Eines der ältesten
Mariengebete, wenn nicht sogar das älteste, ist „Unter deinen Schutz
und Schirm“.
Wir kennen es alle. Viele
können es auswendig. Nachher werden wir es miteinander beten.
In seinem Kern geht
dieses Gebet bis ins 3. Jahrhundert zurück.
Das belegen griechische
Papyrusfragmente, die in Oberägypten gefunden wurden.
Liebe Wallfahrerinnen
und Wallfahrer,
Sie sehen: Schon sehr
früh und durch alle Jahrhunderte haben gläubige Christen in Maria ihre
hilfreiche Mutter gesehen und haben sich voll Vertrauen in Unglück und
Leid an sie gewandt. Und haben bei ihr in Betrübnis und Not Hilfe,
Schutz und Trost gefunden.
Auch in der Heiligen
Schrift
wird uns die Mutter Jesu gezeigt als Helfende, als Mittlerin und
Fürsprecherin, als eine Frau, die sieht, wo’s fehlt, die Not und Mangel
wahrnimmt und alle Hebel in Bewegung setzt, um der Not und dem Mangel
Abhilfe zu schaffen.
Beachten wir nur, was für
eine Rolle Maria bei der Hochzeit von Kana spielt: Sie merkt die
Verlegenheit des Brautpaares. Sie erkennt die Notlage. Sie nimmt die
Ausweglosigkeit wahr. Sie zeigt Umsicht und Feingefühl.
Die Hochzeit von Kana
offenbart uns das mütterliche, vermittelnde Eingreifen Marias. Und
sie zeigt uns, was Maria bei ihrem Sohn vermag: Diskret macht sie Jesus
auf die Verlegenheit des Brautpaares aufmerksam: „Sie haben keinen Wein mehr.“
Und Maria beweist Mut. Sie
lässt sich auch durch ein scheinbar abweisendes Wort Jesu nicht beirren.
Sie schenkt ihm trotz allem Vertrauen. Sie kennt ihren Sohn. Sie wendet
sich den Dienern zu und ermuntert auch sie zum Vertrauen: „Was er
euch sagt, das tut!“
Liebe Schwestern und
Brüder!
Wir sehen hier Maria auf
der Seite der Menschen, die in Not sind. Wir sehen sie auf unserer
Seite. Wir sehen, dass es ihr nicht gleichgültig ist, wie es den
Menschen geht. Wir sehen, wie sehr ihr daran liegt, dass die Menschen
glücklich und froh sind und miteinander feiern können.
Und noch etwas:
Maria hält sich nicht heraus. Sie mischt sich ein. Sie kümmert sich. Sie
nimmt Anteil am Geschick der Menschen. Die Sorge der Brautleute ist auch
ihre Sorge.
Sie macht ihren Sohn auf
die prekäre Situation aufmerksam. Sie setzt sich ein. Sie sorgt dafür,
dass den Brautleuten aus der Patsche geholfen wird und ihnen eine große
Blamage erspart bleibt.
Auf Mariens Vermittlung
hin geschieht das Wunder.
Dürfen wir, liebe Wallfahrerinnen und Wallfahrer, nicht
hoffen und glauben, dass sie, die sich in ihrem Erdenleben als Helferin
und Retterin in Not gezeigt hat, dass sie jetzt im Himmel auch auf
Seiten der menschlichen Not ist?
Oder meinen wir, nach
ihrer Aufnahme in den Himmel habe Maria aufgehört, für die Menschen, die
von vielerlei Not bedrängt sind, in mütterlicher Liebe einzutreten?
Soll Maria ihre
Solidarität mit den Menschen, wie sie bei der Hochzeit von Kana gezeigt
hat, aufgegeben oder verloren haben? – Jetzt kann sie doch erst
recht menschliche Not sehen, Elend wahrnehmen, mitfühlen und ratend und
helfend zur Seite stehen. Sie nimmt doch jetzt nicht weniger
Anteil! Sie ist doch jetzt nicht weniger mächtig, aus Nöten und Gefahren
zu erretten! Ja,
jetzt kann sie es noch viel mehr, viel besser, viel umfassender!
Sehen Sie,
es gibt keinen Grund und auch keinen theologischen Vorbehalt, der
dagegen sprechen würde oder es uns gar verwehren könnte, Maria um ihre
Hilfe anzurufen.
Wir dürfen mit gutem
Grund und - wie wir gesehen haben - auch mit biblischer Begründung die
Fürbitte Mariens anflehen.
Sie kann uns nicht
nur Vorbild und Leitbild sein, an dem wir immer wieder Maß nehmen und an
deren Leben wir unser Leben ausrichten, sondern auch Fürsprecherin und
Helferin in allen Nöten und Gefahren.
In einem Gebet heißt
es:
„Du bist mächtig, uns
aus Nöten und Gefahren zu erretten, denn wo Menschen Hilf` gebricht,
mangelt doch die deine nicht!“
Das alles, liebe
Mitchristen, finde ich besonders schön und treffend dargestellt im Bild
der Schutzmantelmadonna.
Da breitet die
Muttergottes weit ihren Mantel aus wie einen Schild, wie einen Schirm.
Und die Menschen finden Zuflucht darunter. Sie finden Schutz und Trost,
Rettung und Hilfe. Sie sind geborgen und behütet.
Bei der
Schutzmantelmadonna
ist Maria fast verwachsen mit den Notleidenden und Bittenden, die sich
unter ihrem Mantel bergen. Maria ist für sie ein Zeichen der Hoffnung
und des Trostes.
Liebe Wallfahrerinnen
und Wallfahrer!
Unser Gnadenbild hier ist
zwar keine Schutzmantelmadonna, aber es ist ebenfalls ein Trost- und
Hoffnungsbild.
Ich meine:
echt trösten und jemanden wieder aufrichten, kann nur jemand, der selbst
Leid kennt, Unglück erfahren und Not erlebt und durchgestanden hat.
Nun, Sie wissen es
selbst, das Leben Mariens ist kein leichtes Schicksal gewesen. Es war
ein geprüftes, ein hartes Leben, dem kein Leid erspart blieb.
In der Tat: „Angst und Jammer, Qual und Bangen, alles Leid
hielt sie umfangen, das nur je ein Herz durchdrang.“
Kein Wunder,
dass Maria dem christlichen Herzen von Anfang an teuer war. Kein Wunder,
dass sich Menschen aller Generationen von ihr verstanden wussten.
Sie kennt die
Grunderfahrungen des Lebens, auch die dunklen Seiten, die Angst, den
Schmerz, die Not.
Sie versteht, was uns
bedrückt, belastet und ängstigt.
Und mit all dem dürfen wir zu
ihr kommen. All das dürfen wir ihr, der Trösterin der Betrübten,
bringen. Alle Plagen dürfen wir ihr sagen, alle Sorgen zu ihr tragen.
Sie, die in ihrem
Erdenleben offen war für menschliche Not und sich einsetzte und auf
Hilfe sann, sie ist jetzt erst recht im Himmel die „Hilfe der
Christen“, „Trösterin der Betrübten“, „Zuflucht der Sünder“, das
„Heil der Kranken“.
Zu Maria wollen wir
aufschauen, sie grüßen, ihre Hilfe erflehen und uns – gerade im Monat
Mai – erneut unter ihren mütterlichen Schutz stellen.
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