EVANGELIUM
Er wurde vor ihren Augen verwandelt
+ Aus
dem heiligen Evangelium nach Markus
In jener Zeit
2nahm
Jesus Petrus, Jakobus und Johannes beiseite und führte sie auf einen
hohen Berg, aber nur sie allein. Und er wurde vor ihren Augen
verwandelt;
3seine
Kleider wurden strahlend weiß, so weiß, wie sie auf Erden kein Bleicher
machen kann.
4Da
erschien vor ihren Augen Elija und mit ihm Mose, und sie redeten mit
Jesus.
5Petrus
sagte zu Jesus: Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei
Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija.
6Er
wusste nämlich nicht, was er sagen sollte; denn sie waren vor Furcht
ganz benommen.
7Da
kam eine Wolke und warf ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke rief
eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören.
8Als
sie dann um sich blickten, sahen sie auf einmal niemand mehr bei sich
außer Jesus.
9Während
sie den Berg hinabstiegen, verbot er ihnen, irgendjemand zu erzählen,
was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden
sei.
10Dieses
Wort beschäftigte sie, und sie fragten einander, was das sei: von den
Toten auferstehen.
11Da
fragten sie ihn: Warum sagen die Schriftgelehrten, zuerst müsse Elija
kommen?
12Er
antwortete: Ja, Elija kommt zuerst und stellt alles wieder her. Aber
warum heißt es dann vom Menschensohn in der Schrift, er werde viel
leiden müssen und verachtet werden?
13Ich
sage euch: Elija ist schon gekommen, doch sie haben mit ihm gemacht, was
sie wollten, wie es in der Schrift steht.
Liebe Schwestern und Brüder,
liebe Wallfahrerinnen und Wallfahrer!
Das Evangelium von der Verklärung ist eingerahmt von
Leidensweissagungen Jesu. Er spricht von seinem Todesschicksal.
Wie gut können wir Petrus verstehen, wenn er Jesus
Vorwürfe macht, wenn er das für unmöglich hält und ihn von diesem Weg
abbringen will!
In dieser Stunde tut Jesus etwas Wunderbares: Er
schenkt drei Aposteln die Taborstunde, die Stunde der Verklärung: Gott
offenbart in unüberbietbarer Weise die Herrlichkeit seines Sohnes.
Gottes strahlendes Licht liegt auf ihm. – Für einen Augenblick ereignet
sich Ostern. Die Herrlichkeit der Auferstehung ist Gegenwart. – Für
einen Augenblick leuchtet etwas von dem unfassbaren Geheimnis Jesu auf:
Er ist das Licht vom Licht, der Abglanz des ewigen Vaters. Er ist der
erwählte Sohn.
Die drei Apostel bekommen etwas zu spüren und
beginnen etwas zu ahnen von der Ungeheuerlichkeit der Nähe Gottes.
Und wie Petrus das Leiden abwehrt, so möchte er jetzt die
Herrlichkeit Gottes festhalten. Er möchte Herrlichkeit haben ohne
Geduld, ohne Opfer, ohne Leiden, ohne Kreuz.
Geht es nicht uns auch so? – Meinen wir nicht
auch, wir könnten die Herrlichkeit Gottes haben, ohne den Weg Jesu
mitzugehen, seinen Leidens- und Kreuzweg?
Liebe Schwestern und Brüder!
Wir haben gehört: Jesus nahm Petrus, Johannes und Jakobus
mit sich auf einen hohen Berg.
In der Leidensgeschichte hören wir: Und er ging in einen
Garten und nahm Petrus, Johannes und Jakobus mit sich.
Jetzt spricht der Vater im Himmel vom geliebten
Sohn. - Dann schreit der Sohn: „Mein Gott, mein Gott,
warum...“
Jetzt leuchtet sein Gewand wie die Sonne. -
Dann wird sich die Sonne verfinstern.
Jetzt wollen die Jünger Hütten bauen. - Dann
werden sie ihn nicht mehr kennen und fliehen.
Jetzt befindet sich Jesus in der Gesellschaft von
Mose und Elija. - Dann werden Verbrecher seine Nachbarn am Kreuz
sein.
Liebe Mitchristen!
Tabor und Ölberg sind auch Berge unseres Lebens. Auch wir
erleben Höhen und Tiefen.
Wir alle kennen Taborstunden: Stunden, in denen
alles Licht ist, in denen wir glücklich und zufrieden sind. – Unser
Leben kennt Zeiten, wo uns das Glauben leichtfällt, wo wir die Nähe
Gottes erahnen und spüren. Gipfelstunden, wo Gott keine Frage mehr ist,
sondern wo uns ganz gewiss ist: Gott existiert, er ist da. Seine
Gegenwart umhüllt und durchdringt uns. Freude und Dankbarkeit erfüllen
uns dann.
Kein Leben besteht aber aus lauter Höhepunkten und
Sonntagen. Unser Leben kennt auch den Ölberg. Stunden, in denen sich
alles verfinstert, in denen wir das Gefühl haben, von Gott und Menschen
verlassen zu sein. Krisen, Niederlagen, Enttäuschung... Stunden, wo
Angst und Sorgen, Traurigkeit und Leid uns das Herz schwer machen,
Stunden und Tage, wo die Frage nach dem Warum sich quälend auf unsere
Seele legt.
Gott scheint dann weit weg zu sein. Und beten fällt uns
schwer.
Am Ende der Verklärungserzählung heißt es, dass
Jesus mit den drei Aposteln wieder vom Berg herabsteigt. Und dieser
Abstieg ging bis in den Karfreitag und das Grab.
Die Taborstunde, die die Jünger erleben dürfen,
wird am Ölberg abgelöst vom Schlaf der Müdigkeit, von Verrat, von
Flucht, von Enttäuschung und Dunkelheit.
Das Kreuz verhüllt Jesu Herrlichkeit, löscht sie
aber nicht aus.
Am Ostermorgen erstrahlt sie neu und die Apostel erkennen
Jesus an seinen verklärten Wunden.
Liebe Schwestern und Brüder!
Seit Christus liegt über dem Kreuzweg und jeder
Leidensgeschichte das Licht vom Berg der Verklärung, der Glanz der
Hoffnung, die Sonne des Ostermorgens und leuchtet in unser Leben und in
die Dunkelheiten unserer Nächte.
„Herr, nimm auch uns zum Tabor mit“, so
beginnt ein Lied, das neu im Gotteslob steht (Nr. 363) und das wir
nachher – an Stelle der Fürbitten – singen wollen.
Ja, lassen wir uns mitnehmen auf den Tabor, damit
wir nicht ohne Hoffnung sind, wenn Leid und Not, Trübsal und Finsternis
über uns kommen.
Bitten wir den Herrn, dass er uns in jeder
Dunkelheit an das Licht seiner verklärten Gestalt erinnert.
Bitten wir den Herrn, dass er uns in den
Niederungen des Alltags begleitet, damit wir in den Tiefen des Lebens
nicht verzagen, sondern es mutig wagen – in der Gewissheit seiner
Gegenwart und aus der Kraft des Glaubens.