„Advent ist
im Dezember“,
so lautet eine Aktion, die von den Kirchen seit einigen Jahren propagiert und
durchgeführt wird. Diese Aktion richtet sich dagegen, dass es schon im September
Weihnachtsartikel in den Geschäften gibt, dass ab Oktober die Straßen
weihnachtlich geschmückt werden und dass schon im November Weihnachtsmärkte
stattfinden.
„Advent ist
im Dezember“.
Gut gemeint ist diese Aktion und unterstützenswert. Der Advent verliert immer
mehr seinen Charakter und die Weihnachtszeit wird immer früher gestartet.
Die Vorverlegung der
Advents- und Weihnachtszeit in den Frühherbst ist jedoch nur die eine Seite
der Medaille.
Die andere ist das
abrupte Ende des Weihnachtsfestes.
Für viele ist spätestens
am Stephanustag Weihnachten vorbei.
Heute morgen bin ich
gefragt worden: „Na, Weihnachten gut überstanden?“ Ja, wir haben es
wieder einmal geschafft. Alles gut hinter uns gebracht. Ab morgen hat uns der
Alltag wieder.
Alles gut überstanden.
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Die Weihnachtsgans hat geschmeckt.
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Das Gebäck und die Plätzchen waren lecker.
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Die Geschenke sind ausgepackt. Was nicht passt, wird
umgetauscht.
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Die Weihnachtslieder, die schon im November und Dezember aus
den Lautsprechern tönen und Konsum und Kauflust ankurbeln sollen, verstummen.
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Die „stille Nacht“ hat ihren Dienst getan.
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Auch die Christbäume werden sehr rasch wieder abgebaut.
Gestern sah ich schon einen ausrangiert auf einem Balkon stehen.
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Die Krippe wird wieder verstaut und das holde Kind darf in
einer Schachtel selig ruhen bis nächstes Jahr.
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Die Wirtschaft zieht Bilanz. Wie war das Weihnachtsgeschäft?
Konnte der Umsatz gesteigert werden?
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Der Geschäftswelt kann es jetzt nicht schnell genug gehen,
die Weihnachtsdekoration abzuräumen und ruck zuck auf Silvester umzustellen.
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Hier und dort lässt schon die Fasnacht grüßen.
Ganz anders die Kirche.
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Da stehen die Weihnachtsbäume auch an Dreikönig noch.
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Die Krippe bleibt uns mehrere Wochen erhalten.
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Die Weihnachtslieder werden über Silvester hinaus noch eine
Weile gesungen.
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Und die Sternsinger sorgen in der Öffentlichkeit auch im
neuen Jahr noch für ein wenig Weihnachtsstimmung.
Die Liturgie der Kirche
richtet sich nicht nach der Mode.
Sie folgt nicht dem Trend
der Zeit. Liturgisch gesehen geht die Weihnachtszeit bis zum Fest der
Taufe Jesu, dem Sonntag nach Dreikönig. Früher endete die Weihnachtszeit
sogar erst am 2. Februar, dem Fest Mariä Lichtmeß (Darstellung des Herrn).
Eine ganz wichtige Zeit,
so wichtig wie der Advent als Vorbereitung für Weihnachten ist, so wichtig ist
auch die Zeit nach den Feiertagen. Besonders die Weihnachtsoktav
(die ersten acht Tage nach Weihnachten) ist liturgisch eine herausgehobene Zeit.
Sie wird wie ein einzig
großer Festtag begangen.
In allen Gottesdiensten
der Weihnachtsoktav wird das Gloria gesungen und beim Morgenlob der Kirche
werden eine ganze Woche lang die Antiphonen und Psalmen von Weihnachten gebetet.
Am ersten Januar
steht nicht der Jahresbeginn im Vordergrund. Neujahr ist vielmehr der Oktavtag
von Weihnachten und die Kirche feiert das Fest der Gottesmutter Maria.
Die Liturgie
verbeugt sich in Lesungen, Liedern und Gebeten vor dem Wunder der Menschwerdung
Gottes und kann gar nicht genug kriegen zu loben, zu staunen und anzubeten.
Ich finde es gut,
dass Weihnachten in der Kirche nicht abrupt endet, sondern noch nachklingen und
ausklingen darf.
Ich finde es gut,
dass die Weihnachtszeit ins neue Jahr hinüberreicht, am Fest Dreikönig noch
einmal eine Bereicherung und Aufgipfelung erfährt und erst am Fest der Taufe
Jesu wie mit einem Schlussakkord endet.
Alle diese Feste,
der Oktavtag am 1. Januar und Epiphanie am 6. Januar ebenso wie die Taufe Jesu
akzentuieren noch einmal auf je eigene Weise das Geheimnis von Weihnachten,
greifen es auf und bringen es verschiedenartig zur Entfaltung. „Erschienen
ist in Jesus Christus, unserem Heiland und Erlöser, die Güte und
Menschenfreundlichkeit Gottes.“ Das ist es. Darum geht es.
Warum nicht auch
ganz persönlich versuchen, etwas von diesem Geheimnis der Weihnacht
hinüberzuretten und mit hinein zu nehmen in den Alltag.
Warum nicht an den
kommenden Tagen bis Neujahr oder sogar Dreikönig mal den Fernseher auslassen
oder nach der Tagesschau abschalten und noch einmal die Lichter am
Weihnachtsbaum entzünden, die Krippe anschauen, das Jesuskind betrachten, über
die Liebe Gottes staunen.
Allmacht wird Ohnmacht,
der große Gott ein kleines Kind, der Herr der Welt einer von uns, unser Bruder,
aus Liebe.
Vielleicht ein Gesätz vom Rosenkranz beten, den Engel des Herrn oder einen Abschnitt aus dem
Lukasevangelium lesen, innehalten, verweilen, meditieren, nachdenken und dabei
zur Ruhe kommen, still werden, die Hektik und Unrast lassen, ausatmen, aufatmen,
sich der Gegenwart Gottes bewusst werden und sich der Ereignisse unseres Heiles
erinnern.
„Für uns und um unseres Heiles willen ist er vom Himmel
herabgekommen“,
aus Liebe! „In deine Lieb versenken will ich mich ganz hinab, mein Herz will
ich dir schenken und alles, was ich hab“, alles, auch meine Sorgen,
meine Ängste, meine Zweifel, alles, was mir weh tut… zum Kind in der Krippe
bringen, in sein Erbarmen geben, mich selbst und alle, die zu mir gehören, ihm
anvertrauen, mich und alle unter seinen Schutz u. Segen stellen.
Weihnachten
– das sind keine 2 oder 3 abgehobene, exklusive Tage, die mit unserem sonstigen
Leben nichts zu tun haben.
Im Gegenteil:
Weihnachten gehört mitten hinein in unser Leben,
in unseren Alltag, weil
Gott in unser Leben und in unseren Alltag hinein Mensch geworden ist, unser
Leben geteilt hat und Freude und Leid erfahren hat wie wir.
Darum ist es gut,
dass die Kirche Weihnachten – anders als die Gesellschaft und die Geschäftswelt
– nicht abrupt enden lässt, sondern sich Zeit nimmt und uns Zeit lässt weiter zu
singen, zu beten, zu meditieren, nachklingen und ausklingen zu lassen.
Es ist gut, dass
das Geheimnis der Hl. Nacht, der Weihnacht, das so groß, so gewaltig und mit dem
Verstand nicht zu begreifen ist, sich entfalten darf und wir somit Zeit haben,
zu verkosten, zu verspüren, uns der Liebe Gottes immer wieder neu zu öffnen, uns
von ihr berühren und erfüllen zu lassen, um dann von Herzen Antwort zu
geben, zu danken und Gottes Liebe, so gut wir können, zu erwidern, nicht
zuletzt auch in der Liebe zum Nächsten, im Dasein für andere, im Gutsein, im
sich gegenseitig Ertragen und einander Verzeihen.
Die Weihnachtszeit
buchstabiert das Festgeheimnis. Dafür reichen zwei Feiertage nicht. Es braucht
die Zeit nach Weihnachten, um nachzuspüren, einsickern zu lassen, zu vertiefen,
auszukosten. Das Fest soll nicht nur ein oberflächliches
Augenblickserlebnis sein, sondern uns nachhaltig berühren, reingehen, seine
Wirkung entfalten und unser Leben prägen.
Dann wird diese
Zeit nach Weihnachten, was sie sein will: „selige, gnadenbringende
Weihnachtszeit“.
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