Eine alte Bauernregel
sagt: „Zu Weihnachten einen Hahnentritt, um Neujahr einen
Männerschritt, an Dreikönig einen Hammelsprung und Lichtmess eine ganze
Stunde“.
Diese Bauernregel drückt
aus, was wir alle ab dem 21. Dezember wahrnehmen können: Die Tage werden
länger, zunächst langsam und kaum merklich, aber dann doch immer
deutlicher und recht spürbar. Anfang Februar ist es dann schon etwa eine
Stunde länger hell.
Eine andere Wetterregel
sagt daher: „An Lichtmess - bei Tag zu-Nacht-ess!“ Anfang Februar
braucht man zum Abendessen schon kein künstliches Licht mehr. Man kann
wieder bei Tageslicht die letzte Mahlzeit einnehmen.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Davon, dass die Tage
spürbar länger werden, zeugt auch der traditionelle Name des heutigen
Festes: Mariä Lichtmess. Der offizielle Name lautet ja seit der
Liturgiereform (in Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils) „Fest der
Darstellung des Herrn“. Aber gerade in der katholischen Bevölkerung
hat sich die alte Bezeichnung erhalten. Und dieser Name „Lichtmess“ sagt
schon viel über den Gehalt und die Bedeutung des Festes aus: Es geht um
das Licht.
Dieses Licht spielt in der
Liturgie des 2. Februar eine große Rolle. In vielen Kirchen und
Gemeinden werden seit alter Zeit an diesem Tag die Kerzen gesegnet, die
im Lauf des Jahres für den Gottesdienst verwendet werden. Und – wo es
möglich ist – wird eine feierliche Lichter-Prozession durch den
Kirchenraum gehalten. In einer Pfarrkirche habe ich es auch einmal
erlebt, dass an diesem Tag noch einmal die elektrische Beleuchtung der
Christbäume eingeschaltet wurde. Das viele Licht sollte zeigen, dass die
dunkle Zeit des Winters zu Ende geht und dass die Tage und Wochen
zunehmend heller und lichtreicher werden.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Um Licht geht es auch im
heutigen Evangelium. Da ist der Greise Simeon, der beim Anblick des
Jesus-Kindes ausruft: „…Meine Augen haben das Heil gesehen, das du
vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet
und Herrlichkeit für dein Volk Israel.“
Das Licht, das in der
Heiligen Nacht den Hirten erstrahlte und das die Weisen aus dem Osten
zur Krippe führte, dieses Licht dürfen nun auch Simeon und Hanna im
Tempel zu Jerusalem schauen.
Christus ist das Licht,
das die Finsternis erleuchtet. Er ist das Licht, das sogar die Nacht des
Todes zerbricht. Das Fest der Darstellung des Herrn fasst wie in einem
Brennglas die Botschaft vom Licht zusammen, jenes Licht, das in die Welt
gekommen ist, um alle Menschen zu erleuchten. Als Getaufte sind wir
berufen, unser Leben auf dieses Licht hin auszurichten. Christsein heißt
Licht sein.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Neben dem Licht steht für
mich am Fest der Darstellung des Herrn noch ein zweites Zeichen, nämlich
die sehnsuchtsvoll und in Erwartung ausgestreckten Arme des Greisen
Simeon und der Prophetin Hanna im Tempel. – Ich finde: das wirklich
Große an diesen beiden ist; dass sie, obwohl sie schon so lange gewartet
haben – Jahre und Jahrzehnte –, dass sie dennoch nicht resignierend die
Arme haben sinken lassen, sondern weiterhin Tag für Tag in den Tempel
gekommen sind, um den Erlöser zu erwarten. Und sie sind ihm begegnet und
haben ihn erkannt in dem kleinen Kind, das Maria und Josef in den Tempel
brachten.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Es ist die Tugend der
Hoffnung und der Geduld, die Tugend der Treue und des Glaubens, die wir
vom Greisen Simeon und der hochbetagten Hanna lernen können. – Denn
obwohl Christus für uns als Erlöser geboren wurde, sind wir immer noch
Wartende und beten im Vaterunser: „Dein Reich komme!“ Das Reich
der Gerechtigkeit und des Friedens, der Freude und der Liebe. – Wir
erwarten voll Sehnsucht und Zuversicht das endgültige Kommen unseres
Erlösers Jesus Christus. „Maranatha! Komm, Herr Jesus!“
Liebe Schwestern und
Brüder!
Vierzig Tage nach
Weihnachten, wenn die Tage merklich länger und die Nächte spürbar kürzer
werden, wenn die Christbäume abgebaut und die Weihnachtsbeleuchtungen
abgehängt sind, feiern wir Lichtmess. Wir feiern das Licht und blicken
auf das Jesuskind, auf den menschgewordenen Gott in unserer Mitte. Er
macht unser Leben hell und vertreibt alle Finsternis.
Und wir stellen uns neben
Simeon und Hanna, erheben unsere Hände und unser Herz und bitten Gott:
„Lass das Feuer der Sehnsucht in unseren Herzen nicht erlöschen!
Entzünde es immer wieder neu. Führe uns den Weg des Glaubens und der
Liebe. Hilf uns, dich zu erwarten, voller Sehnsucht und mit Händen, die
sich dir entgegenstrecken!“ |