13. Mai
1917 – vor 100 Jahren.
Der
Schreck fuhr drei Kindern gehörig in die Glieder.
Es war
nach dem Sonntagsgottesdienst etwa um die Mittagszeit.
Plötzlich wurden sie von einem Lichtstrahl geblendet. Über einer alten
Steineiche erblickten sie einen gleißenden Feuerball und darin „heller als die Sonne eine wunderschöne Frau“.
Bereits
im Jahr zuvor erschien den drei Kindern 3 Mal ein Engel.
Die drei
Hirtenkinder sind Lucia (10), ihr Vetter Francisco (8) sowie dessen
Schwester Jacinta (7). Sie hüteten die Schafe in der „Cova da Iria“, der
„Mulde des Friedens“.
Dass sie vom Himmel kommt, offenbart die „schöne Dame“ bereits beim
ersten Besuch. Doch erst beim letzten Zusammentreffen am 13. Oktober
1917, als sich vor den Augen von schätzungsweise 70.000 Menschen das
„Sonnenwunder“ ereignet, gibt sie ihre Identität preis und offenbart
ihren Namen. Sie nennt sich „Unsere Liebe Frau
vom Rosenkranz“.
Weiter sagt sie: „Ich bin gekommen, um die
Gläubigen zu ermahnen, ihr Leben zu ändern, Gott nicht mehr durch die
Sünden zu betrüben, den hl. Rosenkranz zu beten und Buße zu tun.“
Die
weißgekleidete Frau, die heller als die Sonne strahlte, forderte die
Kinder auf, in den folgenden Monaten jeweils am dreizehnten wieder zu
kommen. Sie trug ihnen auf, alle Schmerzen und Krankheiten, die ihnen
auferlegt würden, für die Bekehrung der Sünder zu tragen.
Siebenmal
erschien die ungewöhnliche Frau den Kindern, die weder lesen noch
schreiben konnten.
Am 13.
Juni trägt sie ihnen auf, täglich den Rosenkranz zu beten. Und Lucia
solle lesen lernen, denn Jesus wolle durch sie auf Erden die Verehrung
des Unbefleckten Herzens Mariens fördern.
1942
weihte Papst Pius XII. die Welt dem unbefleckten Herzen Mariens. 1944
führte er für die Gesamtkirche das Fest ein, das seitdem am 22. August
gefeiert wird.
Bei
ihrer dritten Erscheinung am 13. Juli forderte die Muttergottes die
Kinder auf: „Opfert euch für die Sünder!“ Und: „Wenn getan wird, was ich euch sage, werden viele Seelen
gerettet.“
Nach den
Aufzeichnungen Lucias, die später im Karmel lebte, warnte die
Muttergottes davor, dass unter dem Pontifikat Papst Pius XI. ein
schlimmer Krieg beginnen werde, wenn man nicht auf Gott hört und seinen
Weisungen folgt. – Eine Vorhersage, die viele mit dem Ausbruch des 2.
Weltkrieges bestätigt sahen.
Außerdem
bat Maria um die Bekehrung Russlands zu beten.
Perestroika und Glasnost, umwälzende Veränderungen in der ehemaligen
Sowjetunion, scheinen auch diese Vision bestätigt zu haben.
Im August
erschien die Botin des Himmels den Kindern erst am 19. des Monats, weil
sie von den kirchenfeindlichen Behörden festgehalten wurden. Die Kinder
waren nämlich ihren Eltern entrissen und ins Gefängnis geworfen worden.
Franzisco und Jacinta wurden von Lucia getrennt und verhört. Man drohte
ihnen, sie bei lebendigem Leib zu verbrennen, wenn sie nicht zugeben,
dass die Erscheinungen nur eine Einbildung oder gar Lüge seien.
Doch
unbeirrbar standen die drei Kinder für das, was sie gesehen und gehört
hatten, ein. Sie hielten allen Einschüchterungsversuchen und allem
Misstrauen, das ihnen entgegenschlug, stand. Ihr Vertrauen in die
„schöne Dame“ war stärker.
Jacinta
und Francisco starben im Kindesalter. Heute werden sie von Papst
Franziskus in Fatima heiliggesprochen. Lucia, die ins Kloster ging und
mehrmals mit Papst Johannes Paul II. zusammentraf, starb am 13. Februar
2005 im Ruf der Heiligkeit. Ihr Seligsprechungsprozess läuft zurzeit
noch.
Die
Erscheinungen wurden jahrelang gründlich untersucht.
Am 13.
Mai 1930 wurden sie von der Kirche als „glaubwürdig“ erklärt und als
echt anerkannt.
Während
der dritten Erscheinung sollen den Kindern drei Geheimnisse anvertraut
worden sein.
1941
wurden die ersten zwei Geheimnisse veröffentlicht.
Das erste
enthielt die Vorhersage eines weiteren Krieges nach dem ersten
Weltkrieg.
Das
zweite Geheimnis bezog sich auf die Bekehrung Russlands.
Das
dritte Geheimnis wurde versiegelt dem Vatikan übergeben.
Die
Päpste von Pius XII. bis Johannes Paul II. lasen es, veröffentlichten
den Inhalt aber nicht. Erst Kardinal Josef Ratzinger veröffentlichte
dieses sagenumwobene Geheimnis im Jahre 2000. Es handelt sich um die
Prophezeiung eines weißgekleideten Bischofs, der von Kugeln getroffen,
zusammenbricht.
Den
Inhalt deuten viele als Vorhersage des Attentats auf Papst Johannes Paul
II. – Am 13. Mai 1981, heute vor 36 Jahren, am Jahrestag der
Erscheinungen von Fatima, feuerte der Türke Ali Agca während der Audienz
auf dem Petersplatz drei Schüsse auf den Papst ab. Mehrere Tage schwebte
er zwischen Leben und Tod.
Drei
Monate brauchte es, bis er in den Vatikan wieder zurückkehren und seine
Arbeit aufnehmen konnte. Doch zeitlebens hatte er unter den Folgen des
Anschlages zu leiden.
Dass er
dabei nicht starb, schrieb er selbst dem Schutz Marias zu.
Er ließ
deshalb die Kugel, die nur wenige Millimeter die Hauptschlagader
verfehlte, in die Krone der Marienstatue von Fatima einarbeiten und
machte ein Jahr nach dem Attentat eine Dankwallfahrt dorthin.
Am 27.
Dezember 1983 setzte er auch öffentlich ein Zeichen der Versöhnung. Er
besuchte seinen Attentäter im Gefängnis, umarmte ihn und verzieh ihm.
Das vertrauliche Gespräch dauerte 20 Minuten. „Ich habe mit ihm
gesprochen wie man mit einem Bruder spricht, dem ich vergeben habe und
dem ich vertraue“, ließ er die neugierigen Journalisten nachher
wissen. Das war alles, was er mitteilte.
100 Jahre
nach den Erscheinungen aber ist der einstmals kleine Ort Fatima, etwa
130 km nördlich von Lissabon, zu einem der bedeutendsten christlichen
Wallfahrtsorte auf der Welt geworden.
Millionen
Besucher kommen jährlich. Viele nähern sich sogar auf Knien der
Basilika, bei Regen ebenso, wie wenn die Sonne vom Himmel brennt. Egal
ob alt oder jung, gesund oder krank: Sie tun Buße und bitten um
Vergebung.
Was mir
auffällt und was ich interessant finde ist, dass es immer wieder
einfache Menschen sind, ja Kinder, deren sich der Himmel bedient. In
Lourdes war Bernadette Soubirous, eine Hilfsschülerin, dazu ausersehen.
In Guadalupe/Mexiko Juan Diego, ein Indio. In La Salette ebenfalls zwei
Hirtenkinder. Und in Banneux ein 11-jähriges Mädchen.
War nicht
Maria selbst ein einfaches Mädchen, die sich als Magd des Herrn sah, als
der Engel zu ihr kam?
Warum ist
die Muttergottes keinem Prälaten, Kardinal oder Theologieprofessor
erschienen?
Reinhold
Schneider schreibt in seinem Reisetagebuch „Portugal“: „Das Kind
sieht mehr. Es steht noch im Glanz seines Engels, der Gott schaut.“
– „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder…“, sagt Jesus. Und: „Menschen
wie ihnen gehört das Reich Gottes.“ Vielleicht liegt darin ein Stück
des Geheimnisses.
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