Was ich in Zeitungen und
Zeitschriften besonders gern mag, sind Karikaturen.
Auf einer guten Karikatur
sieht man mit einem Blick, was Sache ist.
Ein Leitartikel braucht
oft eine halbe Seite und mehr, um den gleichen Sachverhalt darzulegen.
Ist auf einer Karikatur
z. B. ein siebenköpfiges Ungeheuer abgebildet und ein bekannter
Politiker schlägt mit dem Schwert darauf ein, weiß jeder sofort: die
Versuche des Politikers, ein Problem in den Griff zu kriegen, sind zwar
wacker, aber doch vergeblich.
Ein Bild hat unmittelbare
Überzeugungskraft.
Eine pointierte Zeichnung
vermittelt ein Aha-Erlebnis.
In der Hl. Schrift gibt
es beides: die wortreichen Erklärungen und Erörterungen, die einem
Leitartikel gleichen – der Theologe Paulus hat eine Vorliebe dafür.
Es gibt aber auch Szenen,
in denen wie in einer pointierten Zeichnung oder wie in einem
Brennspiegel die ganze Frohe Botschaft eingefangen ist.
Die Taufe Jesu im Jordan
ist eine solche Geschichte.
Werfen wir einen Blick
auf das Geschehen!
Drei Szenen sind zu
erkennen:
Erstens: Jesus tritt in die Reihe der Sünder, die sich im Jordan von Johannes
taufen lassen.
Zweitens:
Der Geist Gottes schwebt über dem Wasser und kommt in Gestalt einer
Taube auf Jesus herab.
Drittens: Der Himmel öffnet sich und eine Stimme bestätigt Jesus als den erwählten
und geliebten Sohn.
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Bildausschnitt:
Jesus in der Reihe der Sünder
Hier wird deutlich, wie
er, Jesus, seine Menschwerdung versteht.
Er ist wirklich unser
Bruder geworden. Er kommt zu uns. Er hält sich nicht auf Distanz zu den
Sündern. Er lässt sich ein in das Dunkel von Schuld und Sünde.
Er unterzieht sich der
Busstaufe des Johannes, obwohl er Busse und Umkehr gar nicht nötig hat.
Das ist keine Farce, kein
Theater, wie auch die Menschwerdung keine Farce ist.
Jesus zeigt sich durch
und durch solidarisch mit den Sündern, mit den Geplagten und Beladenen.
Bald wird er sich einer
anderen „Taufe“ unterziehen, der „Todestaufe“ seines Leidens und
Sterbens. Dann nimmt er die Schuld der Welt vollends auf sich.
Jesus in der Reihe der
Sünder. Jesus, der sich im Jordan taufen lässt. Er ist das Lamm Gottes,
das die Sünde der Welt hinwegnimmt.
Am Jordan wird schon das
Kreuz sichtbar. Es ist alles andere als harmlos, was da am Jordanufer
geschieht. Die Szene ist keine Idylle.
Jesus nimmt den Kampf auf
gegen die Sünde. Und dieser Kampf wird ihn selbst das Leben kosten.
Seine Solidarität mit den
Menschen, mit uns, kennt keine Grenzen.
Gott liebt uns so sehr,
so viel sind wir ihm wert, dass er unser Elend zu seiner Sache macht.
Und das ist Frohe
Botschaft für uns:
Jeder von uns, wenn er
ehrlich ist, muss sich als Sünder bekennen. Aber wir dürfen wissen:
Jesus tritt für uns ein. Er trägt unsere Schuld mit uns und für uns. Wir
brauchen daran nicht zu zerbrechen noch zu ersticken.
Sollte es da nicht
möglich, dass wir einander annehmen, gerade mit unseren Schwächen und
Grenzen und trotz all unserer Verfehlungen?
Sollten wir – wie Gott
uns in Jesus Christus vergibt – nicht auch immer wieder zur Vergebung
bereit sein?
Dürfen wir da irgendeinem
Not Leidenden unsere Hilfe versagen?
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Bildausschnitt: Der Himmel
öffnet sich und der Hl. Geist kommt auf Jesus herab.
Paulus ergeht sich in
langmächtigen Erörterungen, wenn er von der Neuschöpfung spricht, die
durch die Taufe geschieht oder wenn er Jesus den „Erstgeborenen vor
aller Schöpfung“ nennt.
Der Evangelist macht
dieselbe Aussage durch einen einzigen pointierten Hinweis klar: Bei der
Taufe schwebte Gottes Geist über den Wassern.
Die Frohe Botschaft
für uns liegt darin:
Nicht nur Jesus empfing
den Hl. Geist. Wir alle sind Geistträger seit unserer Taufe und Firmung.
Gottes Lebensmacht steckt in uns und will in uns und durch uns wirken.
Haben wir uns vom Geist
Gottes ergreifen lassen?
Geben wir ihm Raum in
unserem Leben?
Lassen wir Gottes Geist
in uns und bei uns zum Zuge kommen?
Er ist eine Gabe, ein
Geschenk. Er kann uns helfen – mehr als alle moralische Anstrengung –
auf dem Weg zu Gott voranzukommen.
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Bildausschnitt: Aus dem
geöffneten Himmel ertönt die Stimme des Vaters: „Du bist mein
geliebter Sohn“.
Die Verklärung auf dem
Berg Tabor und die Auferstehung werfen ihr Licht in die Stunde der Taufe
Jesu am Jordan. Licht geht ihm auf. Wesentliches zur eigenen Sendung und
Berufung wird ihm klar. Die Stimme vom Himmel bestätigt seine Berufung.
Auch in dieser Szene
steckt Frohe Botschaft:
„Du bist mein
geliebter Sohn!“
Wir dürfen dieses Wort auch auf uns hin hören und auf uns beziehen.
„Du bist mein
geliebter Sohn, meine geliebte Tochter.“
Das gilt für jeden
Getauften. Das sagt Gott auch zu uns.
Wir heißen nicht nur
Kinder Gottes, wir sind es!
Gott sagt Ja zu uns. Und
wir dürfen „Abba, Vater“ sagen.
Gott nimmt uns an, weil
er uns liebt. Aus dieser Gewissheit dürfen wir leben. Wir dürfen
vertrauen, egal was das Leben uns bringt.
Ahnen wir, welch großen
Reichtum Gott uns in seinem Sohn geschenkt hat? Ahnen wir, wie nahe Gott
uns gekommen ist in Jesus Christus? Ahnen wir, wie groß die Liebe Gottes
ist? Ahnen wir, wieviel er es sich hat kosten lassen, um uns zu retten,
um uns herauszuholen aus Verlorenheit und Schuld?
Gott selbst ist in Jesus,
seinem Sohn, den Weg zu uns Menschen gegangen. In ihm hat er uns
gezeigt, was Liebe ist.
Bezeugen wir allen
Menschen, denen wir begegnen die Liebe des Vaters und die Schöpferkraft
seines Geistes – mit Worten und mehr noch in Taten!
Das kann heißen: Das
geknickte Rohr nicht brechen! Den glimmenden Docht nicht auslöschen!
Den Mitmenschen annehmen,
ihn zu verstehen suchen!
Sich vor jedem
Verurteilen hüten! Dem anderen immer wieder eine Chance geben!
Erbarmen haben,
Verzeihung gewähren, Liebe üben!
Tun wir, wie Jesus
getan hat!
Das ist eine Einladung,
damit auch über uns und unserer zerrissenen Welt, in der so viel Elend
herrscht und so viele Grausamkeiten geschehen, der Himmel offen bleibt.