EVANGELIUM
Er wurde vor ihnen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne
+ Aus
dem heiligen Evangelium nach Matthäus
In jener Zeit
1 nahm
Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf
einen hohen Berg.
2 Und
er wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und
seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht.
3 Und
siehe, es erschienen ihnen Mose und Elija und redeten mit Jesus.
4 Und
Petrus antwortete und sagte zu Jesus: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde
ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija.
5 Noch
während er redete,
siehe eine leuchtende Wolke überschattete
sie, und siehe, eine Stimme erscholl aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter
Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.
6 Als
die Jünger das hörten,
warfen sie sich mit dem Gesicht zu Boden
und fürchteten sich sehr.
7 Da
trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf und fürchtet euch nicht!
8Und
als sie aufblickten, sahen sie niemanden außer Jesus.
9Während
sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemand von dem, was ihr
gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.
„Verklärung
des Herrn“, so lautet die Überschrift über dem eben gehörten
Evangeliums-Abschnitt. Und so heißt auch das heutige Fest am 6. August:
„Verklärung des Herrn“.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Das Wort „Verklärung“ hat
heutzutage nicht unbedingt einen positiven Klang. Wer nämlich Dinge
verklärt, der stellt sie anders dar als sie sind, der bleibt nicht bei
der Wahrheit, sondern der ist ein „Schönfärber“.
Bei dem heutigen Fest geht
es allerdings nicht um „Schönfärberei“, sondern eben genau um diese
Wahrheit. Es will den Herrn nicht „verklären“, sondern er-klären. Das
heißt: Dieses Fest will uns klar machen, wer Jesus wirklich ist. – Und
wer ist er wirklich? Das Evangelium sagt: Er ist der Gottes Sohn.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Natürlich ist Jesus ein
Mensch. Ein Mensch wie wir. Ein Mensch, dem Leid und Not begegnen – wie
allen Menschen. Aber er ist auch Sohn Gottes. Er kommt von Gott, um uns
diesen Gott spürbar und erfahrbar zu machen. Wer ihn sieht, der sieht
Gott.
Und ich denke, genau das
will uns das Bild des vom Licht strahlenden Jesus deutlich machen: Seine
enge Verbindung mit Gott. Er ist „Licht vom Licht“. Er ist
„wahrer Gott vom wahren Gott“.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Für dieses Bild, den vom
Licht strahlenden Jesus, gibt es ein Vor-Bild im Alten Testament. Sie
kennen diese Geschichte. Dort wird von Mose erzählt, der auf dem Sinai
vor Gott steht. Und als er von diesem Berg wieder heruntersteigt, so
sagt die Bibel, da strahlte die Haut seines Gesichtes Licht aus. Ein
Licht, das nicht von ihm selbst kam, sondern von Gott, von der Begegnung
mit Gott auf dem Sinai. – Und jeder, der Mose begegnete wusste, dass er
von Gott kam, dass Gott ihm begegnet ist.
Ein Mensch, der Gott
ausstrahlt. Ein Mensch, dem man Gott ansieht. – Sehen Sie: Genau das
erreicht in Jesus seinen Höhepunkt. In Jesus leuchtet die Herrlichkeit
Gottes auf – mitten in unserer Welt! – Wer ihm begegnet, begegnet auch
Gott. Gott mit seinem ganzen Heil, Gott mit seiner ganzen Liebe und
seinem unendlichen Erbarmen. Gott, der Heil und Leben bringt.
„Dies ist mein geliebter Sohn,
an dem ich Gefallen gefunden habe. Auf ihn sollt ihr hören!“ – So
bekennt sich Gott deshalb zu ihm.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Das ist ein Moment, der
den Petrus regelrecht umhaut. Ein Moment, den Petrus in seinem Leben nie
mehr vergessen wird (siehe 2. Lesung!). – Und deshalb will er gleich
Hütten bauen. Das heißt: Er möchte diesen wunderschönen Moment des
Lichtes, den wunderschönen Moment der Erkenntnis festhalten. Das soll
bleiben! Für immer und ewig. – Wer von uns könnte das nicht verstehen?
Es ist wohl das Menschlichste von der Welt, die „Highlights“, den
schönen Augenblick festhalten zu wollen. Aber wir alle machen immer
wieder die Erfahrung, dass genau das nicht geht. Und so führt auch Jesus
die Seinen wieder den Berg hinab. Er und sie kehren zurück in den
Alltag.
„Sternstunden“, „Tabor-Stunden“
kann man nicht machen. Und man kann sie auch nicht festhalten. Aber man
kann sie sich schenken lassen – um dann davon zu zehren, um dann davon
zu leben, dann nämlich, wenn das Leben schwer wird, dann, wenn alles
dunkel wird. Dann soll man sich daran erinnern können, dass dieser Gott
Licht und Leben ist – um wieder Mut zu haben, Mut zum Leben.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Deshalb ist diese
Verklärungsgeschichte eine Mut-Mach-Geschichte. – Und sie steht hier bei
Matthäus auch an einer ganz entscheidenden Stelle. Kurz davor sagt Jesus
nämlich zum ersten Mal sein Leiden voraus (Mt 16, 21) und kurz danach (Mt
17, 22) kündigt er es zum zweiten Mal an. Die Verklärung Jesu ist also
umrahmt von Leidensweissagungen – freilich immer gefolgt von der
Verheißung der Auferstehung! --- Zunächst jedoch, nach der Verklärung,
dann wenn Jesus wieder ins Tal hinabgestiegen ist, dann beginnt er mit
seinem Weg nach Jerusalem. Und das heißt: Er beginnt mit seinem Weg ans
Kreuz, seinem Weg in den Tod – auf einen anderen Berg – den Berg
Golgotha.
Deshalb: Noch einmal Licht
und Herrlichkeit – bevor es dunkel und bedrohlich wird. Noch einmal
Gottes-Gewissheit – bevor der Glaube auf die Probe gestellt wird. Eine „Gipfelerfahrung“,
Aufscheinen österlichen Hoffnung, um erfüllt und gestärkt zu sein und um
durchhalten zu können, wenn die Mühsale kommen, die Schwierigkeiten,
Angst und Verlassenheit, Verfolgung und Leiden.
Und so will Matthäus den
Jüngern – und auch uns – Mut machen. Wenn alles dunkel wird, dann
erinnert euch an das Licht von Tabor! Wenn Jesus wie ein Verbrecher ans
Kreuz geschlagen wird, dann erinnert euch, dass er trotzdem der Sohn
Gottes ist.
Und wenn ihr selbst
weglaufen wollt vor lauter Angst und Verzweiflung, dann erinnert euch,
dass ihr dann zum Vater laufen dürft. Zum Vater, der auch zu jedem von
euch sagt: „Du bist mein geliebter Sohn. Du bist meine geliebte
Tochter. An dir habe ich Gefallen gefunden. Ich lasse und verlasse dich
nicht.“
Denn vor jedem Golgotha
gibt es immer schon einen Tabor – mit seinem Licht und der Herrlichkeit
Gottes. Und nach jedem Golgotha, nach jedem Karfreitag, kommt Ostern.
Und damit die Hoffnung, dass unser Leben an sein Ziel kommt, dass es zur
Herrlichkeit der Auferstehung gelangt und sich im Lichte Gottes
vollendet.
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