Exerzitien mit P. Pius

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Reich beschenkt

 

Vor einigen Tagen bin ich in einer Zeitschrift auf ein paar Sätze gestoßen, der mir gut gefallen haben. Sie lauten:

 

„Einen Menschen beschenken heißt:

ihn mit den Augen des Herzens sehen.

Einen Menschen beschenken heißt:

ihm sagen, ich bin dir gut.

Einen Menschen beschenken heißt:

seine Augen zum Leuchten bringen.“

 

Liebe Mitchristen!

Zu Weihnachten gehört das Schenken und Beschenkt-Werden. Schon vorher wird eifrig überlegt, was man wem schenken könnte. Zu einer der wichtigsten Weihnachtsvorbereitungen gehört es, Geschenke zu besorgen.

 

Sind Sie eigentlich zufrieden mit den Geschenken, die sie bekommen haben? Haben Sie sich gefreut über Ihre Geschenke? Haben Sie den Eindruck, dass diejenigen, die Sie beschenkt haben, sich auch gefreut haben?

 

Schenken und Beschenkt-Werden ist etwas Schönes.

Entscheidend ist gar nicht der Geldwert eines Geschenkes, sondern der Zeichenwert. Was eine Gabe wertvoll und kostbar macht, ist die Liebe, mit der sie gegeben wird.

 

So kann z.B. das selbstgemalte Bild, das ein Kind der Mutter schenkt, mehr wert sein und größere Freude bereiten, als der teure Schmuck, den sie von ihrem Mann bekommt.

Das Kleinste wird vergoldet, wenn es aus einem guten, einem liebenden Herzen kommt.

Wem man etwas schenkt, dem sagt man gleichsam:

„Du, ich mag dich! Du bist mir wertvoll. Du bist mir wichtig.“

 

Wichtiger als alle Sachgeschenke sind meines Erachtens die Geschenke, die man nicht kaufen kann.

 

In einem Gedicht heißt es:

 

  • Kauf dir das Lied, das die Nachtigall singt,

kauf dir, dass einer dich mag!

  • Kauf dir, dass am Straßenrand ein Vagabund dir winkt,

kauf dir das Lachen vom vergangnen Tag!

  • Kauf dir das Raunen des Grases im Wind,

kauf dir ein zärtliches Du!

  • Kauf dir, wenn einmal das Leben zerrinnt,

eine Sekunde dazu!

  • Kauf dir das Lied, das die Nachtigall singt,

Liebe, die treu zu dir hält!

  • Kauf dir das Glück, das nur Zweisamkeit bringt!

Keiner auf der Welt, hat so viel Geld.

 

Liebe Mitchristen!

Sie wissen selbst, es gibt viele Dinge, die sind mit Geld nicht zu bezahlen: Gesundheit, Freude und Freunde, Zeit, die sich jemand für einen anderen nimmt; Geduld, die jemand aufbringt, und die vielen Zeichen der Verbundenheit und Liebe – gerade auch an Weihnachten.

 

Nicht das dicke Bankkonto, nicht die Luxusvilla, nicht das große Auto oder der teure Pelzmantel lassen uns leben, aufleben, erfüllt und glücklich sein.

Wir brauchen neben dem täglichen Brot und manchem anderem menschliche Zuwendung, Zuneigung, gegenseitiges Wohlwollen. Wir suchen Verständnis. Wir sehnen uns nach Anerkennung und Angenommensein.

 

Auch Verzeihen kann man schenken, Aufmerksamkeit, Achtung, Trost. Und vor allem Liebe.

 

Nichts ist selbstverständlich, liebe Schwestern und Brüder! Weder Kleidung noch Nahrung, weder Gesundheit noch Arbeit, schon gar nicht das Leben und die Liebe. Und das Leben durch die Liebe.

Wenn wir’s recht bedenken: Sind wir nicht alle reichlich Beschenkte? Von Gott Beschenkte?

 

Die Tiere diskutierten einmal über Weihnachten.

Sie stritten, was wohl die Hauptsache an Weihnachten sei.

„Na klar“ sagte der Fuchs, „der Gänsebraten.

Was wäre Weihnachten ohne Gänsebraten?

Der Eisbär widersprach: „Schnee muss sein, viel Schnee!

Weiße Weihnachten, das ist es!“

Das Reh aber sagte: „Der Tannenbaum ist es. Ich brauche einen Tannenbaum. Ohne Tannenbaum gibt es doch keine ordentliche Weihnachten.“

„Aber nicht so viele Kerzen“, heulte die Eule, „schummrig und gemütlich muss es sein. Die Weihnachtsstimmung ist die Hauptsache.“

„Aber mein neues Kleid muss gesehen werden“, rief der Pfau,

„wenn ich kein neues Kleid kriege, ist für mich kein Weihnachten.“

„Und Schmuck, viel Schmuck!“ krächzte die Elster. Ein Ring, ein Armband, eine Brosche, eine Kette, ein Diamant. Dann ist Weihnachten!

„Und der Stollen?“ brummte der Bär. „Das ist doch die Hauptsache. Wenn es den nicht gibt und all die süßen Sachen, verzichte ich auf Weihnachten.

Der Dachs aber erklärte: „Macht’s wie ich! Pennen, pennen, pennen. Das ist das einzig Wahre. Weihnachten heißt für mich, mal richtig ausschlafen.“

„Und saufen“, dröhnte der Ochse, „mal richtig saufen und dann schlafen, schlafen.“ – Aber dann schrie er plötzlich „Aua!“

Der Esel hatte ihm einen kräftigen Huftritt verpasst.

„Du, Ochse, denkst du denn gar nicht an das Kind?“

Da senkte der Ochse beschämt den Kopf und sagte:

„Das Kind, ja richtig, das Kind, das ist doch die Hauptsache!“

Nach einer Weile fragte er den Esel:

„Du, Esel, wissen das die Menschen eigentlich?“

 

Was ist die Hauptsache an Weihnachten?

Gänsebraten, Tannenbaum, der Christstollen, Weihnachtsplätzchen, Gemütlichkeit, Festtagsstimmung?

All das darf sein! Auch das Schenken!

 

Aber denken wir auch an das Kind?

Vergessen wir vor lauter anderem das Wichtigste nicht?

„Das Kind ist doch die Hauptsache“, sagt der Esel zum Ochs in der Geschichte. Wissen wir Menschen das eigentlich?

 

An Weihnachten, liebe Mitchristen, da feiern wir, dass Gott selbst sich uns schenkt. Er schenkt sich uns in Jesus, seinem Sohn. – Und in ihm schenkt er uns sein Erbarmen und seine Liebe, sein Licht und seinen Frieden.

 

„Gott schenkt uns seinen Sohn.“ Das ist der eigentliche Grund unseres Schenkens an Weihnachten. Das ist auch der eigentliche Grund unserer Weihnachtsfreude.

 

Jesus ist das Geschenk schlechthin, das Geschenk aller Geschenke. Jesus Christus, das Ja Gottes zu uns Menschen.

 

Über Weihnachten stehen die Worte: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn für uns dahin gab.“

Der Apostel Johannes aber sagt: „Wenn Gott uns so geliebt hat, müssen auch wir einander lieben.“

 

Eine Form, einander Liebe zu erweisen, ist das Schenken. Es ist eine wunderbare Möglichkeit, dem andern zu zeigen, wie sehr mir an ihm oder an ihr liegt, wie sehr ich jemanden schätze, wie lieb und teuer mir jemand ist.

 

Schenken ist schön. Schenken ist gut.

Jedes Geschenk – gerade auch an Weihnachten – ruft uns in Erinnerung, dass Gott uns unendlich liebt und dass wir reich beschenkt sind mit seinem Licht, mit seiner Freude, mit seinem Frieden, mit seiner Gnade.

 

Wir brauchen uns nur zu öffnen dafür, uns auf-tun, unsere Sinne, unseren Geist, unser Herz. Ihn einziehen lassen bei uns mit seinem Licht, mit seiner Liebe, mit seiner Gnade. Ihm eine Bleibe geben, ihn wohnen lassen bei uns, in uns. „Wohne in mir, mache mich eins nun mit dir, der mich zum Leben erkoren!“

 

Und dann Antwort geben, liebe Schwestern und Brüder!

Gottes Liebe erwidern. Versuchen Gott zu lieben mit ganzem Herzen, mit allen Sinnen und mit ganzer Kraft. – Auf ihn hören, tun, was er sagt, seinem Wille Vorfahrt geben!

 

Und selber Liebe üben! Z. B. Geduld haben, den anderen ertragen, einander annehmen, zuhören, Zeit haben, dankbar sein. Und immer wieder verzeihen.

Vielleicht sind das die wichtigsten und wertvollsten Geschenke, die wir machen können, nicht nur einmal Jahr, an Weihnachten, sondern immer, das ganze Jahr hindurch, jeden Tag.

 

Vergessen wir nicht, dass es Liebe zu Gott ist, wenn wir die Schwester, den Bruder lieben!

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