„Maria, du hast Ja gesagt, zu Gottes Ruf und Gnade“,
so haben wir im Lied gesungen. Bei diesem Ja ist sie ihr ganzes Leben
lang geblieben von der Stunde der Verkündigung bis unter das Kreuz. –
Marias Ja kann für uns Vorbild sein. An ihm können ablesen, worauf es
auch bei uns ankommt, wenn unser Leben gelingen soll: dass wir nämlich –
wie sie – JA sagen.
Wie kann
das bei mir und bei Ihnen aussehen?
1.
JA zu sich
selbst!
Es ist
schön, wenn ein Mensch zu sich selbst ja sagen, sich selbst annehmen
kann.
Therese
von Lisieux hat in ihr Tagebuch geschrieben:
„Lieber Gott, lass mich dich preisen mit dem Gesicht, das du mir gegeben
hast.“ –
Sagen Sie Ja zu ihrem Gesicht, zu Ihren Anlagen und
Grenzen, zu ihren Schwächen und Qualitäten!
Jeder
Mensch ist einmalig, einzigartig. Niemand kommt zweimal vor. Niemand hat
Ihre Stimme. Niemand hat Ihren Fingerabdruck. So wie
Sie ist kein anderer Mensch auf dieser Welt.
Ja
sagen zu sich selbst, heißt auch: gut sein zu
sich selbst.
Wenn ich
mich selbst nicht ausstehen kann, kann ich auch andere nicht ertragen.
Wenn ich mich selbst nicht leiden kann, kann ich auch andere nicht
mögen. Wenn ich zu mir selbst nicht „Ja“ sagen kann, kann ich andere
nicht bejahen.
Es gehört
zum Ganz-Sein und zeugt von menschlicher Reife, wenn einer
sich selbst annehmen, zu sich selbst ja sagen kann.
Aber es
ist nicht leicht. Es ist eine Kunst. Und es ist eine lebenslange
Aufgabe.
Zum Ja
zu sich selbst gehört das Ja zum Leben.
2.
JA zum
Leben!
Sagen Sie
JA zu Ihrem Leben, zu diesem Leben, im 20./21. Jhdt., in
diesem Jahrzehnt! Sie hätten auch im 12. Jhdt. geboren werden können.
Gott wollte sie jetzt haben! Sie hätten in Afrika geboren werden
können. Gott wollte und will sie offensichtlich hier haben.
Dieses Ja
ist – wie bei Maria – nicht immer leicht.
Es wird
umso schwerer, je öfter wir Vergleiche ziehen, nach links und rechts
schauen auf andere, die es scheinbar besser haben, mehr können und es
weiter gebracht haben. Dann dringen Neid und Missgunst ein.
Ja zum
Leben sagen, das bedeutet auch: Risse, Brüche und Scherben sehen, die
Schicksale und Herausforderungen, vielleicht eine Krankheit oder das
zunehmendes Alter und damit einhergehende Beschwerden und Gebrechen.
Von
L. Tolstoi stammt das Wort: „Liebe deine
Lebensgeschichte, denn sie ist der Weg, den Gott mit dir gegangen ist.“
Ja sagen
zum Leben, zu meinem Leben, so wie es ist und so wie es geworden ist,
ist eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen des Lebens.
3.
JA zum DU
Ja sagen zum Du,
zu den Menschen, mit denen wir zusammenleben dürfen oder müssen. Man
kann sich seine Umgebung gewöhnlich nicht wählen: Die Familie, den
Vater, die Mutter, Geschwister oder Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen am
Arbeitsplatz.
Im
Kloster haben wir uns auch nicht ausgesucht. Wir sind einander gegeben.
Jeder hat seine Kinderstube, seine Lebensgeschichte,
seinen Charakter, sein Temperament.
Jeder hat
seine Eigenart und manchmal auch Unart.
Wie sehr
einem dieses oder jenes auf die Nerven gehen kann, wissen wir. Die
Andersartigkeit des anderen zu ertragen, ist vielleicht etwas vom
Schwersten.
Der
Apostel Paulus sagt: „Ertragt einander in Liebe.“
Nicht
nur: „ertragt einander“, sondern „in Liebe“!
Also: ein
liebes Ja zum Du, zum Mitmenschen!
4.
JA zum
Kreuz
Marias
Leben war kein leichtes Leben. Es war ein geprüftes Leben. Denken wir
nur an die Herbergssuche, die Geburt im armen Stall, die Flucht nach
Ägypten, das angstvolle Suche nach dem 12 Jährigen in Jerusalem. –
Schließlich stand sie unter dem Kreuz. Wie sehr hat sich an Maria, das
Wort des Greisen Simeon erfüllt: „Auch deine Seele wird ein Schwert
durchbohren.“
In
unserem Alltagsleben gibt es viele Gelegenheiten zum Kreuztragen. Das
Kreuz ist einfach da. Wir brauchen uns keines suchen. Wir müssen uns
keines zimmern. Es tritt uns in vielerlei Weise entgegen. – Dies gilt es
anzunehmen, sofern wir es nicht ändern können. – Wo das jemand fertig
bringt, ja zu sagen zum unvermeidlich Schweren, da hat die Not bereits
ihre Bitternis verloren. Wer sich aber gegen das Kreuz sträubt, macht es
sich doppelt so schwer. – Vertrauen wir darauf, dass Gott uns nicht mehr
zumutet, als wir tragen können.
Von
Kardinal Faulhaben stammt das Wort: „Nah beim Kreuz ist nah bei
Gott.“ – Etwas anderes ist es, einander das Kreuz tragen zu helfen,
einander beistehen, einander trösten, Mut machen.
Die
Erfahrung lehrt: „Geteiltes Leid ist halbes Leid.“
5.
JA zur
Freude
Nichts
ist so traurig und krankmachend wie ein freudloses Leben.
Bewahren
wir uns einen Blick für das Gute und Schöne! Und vergessen wir das
Danken nicht!
Nichts ist selbstverständlich!
Weder der gesunde Schlaf noch gute Freunde. – Dass ich heute Morgen
aufgewacht bin, dass ich aufstehen konnte, dass ich meine Glieder regen
und bewegen kann, dass ich meine Sinne gebrauchen kann.
Leben
wir nicht viel zu gedankenlos und gleichgültig?
Leben wir nicht viel zu fiebrig, zu gehetzt und ruhelos?
Und
übersehen das kleine Glück und die vielen alltägl. Freuden?
Können
wir vielleicht besser grübeln und nörgeln als uns freuen und dankbar
sein? Können wir vielleicht besser lamentieren und kritisieren als uns
freuen und dankbar sein?
Es gibt
viele Menschen, die sich das Leben schwer machen, weil sie zuerst immer
das Negative sehen, Menschen, die immer ein Haar in der Suppe finden,
Menschen, die immer unzufrieden sind und nie recht froh werden.
Noch
etwas: Mit Freude nicht geizen! – Ein Sprichwort sagt:
„Willst du glücklich sein im Leben, trage bei zu anderer Glück. Freude,
die wir andern geben, strahlt ins eigene Herz zurück.“
Und so wie es wahr
ist, dass geteiltes Leid halbes Leid ist, so gilt auch:
„Geteilte Freude ist doppelte Freude.“
6. Wie
kommen wir zu einem solchen Ja?
Das Ja
ist wie ein großer Geldschein. Er will täglich umgewechselt werden in
die kleinen Münzen des Alltags. Es kommt darauf an, das Ja täglich neu
zu sagen. Unser Ja will – wie das Ja der Gottesmutter – immer wieder
bestätigt und bekräftigt werden.
Es ist
manchmal schwer, das Ja in immer wieder neuen Umständen zu wiederholen,
es zu erneuern. – Aber jede Verweigerung, unser Ja zu sprechen, tut
unserer Persönlichkeit Abbruch, hemmt unsere Entwicklung, schwächt
unsere „Menschwerdung“ beraubt uns der Sinnhaftigkeit unseres Lebens.
Die
Folgen sind: Selbstmitleid, Missgunst, Kompensation und Süchte aller
Art, ebenso Misstrauen, Verbitterung, Abkapselung, Beziehungsarmut. Wir
werden verkrüppelte Menschen. Doch das ist nicht die Absicht Gottes.
Das Ja zu
sich selbst, zum Leben, zum Du, zum unvermeidlichen Kreuz, zur Freude,
dieses Ja und diese Geduld ist – wie bei Maria – letztlich Frucht des
Glaubens und des Vertrauens.
Schließen möchte ich mit einem Gebet:
„Maria, du hast ja gesagt“
– damals in Nazareth.
Du
wusstest nicht, was dieses Ja im Einzelnen bedeutet. Es war ein Wagnis.
Es war
auch kein einmaliger Akt. Du hast es – glaubend und vertrauend – immer
wieder gesprochen.
Auch
unser Ja, das wir Gott geben, ist immer ein Vorschuss an Vertrauen.
Hilf uns,
offen zu sein, für das, was uns widerfährt.
Hilf uns,
offen zu sein für die Menschen, die uns begegnen!
Hilf uns,
bereit zu sein, offen zu sein – wie du, Maria!
Und
steh uns bei, „begleite unsere Pfade“!
Segne und
beschütze uns. Amen. |