Das Herz-Jesu-Fest wird
jeweils am dritten Freitag nach Pfingsten gefeiert, 10 Wochen nach dem
Karfreitag, mit dem es innerlich in Verbindung steht. Es ist sogar ein
Hochfest!
Aber wer nimmt Notiz davon?
Kaum ein kirchliches Fest ist für viele so weit weg und vergessen wie
dieses. Selbst praktizierende gläubige Katholiken haben es nicht im
Bewusstsein. Und die Herz-Jesu-Verehrung ist für viele fragwürdig und
problematisch geworden. Sie fragen sich: Was sollen wir anfangen mit
einer Frömmigkeit, zu der wir keinen Zugang haben, weil sie
übergeschwappt ist von Kitsch und Süßigkeit. Sie meinen: Das Fest und
die Frömmigkeitsform passen einfach nicht mehr in unsere heutige
Landschaft. Sie halten die Herz-Jesu-Verehrung für nicht mehr zeitgemäß
und überholt.
Um was geht es
eigentlich bei der Herz-Jesu-Verehrung?
Wir alle kennen das Herz
als Symbol für alles, was mit Empfindung, Gefühl und Liebe zu tun hat.
Es ist Sinnbild für die personale Mitte des Menschen.
Der tiefe Kern der
Herz-Jesu-Verehrung und die zentrale Botschaft des Herz-Jesu-Festes
lauten: Gott hat ein Herz für die Menschen. Ein Herz, das liebt
und auf Liebe wartet, ein Herz, das unendlich größer und weiter ist als
unser oft schwaches, armes, manchmal auch misstrauisches und hartes
Herz.
Das innerste Geheimnis
echter Herz-Jesu-Verehrung ist die Herzlichkeit, die Milde und
Menschenfreundlichkeit Gottes. Wir können auch sagen: seine
Liebenswürdigkeit und Zärtlichkeit. Mag auch die klassische
Herz-Jesu-Frömmigkeit vergangener Jahrzehnte manchen Zeitgenossen nichts
mehr geben, ihr Inhalt und ihr Auftrag sind m. E. aktueller denn je:
Gott hat ein Herz für die Menschen. Er liebt uns mit inniger,
ewiger Liebe.
Aber wir sagen nicht
„Herz-Gottes-Verehrung“, sondern „Herz-Jesu-Verehrung“.
Warum? Weil Gottes Liebe in Jesus, seinem Sohn, Mensch geworden ist,
Fleisch und Blut angenommen hat, ein menschliches Gesicht und Hand und
Fuß bekommen hat.
Wir können auch sagen: Jesus
ist das Mensch gewordene Herz Gottes. In ihm wird die Menschenliebe
Gottes sichtbar und greifbar. In seinem Leben und Sterben hat er uns
gezeigt, was Liebe ist.
Jesu Herz ist ein
empfindsames Herz, ein erbarmungsvolles und mitleidendes Herz. Zugleich
aber auch das Herz, „in dem die ganze Fülle der Gottheit wohnt“ (Kol
2, 9). In Jesus schlug das Herz des lebendigen Gottes, „aus dessen
Fülle wir alle empfangen“, ein Herz – wie es die Liturgie sagt:
„reich für alle, die zu ihm rufen“, ein Herz, das Schenken kann und
schenken will. Wenn wir uns nicht verschließen, sondern öffnen, vermag
seine Liebe in uns einzuströmen, uns zu durchdringen und uns zu
erfüllen.
Wer wissen will, wie Gott
ist, muss auf Jesu schauen, auf sein Herz und von ihm lernen!
„Lernt alle von mir“, ruft Jesus einmal aus, „denn ich bin gütig
und von Herzen demütig“ (Mt 11, 29). In einer früheren Übersetzung
hat es geheißen, „denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen“.
Jesus hatte alles und gab
alles hin. – Er war reich und wurde unseretwegen arm. – Er forderte
nicht für sich, er gab. – Er wusch anderen nicht den Kopf, sondern die
Füße. – Er schlug nicht Wunden, er heilte. – Er ließ sich nicht bedienen
und wollte erst recht nicht verdienen, er diente. – Das geknickte Rohr
zerbrach er nicht und den glimmenden Docht löschte er nicht aus.
Er hatte ein Herz für die
Menschen, gerade die Verlorenen, die Sünder, die Armen und Kranken. Im
4. Hochgebet heißt es: „Den Armen verkündete er die Botschaft vom
Heil, den Gefangenen Freiheit, den Trauernden Freude“.
Wer wissen will, wie Gott
ist, muss auf Jesus schauen:
-
Jesus hat Mit-Leid. Er
hilft und heilt, wo Menschen in Not sind und geht nicht wie der
Priester und der Levit im Gleichnis am Nächsten vorüber. Dem
bittenden Gelähmten schenkt er die Gesundheit und der trauernden
Witwe gibt er den einzigen Sohn zurück. Er weint über den Tod seines
Freundes Lazarus und über die Stadt Jerusalem. Er hat Mitleid und
tiefes Erbarmen erfasst ihn angesichts der vielen Menschen, die wie
Schafe sind, die keinen Hirten haben. Ihn erbarmt die große
Menschenmenge, die schon tagelang – ohne etwas zu essen – bei ihm
ausharrt.
-
Jesus setzt Liebe gegen
Gesetz. Er durchbricht das harte Rechtsdenken der Pharisäer und
verurteilt die Ehebrecherin nicht, sondern zeigt ihr die Möglichkeit
zu einem neuen Leben. Die geöffneten Arme des barmherzigen Vaters –
seinem heimkehrenden Sohn entgegengehalten – sind ein Bild für die
verzeihende und barmherzige Liebe Gottes, die Jesus in seinem Leben
praktiziert und anschaulich gemacht hat.
-
Jesus schafft Gemeinschaft
durch Vergebung. Aussätzigen, Sündern und Zöllnern öffnet Jesus
den Weg in die Gemeinschaft. Er hatte ein Herz besonders für die
Schuldiggewordenen. Dem reumütigen Schächer am Kreuz verheißt er das
Leben. Und seinen Vater bittet er um Vergebung für die, die ihm am
Kreuz schmähen und verspotten.
Einmal ruft Jesus aus:
„Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch
erquicken.“ Das Wort „erquicken“ lässt das Bild von einer Quelle
oder einem Brunnen erscheinen, deren Wasser erfrischt, belebt und
stärkt.
Plagen, Lasten und Schweres
kennen wir aus eigenem Erleben. Manchmal so sehr, dass wir darunter
seufzen und stöhnen. Da tut es gut, mit diesem Belastenden nicht allein
zu sein, nicht ganz allein alles tragen und schleppen zu müssen. Da tut
es gut, die Lasten bei Jesus abladen und den schweren Lebensrucksack bei
ihm abstellen zu dürfen, aufatmen zu können und bei ihm Ruhe zu finden.
Das Evangelium lässt uns die
ganze Einzigartigkeit der suchenden Liebe Gottes begreifen. Sie treibt
den Herrn bis zum Äußersten, ans Kreuz, für uns, aus Liebe.
Im Johannesevangelium heißt es:
„Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis
zur Vollendung.“
Diese Liebe lässt seine
Seite durchbohrt werden, damit wir Zugang bekommen zum Innersten, in die
Mitte, ins Herz der Liebe Gottes. Es ist wirklich eine Liebe, die von
Herzen kommt, die keinen ausschließt, sondern alle in die Arme schließt
und umfängt.
Das liebevolle Herz Jesu ist
es wert, dass wir auf es schauen und seine Nähe suchen. Denn dieses Herz
ist Urbild und Ausdruck der unendlichen Liebe Gottes, die sich ganz
verströmt und restlos hingibt. Es ist wie eine Quelle, eine Quelle des
Heils, aus der wir immer wieder mit Freude schöpfen und Kraft und
Frieden, Zuversicht und Trost finden können.
Über die Verehrung des Herzens
Jesu sagt Papst Pius XII. und fasst damit zusammen, worum es geht.
Er nennt zwei Aspekte: „Die Verehrung des Herzens Jesu ist in ihrem
innersten Wesen Verehrung der Liebe, mit der uns Gott durch Jesus
geliebt hat. Zugleich ist sie aber auch Übung der Liebe, die wir Gott
und den anderen Menschen entgegenbringen.“
Die Antwort auf die
Liebe Gottes in Jesus Christus hat also zwei Richtungen, eine vertikale
und eine horizontale: Erstens: zu Gott hin! Und zweitens: zum
Mitmenschen hin, zum Bruder zur Schwester im Glauben.
Ein Gebet aus der Liturgie der
Kirche fasst die vertikale und horizontale Richtung der von Herzen
kommenden Liebe sehr schön zusammen: „Herr, du Feuer ewiger Liebe,
entzünde unser Herz mit deiner Glut, damit wir dich über alles lieben
und aus Liebe zu dir auch unsere Schwestern und Brüder.“
Herz-Jesu-Verehrung – recht
verstanden – sollte nicht Inbegriff von religiösem Kitsch oder
peinlicher Sentimentalität sein. Eigentlich und wirklich ist das Herz
Jesu der Inbegriff der Liebe Gottes. Verehrung des Herzens Jesu ist
Verehrung des Herzens Gottes. Jenes Gottes, der uns in Jesus, seinem
Sohn, nahegekommen ist, sich den Menschen voll Liebe zugewandt und sich
als der Barm-herz-ige erwiesen hat, als ein Mensch mit Herz.
Zum Schluss möchte ich noch
auf einen Bittruf der Herz-Jesu-Frömmigkeit zu sprechen kommen. Er ist
an Jesus gerichtet und lautet: „Bilde unser Herz nach deinem
Herzen!“
Ein Jesus-Gebet! In meinen
Augen ist das eine ganz wesentliche und entscheidende Bitte. Es geht
dabei um Umformung und Umgestaltung in Christus. Es geht darum, ihm
immer ähnlicher und gleichförmiger zu werden. „Wachse Jesus, wachse
in mir…“
Beachten Sie
auch meinen Vortrag „Ein
Herz voll Liebe - für uns Menschen Herz Jesu - Quelle des Heils“
unter Vorträge / Kirchenjahr |