In vielen Lieder und Gebeten wird Maria
„Mutter der
Barmherzigkeit“ genannt und als solche angerufen.
Z. B. im „Salve Regina“: „Sei
gegrüßt, o Königin, Mutter der Barmherzigkeit“.
Dort heißt es auch: „Wende deine
barmherzigen Augen uns zu.“
Oder in dem Gebet: „Hilf, Maria,
es ist Zeit, hilf, Mutter der Barmherzigkeit.“
Im Lied „Maria breit den Mantel aus“ singen wir in
einer Strophe:
„O
Mutter der Barmherzigkeit, den
Mantel über uns ausbreit.“
Meines Erachtens ist in der Tat eines der schönsten und
zutreffendsten Bilder für die Barmherzigkeit der Gottesmutter die
Schutzmantelmadonna *). Da suchen Frauen und Männer,
Kinder und Greise, Niedrige und Hochgestellte bei Maria Schutz. Sie
suchen Zuflucht bei ihr. Bei Maria erfahren sie Sicherheit und
Geborgenheit.
Es ist als ob die Menschen unter ihrem Mantel beten u.
bezeugen:
„Du bist mächtig uns aus Nöten und Gefahren zu
erretten.
Denn wo Menschen Hilf gebricht, mangelt doch die deine
nicht…
Zeige, dass du Mutter bist, wo die Not am größten ist.
Hilf Maria, es ist Zeit, hilf, Mutter der
Barmherzigkeit.“
In einer Vision der heiligen Birgitta von Schweden sagt Maria:
„Barmherzig macht
mich die Barmherzigkeit Gottes.“
Maria hat auf besondere und einzigartige Weise die
Barmherzigkeit Gottes erkannt und erfahren. Das lässt sie selbst von
Herzen gütig sein, barmherzig, ihr Herz bei den Armen haben.
Maria kann uns zeigen, was Barmherzigkeit bedeutet und
wie man sie übt.
Denken wir nur an ihre Rolle bei der Hochzeit zu Kana.
Maria erkennt als erste den Mangel, die Notsituation.
Und sie kümmert sich. Sie wendet sich an Jesus.
Sie macht ihn auf die Not der Brautleute aufmerksam.
Zu den Dienern sagt sie voll Vertrauen:
„Was er euch sagt das tut!“
So sieht Maria auch, was uns fehlt, was uns bedrückt, was
uns Not macht. Und wir dürfen mit all dem zu ihr kommen.
Sie öffnet weit ihr mitleidvolles Herz. Sie sinnt auf
Hilfe, auf Rettung.
Maria will alles zum Guten wenden. Sie tritt ein für uns
bei ihrem Sohn.
Viel, ganz viel vermag die mütterliche Fürsprache
Mariens.
Viele Votivtafeln an Wallfahrtsorten, viele
Gebetserhörungen auch sonst bezeugen, dass Maria ein Herz hat, ein Herz,
das mitfühlt, ein Herz, das Anteil nimmt.
Und so suchen Menschen Trost und Hilfe bei Maria, der
Mutter der Barmherzigkeit, der Mutter mit dem gütigen Herzen.
Von der Barmherzigkeit Mariens künden zahlreiche Titel,
z. B.:
Maria, Heil der Kranken; Maria, Zuflucht der Sünder;
Maria, Trösterin der Betrübten; Maria, Hilfe der Christen; Maria, Mutter
des guten Rates; Maria, Mutter der Immerwährenden Hilfe.
„Barmherzig macht mich die Barmherzigkeit Gottes“,
hat Maria zur heiligen Birgitta gesagt.
Ob uns die Barmherzigkeit Jesu und seiner Mutter auch
barmherzig macht?
Oder suchen die Menschen bei uns ein liebevolles Herz
vergeblich?
Prüfstein unserer Verehrung Mariens als Mutter der
Barmherzigkeit ist unsere eigene Barmherzigkeit, unsere eigenes Gutsein,
die Liebe, die wir im Alltag üben, das Verständnis, das wir aufbringen,
die Geduld, die wir haben, den Trost, den wir spenden, die Vergebung,
die wir schenken.
Der frühere Prior von Taize, Roger Schutz, hat einmal
gesagt:
Am Abend unseres Lebens wird es die Liebe sein, nach
der wir beurteilt werden, die Liebe, die wir allmählich in uns haben
wachsen und sich entfalten lassen: in Barmherzigkeit für jeden Menschen.
*) siehe hierzu auch
meine Bildmeditation "Schutzmantelmadonna" zu einem Werk von Egino Weinert
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