Maria ist Jesus – der Überlieferung zu Folge – auf dem
Kreuzweg begegnet. Sie stand unter dem Kreuz und war bei seinem
Begräbnis dabei. Sie hat die Nacht des Karfreitags durchlitten und die
Trauer des Karsamstags ausgehalten. Sie hat die tiefe Enttäuschung und
große Hoffnungslosigkeit der Jünger erlebt, für die nach dem Tod Jesu
eine Welt zusammengebrochen ist und alles aus war.
War Maria vielleicht die Einzige, die bei aller
Tragik und allem Schmerz, doch noch geglaubt, gehofft und vertraut hat?
Schon von der jungen Mutter heißt es ja, dass sie alle
Worte und Geschehnisse in ihrem Herzen bewahrte, sie erwägte und darüber
nachsann.
Vertraute sie auch jetzt seinem Wort, das er zu Lebzeiten
gesagt hat: „Der Menschensohn wird am dritten
Tage auferstehen?“
Jesus hatte ja mehrfach sein Leiden und seine
Auferstehung angekündigt. Die Jünger konnten und wollten das nicht
verstehen.
Ein Messias, der leiden muss, war für sie unmöglich und
Auferstehung unfassbar! Noch auf dem Weg nach Emmaus musste Jesus ihnen
sagen: „Wie schwer fällt es euch zu glauben,
was die Propheten gesagt haben?“
Und Maria? Sie bricht unter dem Kreuz auch fast zusammen
(wir sehen es hier auf dem rechten Seitenaltar!) Sie leidet mit Jesus.
Ihn qualvoll sterben sehen, bricht ihr fast das Herz. Als leidgeprüfte,
schmerzensreiche Mutter trägt sie den toten Sohn auf ihrem Schoß. Hat
der Greise Simeon nicht geweissagt: „Auch deine
Seele wird ein Schwert durchbohren?“
Und doch: ahnt sie vielleicht mehr, weiß sie mehr? Ist
sie auch in dieser Situation, diejenige, die nicht total betrübt,
bedrückt, ganz und gar geknickt und am Ende ist, sondern trotz allem
Schmerz die Hoffende, die Glaubende, die auf Gott Vertrauende.
Denkt sie daran, was der Engel ihr bei der Verkündigung
gesagt hat: „Für Gott ist nichts unmöglich?“
Denkt sie daran, dass ihr Sohn Tote zum Leben erweckt
hat, seinen Freund Lazarus, die Tochter des Jairus, den Jüngling von
Naim?
Ich stell mir vor, wie Maria gewacht und gehofft und
gebetet hat!
Und dann durfte sie die Botschaft hören:
„Jesus lebt.
Freu dich, Maria! Wir haben den Herrn gesehen.“
Wie sehr hat sie sich gefreut! Gefreut über das, was die
Frauen von dem beiseite gerückten Stein erzählten, was Maria Magdalena
von ihrer Begegnung mit dem Auferstandenen erzählte, was Petrus und
Paulus berichteten, die zum Grab geeilt waren und es leer fanden. Wie
sehr hat sie gefreut, was sie von den beiden Jüngern hörte, die
Jerusalem deprimiert den Rücken gekehrt hatten und nach Emmaus unterwegs
waren, wie ihnen das Herz brannte, als der Herr ihnen den Sinn der
Schrift erschloss und wie sie ihn erkannten, als er das Brot brach?
Interessant ist allerdings, liebe Mitchristen, dass
keines der vier Evangelien von einer Erscheinung oder Begegnung des
Auferstandenen mit seiner Mutter berichtet. Ob es sie trotzdem gegeben
hat? Oder hatte sie das gar nicht nötig wie die anderen, wie Maria
Magdalena und die anderen Frauen, wie Thomas, die Emmausjünger oder die
Zwölf?
„Jesus lebt. Der Herr ist wahrhaft auferstanden.“
Wir dürfen annehmen, dass diese Kunde am Ostertag sehr
schnell auch zu Maria gelangt ist.
Welch ein Wechselbad der Gefühle!
„Maria seufzt und weint nicht mehr. Verschwunden sind die
Nebel all“, singen wir in einem österlichen Marienlied.
Trauer wandelt sich in Freude, Klage in Jubel.
Wo ist dein Weh, wo ist dein Schmerz? – „Wie wohl ist
dir, o Herz, wie wohl! Nun bist du aller Freuden voll.“
Wovon das Herz voll ist, davon quillt bekanntlich der
Mund über.
Wie damals bei der Begegnung mit Elisabeth Marias Freude
und Glück im Gotteslob, im Preis und Dank des Magnifikat, Ausdruck
gefunden hat, so kann sie die Osterfreude nicht für sich behalten.
Freude will sich mitteilen. Freude steckt an. Geteilte Freude ist
doppelte Freude.
Wenn wir Maria, die Mutter des Auferstandenen ehren, dann
nehmen wir teil an ihrer Osterfreude, dann nehmen wir ihren Osterjubel
auf, nehmen ihn in uns auf. Freude zieht in unser Herz und wir werden
frohe, österliche Menschen.
Das heißt nicht, dass wir vor allem Leid bewahrt bleiben,
vor Verwirrung und Sünde, aber ganz tief in unserem Innersten dürfen wir
wissen: Kreuz und Leid, Not und Tod sind nicht das Letzte.
Nichts kann uns scheiden von der Liebe Christi. Er hat
uns geliebt und sich für uns hingegeben hat. Christus ist Sieger!
Christus ist König!
„Freu dich, du Himmelskönigin! Freu dich Maria!“
Dieser Aufruf gilt auch uns! „Freut euch, ihr
Christen!“
Denn der Herr ist auferstanden, wie er gesagt hat:
Gott will nicht den Tod, sondern das Leben. Er will nicht
Trauer, sondern Freude und Frieden im Herzen des Menschen.
„Allmächtiger Gott, durch die Auferstehung deines Sohnes
hast du die Welt mit Jubel erfüllt. Lass uns durch seine jungfräuliche
Mutter Maria zur unvergänglichen Osterfreude gelangen. Amen“ |