ganz tief aufnehmen und es sich immer wieder bewusst machen.

Ein Meditationswort lautet: „Du ströme in mir, ich gebe mich dir!“

Oder noch kürzer: „Du in mir, ich in dir!“

 

Der Apostel Paulus spricht an verschiedenen Stellen seiner Briefe von diesem Geheimnis: „Wisst ihr nicht, dass ihr ein Tempel Gottes seid und dass Gottes Geist in euch wohnt?“

Er erinnert sie an das, was sie zutiefst sind: Tempel Gottes, Wohnung des Heiligen Geistes. Das ist ihre Identität. Das ist ihre Würde.

 

In der Pfingstsequenz beten wir: „Du stille Macht, du verborgene Kraft, Geist des Herrn, der in uns lebt und schafft, wohne du uns inne, uns anzutreiben, bete du in uns, wo wir stumm bleiben.“

Und an einer anderen Stelle heißt es: „Komm, o du glückselig Licht! Fülle Herz und Angesicht! Dring bis auf der Seele Grund.“

 

Wir sind der Tempel Gottes. In uns wohnt Gottes Geist.

Das ist unsere Berufung! Das ist unsere Identität. Das ist unsere Würde als Getaufte. Das sollten wir immer bedenken und nie vergessen. Wir sehen es oft nicht oder viel zu wenig.

 

Auch bei den Mystikern finden wir die Aussage: Gott wohnt in uns.

Meister Eckehard sagt z.B.: „Ich bin des so gewiss wie ich lebe, dass nichts mir so nahe ist wie Gott.“

Es gibt einen Gefährten, der uns von Geburt an begleitet, Gott, tief innen in unserer Seele.

Augustinus sagt: „Gott ist uns näher als wir uns selbst.“

Edith Stein greift dieses augustinische Wort auf und formuliert in einem ihrer Gebete: „Du, näher mir als ich mir selbst und innerer als mein Innerstes… Heiliger Geist, ewige Liebe.“ (vgl. Gotteslob 8, 6)

Angelus Silesius hat in seinem Cherubinischen Wandersmann den Vers: „Halt an! Wo läufst du hin? Der Himmel ist in dir! Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für uns für.“

 

Als die heilige Katharina von Siena in ihrer Not klagt: „Mein Gott, wo warst du, als mein Herz in Finsternis und Tränen war?“ Da hört sie die Antwort: „Meine Tochter, hast du nicht gespürt? Ich war in deinem Herzen.“

 

R. Tagore meint: „Der Mensch strebt danach, das Leben außerhalb seiner selbst zu finden und begreift nicht, dass das Gesuchte in ihm selber liegt.“

Der Himmel ist in dir! Gott ist in dir! Suche Gott in dir!

 

In einem Gedicht von Theresa von Avila spricht Gott:

Wenn dein Sehnen Mich nicht findet, dann such nicht dort u. such nicht hier;

gedenk, was dich im Tiefsten bindet, und, Seele, suche Mich in dir.

Du bist Mein Haus und Meine Bleibe, bist Meine Heimat für uns für.

Ich klopfe stets an deine Tür, dass dich kein Trachten von Mir treibe.

Und meinst du, Ich sei fern von hier, dann ruf Mich und du wirst erfassen,

dass Ich dich keinen Schritt verlassen: Und, Seele, suche Mich in dir!

 

Gott sagt zum Menschen: „Du bist mein Haus und meine Bleibe, bist meine Heimat für und für.“ Und: „Suche mich in dir!“.

Gott ist ganz nahe. Er ist uns wirklich näher als wir uns selbst.

 

Ein orientalisches Märchen erzählt, dass Gott sich einmal verstecken wollte. Er wollte einfach mal seine Ruhe, nichts mehr hören und nichts mehr sehen. Da fragte er seine Engel, wo er sich am besten verstecken könnte. Einer meinte: „Hinter den höchsten Berggipfeln“. Ein anderer: „An der tiefsten Stelle im Ozean.“ Wieder ein anderer: „Auf der erdabgewandten Seite des Mondes.“ „Auf einem fernen Stern.“ – So kamen verschiedene Vorschläge. – Gott war mit keiner Antwort recht zufrieden. Da fragte man einen Meister, der schon zu Lebzeiten sehr berühmt war. Dieser sagte: „Verbirg dich im menschlichen Herzen, das ist der letzte Ort, an den sie denken werden. Da sucht dich kein Mensch.“

 

Henry Nouwen erzählt in einem Buch, wie er sieben Monate zu Gast war in einem amerikanischen Trappistenkloster.

Zu Beginn dieser Zeit bat er den Abt um ein Meditationswort.

Der Abt sagte ihm: „Meditieren Sie diese Zeit hindurch das Wort: Ich bin die Herrlichkeit Gottes.“ Und er fügte hinzu: „Sie sind der Ort, den Gott sich zur Wohnung erwählt hat. Und das geistliche Leben besteht in nicht mehr und nicht weniger als in dem Versuch, ihm den Raum zu schaffen, in dem sich seine Herrlichkeit offenbaren kann.“

 

Wenn wir das glauben könnten: „Ich bin die Herrlichkeit Gottes“.

In mir wohnt die Herrlichkeit des dreifaltigen Gottes. Das wäre beseligend. Das würde alle Angst vertreiben. Das könnte unser Herz weit machen und froh.

Bei Johannes Tauler findet sich das Wort: „Wer sehen könnte, wie im Seelengrund Gott wohnt, den würde dieses Gesicht selig machen.“

 

Ein indischer Weiser lehrte bereits vor Jahrhunderten: „Wer in seinem innersten Selbst den unsichtbaren Gesetzgeber aller Dinge erkennt und ihm allein vertraut, der hat die Seligkeit erlangt.“

 

Die Karmelitin Elisabeth von Dijon bekennt: „Ich habe den Himmel auf Erden gefunden, denn der Himmel ist Gott und Gott ist in mir. – An dem Tag als ich dies verstanden habe, ist mir alles hell geworden. Dieses Geheimnis möchte ich allen mitteilen.“

 

Die Frage ist: Was können wir tun, dass wir des Wohnens Gottes in uns, der Herrlichkeit Gottes in uns, immer mehr innewerden?

Was können wir tun, dass diese Kostbarkeit uns beseligt und dass wir darin aufleben?

 

Ein erstes: Wir können uns dessen betend immer wieder erinnern!

Betend, meditierend uns der Gegenwart Gottes in uns, seines Wohnens in uns innewerden. Innewerden, welches Licht in uns ist – unter aller Verhüllung und Überlagerung, bei aller Unordnung, die da manchmal herrscht, und aller Armseligkeit.

„Göttliches Licht, Heiliger Geist, ewige Liebe!

Du, näher mir als ich mir selbst, innerer als mein Innerstes:“

 

Innewerden, dass tief in meinem Wesensgrund Gottes Geist, Gottes Kraft, Gottes Gnade eingesenkt ist und mich erfüllt, durchdringt, belebt und beseelt.

Glauben, dass Gott in mir ist, sich bewusst einüben in die Gegenwart Gottes. Gott ist gegenwärtig. Leben in der Gegenwart Gottes!

 

Ein zweites: Wenn Gott selbst in mir wohnt, wenn Christus in mir Wohnung genommen hat, wenn ich Tempel des heiligen Geistes bin, sollte dann nicht auch Gottes Liebe und sein Friede in mir wohnen, mich immer mehr prägen, formen und bestimmen, aber dann auch ausstrahlen, so dass ich wie ein Fenster durchscheinend werde und Gottes Liebe, Gottes Licht, Gottes Friede weitergebe?

 

Ein drittes: Tempel Gottes bin nicht nur ich.

Auch die/der neben mir, der Bruder, die Schwester ist Tempel Gottes. Auch in ihm/ihr wohnt Gottes Geist. Auch er/sie ist Wohnort der Liebe Gottes. Auch die, die mich nervt. Auch der, den ich nicht so gut leiden kann. Auch der Lästige und die Unausstehliche. Auch der Unsympathische, mit dem ich Mühe habe. Auch diejenige, auf die ich schon allergisch reagiere, wenn ich sie nur sehe. Und auch derjenige, den ich am liebsten zum Mond schießen würde.

 

Theres von Lisieux sagt: „Ohne Jesus jeden Menschen lieben wollen, ist für mich so unmöglich wie die Sonne in der Nacht scheinen zu lassen… Aber je mehr ich mit Jesus in mir verbunden bin, desto mehr kann ich alle meine Schwestern lieben!“

 

Versuchen zu lieben, wie ER, Jesus geliebt hat!

Die Liebe üben, Geduld haben, auch da, wo es schwerfällt.

Verzeihen, vielleicht sogar dort, wo ich nicht schuld bin.

„Wenn ihr nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn wollt ihr dafür erhalten. Tun das nicht auch die Heiden?“

 

Von Martin Buber stammt das Wort: „Es gibt nur eine Sünde: zu vergessen, das jeder Mensch ein Königskind ist.“

Wir alle sind Königskinder! Wir sind getauft! Wir alle sind ausgezeichnet mit einer einmaligen Würde.

 

Wo wohnt Gott?

Und auch das ist wahr: Wo die Güte und die Liebe, da ist Gott. –

Ubi caritas et amor, deus ibi est.

   Druckansicht

 

Seitenanfang