EVANGELIUM
Wir sind unnütze
Sklaven: wir haben nur unsere Schuldigkeit getan
+ Aus
dem heiligen Evangelium nach Lukas
In jener Zeit sprach
Jesus:
7Wenn
einer von euch einen Sklaven hat, der pflügt oder das Vieh hütet, wird
er etwa zu ihm, wenn er vom Feld kommt, sagen: Nimm gleich Platz zum
Essen?
8Wird
er nicht vielmehr zu ihm sagen: Mach mir etwas zu essen, gürte dich, und
bediene mich; wenn ich gegessen und getrunken habe, kannst auch du essen
und trinken.
9Bedankt
er sich etwa bei dem Sklaven, weil er getan hat, was ihm befohlen wurde?
10So
soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen
wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben nur unsere
Schuldigkeit getan.
„Wenn ihr alles getan
habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze
Sklaven; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan“
Mir ist dieses Wort Jesu
bekannt. Und doch befremdet es mich jedes Mal wieder und es jedes Mal
wieder klingt es hart und ziemlich drastisch. Gott: der Herr! Wir:
unnütze Sklaven?
Ich kenne andere Worte und
Bilder, die meine Beziehung zu Gott ausdrücken, die mir lieber sind und
die mir mehr zusagen als das vom unnützen Sklaven, z.B. das Bild von der
„Kindschaft Gottes“.
Gott als bedingungslos
guter Vater, Gott wie eine liebende Mutter. Kinder Gottes sind wir,
Söhne und Töchter Gottes und Brüder und Schwestern in Christus. – In
diesen Worten und Bildern finde ich mich wieder. Aber unnützer Sklave?
Was soll das? Muss ich mir das anziehen, auch wenn es mir nicht passt?
Muss ich das auf mich beziehen, nur weil es ein Wort des Evangeliums
ist?
Nun im Gegensatz zu heute
gab es z. Zt. Jesu die Sklavenhaltung ganz real. Und das Verhältnis
zwischen Herr und Sklave war eindeutig geregelt. Ein Sklave konnte und
durfte sich nichts herausnehmen. Er hatte keine Ansprüche zu stellen. Er
konnte auf keine Rechte pochen. Ein Sklave konnte, wenn er auch noch so
gut, fleißig, folgsam und dienstbereit war, nichts fordern, nichts
beanspruchen, nichts einklagen. Wenn ihm sein Herr etwas zugestand, dann
geschah es aus Gnade. Es war Gunst, Huld des Herrn, nicht eigenes
Verdienst. Der Herr aber konnte den Sklaven voll beanspruchen.
Pflichterfüllung war selbstverständlich. Dafür brauchte der Herr sich
beim Sklaven nicht zu bedanken.
Was soll aber nun das so
befremdliche und für uns heute gar nicht mehr so verständliche Wort vom
unnützen Sklaven Gott gegenüber? Warum hat es Lukas in sein Evangelium
aufgenommen?
Gab es vielleicht in der
christlichen Gemeinde damals Leute, die sich wie die Herren aufspielten,
die sich etwas einbildeten auf Rang und Namen, auf Stand und Amt und
denen er klar machen will: alle, ohne Unterschied sind Knechte Gottes,
alle stehen in seinem Dienst?
Gab es vielleicht in der
Gemeinde Leute, die Ansprüche stellten, Leute, die Leistungen und
Verdienste geltend machten und auf vermeintliche Rechte, Privilegien
pochten oder Belohnung erwarteten?
Gab es vielleicht eine Art
von pharisäischer Frömmigkeit, religiöse und moralische Eiferer, die,
wie der Pharisäer im Tempel, ihre guten Werke ins Schaufenster stellten,
sich Gott gegenüber präsentierten mit ihrem Beten und Fasten, mit ihrem
Einsatz und Engagement und dann aus dem bei Gott aufgehäuften „Kapital“
Ansprüche ableiteten auf Anerkennung und Profit spekulierten.
Gott als Geschäfts-, als
Tarifpartner? Nach dem Motto: Wie ich dir, so du mit! Ich gebe dir ...
Was kriege ich dafür? Oder: Ich gebe dir, damit du mir gibst! Dann ist
alles Gute, das von Gott kommt und alle Gaben, die er gibt, nicht mehr
Geschenk, sondern Verdienst. – Nein, alles verdanken wir Gott. Alles ist
ein Geschenk seiner Gnade, ungeschuldet, unverdient.
Unseren Dienst in Treue
verrichten, das, was uns aufgegeben ist, tun, das ist auch Gott
gegenüber unsere Pflicht und Schuldigkeit. Und noch mehr: Unsere
dankbare und liebende Antwort ihm gegenüber. Nicht wie ich dir, Gott, so
du mir, nicht berechnend, kalkulierend. Sondern umgekehrt: Wie du, Gott,
mir, so ich dir. Gern, freiwillig, frohen Herzens! Und wie du, Gott,
mir, so ich den anderen – aus purer Dankbarkeit und Gegenliebe.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Noch etwas: Gott will mit
diesem Gleichnis nicht sagen, dass es keine Belohnung gibt – dem
widersprechen andere Aussagen Jesu –, wohl aber, dass wir keine
Ansprüche stellen und auf Rechte pochen können, sondern auf Gottes Gnade
angewiesen sind.
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