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einigen Tagen,
liebe Schwestern und Brüder:
Fest und Freude über die Geburt Jesu
Heute:
Flucht nach Ägypten. Von wegen Weihnachtsidyll.
Vor einigen Tagen
die Botschaft der Engel: „Friede auf Erden!“
Heute:
Hass, Bedrohung und Verfolgung.
An
Weihnachten
sangen wir vom Kind in der Krippe auf Heu und auf Stroh, Maria und Josef
betrachten es froh.
Heute:
keine Spur mehr von Familienglück.
Hals über Kopf müssen Maria und Josef mit
dem Kind auf die Straße, über die Grenze, in ein fremdes Land.
An
Weihnachten noch:
Engelchöre und die Anbetung der Hirten.
Heute:
Herodes sieht in dem Kind eine politische Gefahr.
Er hat Angst, seine Macht zu verlieren.
Mit mörderischen Absichten ist er hinter ihm her.
Selbst vor dem grausamen Kindermorde von
Bethlehem schreckt er nicht zurück.
Er geht buchstäblich über Leichen, wenn
es um die Durchsetzung seiner Interessen und um den Erhalt seiner Macht
geht.
Ein krasser Gegensatz tut sich auf
zwischen dem Evangelium der Heiligen Nacht und dem Evangelium von heute.
Alles andere als eine heile Welt!
Sie wissen selbst, liebe Schwestern und
Brüder,
Freud und Leid, Friede und Streit liegen
oft nah beieinander, auch heute noch.
Und zu allen Zeiten gab und gibt es
Menschen die kein Interesse haben am Frieden, denen das Wohl des
Nächsten egal ist, die nur sich kennen, ihren eigenen Vorteil, die
voller Missgunst und Misstrauen stecken und rücksichtslos alles tun, um
die eigene Macht zu stärken und zu erhalten.
Und doch, liebe Mitchristen,
auch das heutige Evangelium ist gute, ist
frohe Botschaft.
Dazu drei Hinweise:
Der erste Hinweis betrifft Mose und
Jesus.
Auch Mose wurde als Kind verfolgt. Der
Pharao ließ alle männlichen Neugeborenen der Israeliten töten.
Aber Mose wurde auf wunderbare Weise
gerettet.
Auch Mose kam aus Ägypten und führte sein
Volk in eine neue Gottesbeziehung,
führte es ins Gelobte Land und in eine
neue geistige Freiheit.
Wie Gott damals Israel, gleichsam sein
Kind, aus Ägypten herausrief, so jetzt Jesus, seinen wahren Sohn.
In ihm erfüllt sich der Weg Israels.
Christus ist der wahre Befreier aus der
Knechtschaft der Sünde und aller Verlorenheit.
Christus schafft ein neues Gottesvolk.
Wer sich ihm anschließt, wandert auf der
Straße ins Gelobte Land.
Der zweite Hinweis betrifft Josef.
Er ist die zentrale Figur in unserem
Evangelium, im wahrsten Sinn des Wortes „das Haupt
der Hl. Familie“.
Josef
ist offen, er ist ansprechbar, er ist hellhörig für das, was Gott ihm zu
sagen hat.
Er versteht die Zeichen Gottes. Er nimmt
die Winke wahr.
Und er tut, was Gott von ihm will.
Josef
traut Gott. Er baut auf Gott. Er folgt Gottes Weisungen.
Josef
handelt nicht wie es ihm gut dünkt.
Er zieht nicht sein Ding durch.
Er sucht und geht auch nicht den
bequemsten Weg.
Er sagt nicht „rutscht mir doch alle
den Buckel runter“.
Josef
handelt.
Er übernimmt Verantwortung für die junge
Familie.
Er gibt ihr Schutz und Geborgenheit.
Josef
ist kein Mann der vielen Worte.
Er klopft keine großen Sprüche.
Er macht nicht viel Aufhebens um sich
selbst.
Aber er ist da, wenn er gebraucht wird.
Er geht, wohin Gott ihn schickt,
auch wenn er die Wege nicht kennt,
auch wenn er die Ratschlüsse Gottes nicht
durchschaut,
auch wenn die Zukunft im Dunkeln liegt.
Liebe Schwestern und Brüder!
Wie schwer tun wir uns oft mit den
Zumutungen Gottes in unserem Leben, wenn Gott unsere Pläne durchkreuzt!
Wie wenig trauen wir manchmal Gott! Wie
wenig glauben wir, dass sein Wille für uns das Beste ist! Und dass
alles, was geschieht, einen Sinn hat, auch wenn wir ihn jetzt noch nicht
begreifen!
Der dritte Hinweis betrifft das
„Heilshandeln Gottes“.
Mir fällt auf, wie sich durch die
Kindheitsgeschichte Jesu bei Matthäus ein roter Faden zieht.
Es ist die Hand Gottes.
Die Hand Gottes war über der Hl. Familie
von Anfang an.
Die Hand Gottes hat sie auf all ihren
Wegen geführt:
Wege voller Gefahren, Ängste und Nöte.
Die Hand Gottes hat ihnen Leidvolles
nicht erspart,
aber sie war mit ihnen.
Und sie haben sich durch alle
Ungewissheit und Dunkelheit dieser Hand anvertraut und davon leiten
lassen.
Dag Hammarskjöld, der Generalsekretär der
Vereinten Nationen schrieb 1954 in sein Tagebuch:
„Das Unerhörte, in Gottes Hand zu sein.“
Liebe Schwestern und Brüder!
Gott ist treu. Er weiß Wege der Rettung
und des Heiles.
Auch in Angst und Not, in Leid und
Verfolgung ist er da und führt und leitet.
Lassen wir uns von ihm an der Hand
nehmen!
Vertrauen wir seiner Vorsehung!
Gottes Gedanken sind allerdings nicht
immer unsere Gedanken und seine Wege nicht unsere Wege.
Auch das Leben des hl. Josef mit Maria
und dem Jesuskind war alles andere als leicht oder geradlinig.
Das war ganz und gar kein Spaziergang
oder ein Honigschlecken.
Das war kein Leben auf lauter Rosen
gebettet.
Welche Dramatik, welche Tragik haftet
diesem Leben an!
Da ist vieles ganz anders
gekommen, als Josef und Maria es sich wohl gedacht und vorgestellt
hatten.
Letztlich aber führen
Gottes Wege weiter, auch wenn sie manchmal steil und steinig sind und,
ach, so geheimnisvoll und unbegreiflich.
„Muss ich auch wandern
in finsterer Schlucht.
Ich fürchte kein
Unheil. Du bist bei mir.“ (Ps 23)
Liebe Schwestern und
Brüder!
Die Gewissheit der
Gegenwart Gottes macht mich froh und zuversichtlich.
Sie gibt mir Mut und Kraft
auch im Blick auf`s Neue Jahr.
Vom Konzert dieses neuen
Jahres habe ich zwar kein Programm.
Aber ich vertraue dem
Dirigenten.
„Gott ist mit uns am
Abend und am Morgen
und ganz gewiss an
jedem neuen Tag.“
(D. Bonhoeffer) |