„Maria Himmelfahrt“ – so nennen
wir das Fest, das wir heute feiern. So steht es gewöhnlich auch im
Kalender. Aber – theologisch gesehen – ist das nicht ganz treffend. Denn
wir feiern nicht ihre Himmelfahrt, sondern ihre Aufnahme in den Himmel.
Und das ist etwas ganz anderes. Maria ist nicht in den Himmel
aufgefahren, nicht aus eigener Kraft und nicht aus eigenem Wollen,
sondern sie wurde aufgenommen in den Himmel. Diese Aufnahme, das ist
Gottes Werk. Das ist sein Geschenk – und nicht eigene Leistung. Das
entsprechende Gesätz vom Rosenkranz formuliert es genau und richtig:
„Der dich, o Jungfrau, in den Himmel aufgenommen hat.“
Ja, Gott lag sehr viel daran – so lehrt
es die Kirche – Maria nicht im Tod zu lassen, sondern sie zu sich zu
nehmen, sie in sein Leben hineinzunehmen – und das mit Leib u. Seele –
ganz und gar – gleichsam mit „Haut und Haaren“. Nicht nur ihre Gebete
und guten Werke, nicht nur ihr frommer Sinn und ihr guter Wille finden
Aufnahme bei Gott, sondern auch ihr Leib, der ganze Mensch.
Liebe Schwestern und Brüder!
Hier ist nun der spannende Punkt bei
dieser Sache, der Punkt, der mir dieses Dogma so liebenswert macht.
Die Kirche nennt Maria immer wieder
„Urbild des Glaubens“, Vorbild für uns. Das bedeutet: Maria ist so,
wie wir sein können und sollten. – Und mehr noch als das: Wenn sie uns
Urbild des Glaubens ist, dann heißt das auch, dass wir an ihr ablesen
können, was Gott mit uns vorhat. Dass Gott auch Interesse an unserem
ganzen Leben hat, nicht nur an unseren Gebeten, nicht nur an unseren
frommen Übungen, nicht nur an dem, womit wir versuchen, ihm zu gefallen,
sondern an uns ganz und gar.
Nicht nur an unserer Seele, sondern auch
an unserem Leib, der uns oft genug zu schaffen macht, der alt und krank
werden kann, der uns oft genug zur Last wird und uns herunterzieht – und
der am Ende vielleicht gar nicht mehr so schön ist, wie wir das gerne
hätten.
Aber genau mit diesem Leib und mit dieser
Seele wird uns Gott in den Himmel aufnehmen – weil er uns liebt, ganz
und gar, nicht nur ein paar Details aus unserer Biografie, nicht nur ein
paar Momente unseres Lebens, in denen wir perfekt waren, nicht nur das,
was gelungen ist und worüber wir vor Gott stolz sein können – nein,
sicher auch das, was schief gelaufen ist, auch das, wofür wir uns
vielleicht eher schämen würden.
Ja, er will uns ganz und gar bei sich
haben – und das für immer und ewig. Und wir dürfen fest darauf
vertrauen, dass es auch so sein wird – denn Gott schaut uns ja nicht mit
den Augen eines strengen Richters an, sondern mit Augen der Güte, mit
Augen der Liebe, mit den Augen eines guten Vaters bzw. einer liebevollen
Mutter – und das heißt: großherzig, weitherzig, barmherzig.
Und so feiern wir in der Vollendung der
Gottesmutter Maria letztlich unsere Hoffnung, in die eine schon
hineingelangt ist, eine von uns, Maria, das Mädchen von Nazareth, unsere
Schwester und Mutter.
Und vor allem feiern wir den, der diesen
Himmel weiter offen hält und der dort wartet – und zwar auf uns, unseren
Herrn und Gott, der will, dass wir das Leben haben und es in Fülle
haben.
Bei der Erstellung dieser Predigt habe
ich gute Anregungen und hilfreiche Orientierung von einer Vorlage von R.
Baus empfangen
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