Wir feiern heute das Fest
eines der populärsten und volkstümlichsten Heiligen, des heiligen Wendelin.
Nach der Überlieferung
starb er 617, also vor genau 1400 Jahren.
Er wird vor allem im
ländlichen Raum verehrt. Besonders bei den Bauern ist er beliebt, denn
er gilt als Beschützer von Stall und Hof, des Viehs und der Herden.
Ein Volksspruch
lautet: „Sankt Wendelin, verlass uns nie, schirm unsern Stall, schütz unser
Vieh.“
Dargestellt
wird er gern als Hirte mit Hirtenstab und Hirtentasche.
Oft findet sich ein Schaf
zu seinen Füßen oder auf Bildern steht und geht er inmitten einer Herde.
Manchmal ist ihm auch ein Schäferhund beigesellt.
Und obwohl er kein
Bischof war wie der heilige Martin und keine großen Bücher geschrieben hat
wie z. B. Thomas von Aquin und auch keine fulminanten Predigten gehalten
hat wie etwa Bernhardin von Siena, so ist doch auffallend, wie viele
Kirchen und Kapellen nach ihm benannt und ihm geweiht sind.
Gemäß der Legende war
Wendelin ein schottischer Königssohn, geboren Mitte des 6. Jahrhunderts.
Er ist also in Reichtum und Wohlstand aufgewachsen, hat eine gute
Erziehung genossen und eine gelehrte Ausbildung erhalten. – Aus Liebe zu
Christus, aber auch um das eigene Seelenheil zu finden, wurde er Pilger.
Er verzichtete auf die
Königskrone, auf Macht und Reichtum und zog ein ärmliches Pilgergewand
an. Arm und unerkannt machte er eine Wallfahrt nach Rom. Dort erbat er
sich den Segen des Papstes für seine Pilgerschaft. Seine königliche
Herkunft verbarg er.
Von Rom zog er wieder
nach Norden und hat sich in einer waldigen Gegend bei Trier als
Einsiedler niedergelassen. Dort baute er sich in der Einsamkeit eine
Zelle und lebte von Almosen und Wohltaten, die gute Menschen ihm
erwiesen.
Ein adliger Gutsherr
allerdings schimpfte ihn wegen seiner Bettelei aus und machte ihm
Vorwürfe, weil er nicht selbst für seinen Lebensunterhalt sorgte. Er
forderte ihn auf seine Schweine zu hüten.
Das tat Wendelin und sein
Herr war ganz zufrieden mit ihm.
Die Schweineherde gedieh
gut. Da vertraute der Adlige ihm auch die Kuhherde an und schließlich
auch noch die Schafherde.
Wendelin
sehnte sich jedoch nach seiner Einsiedelei.
Als er sich im Gebet an
Gott wandte, wurde er mitsamt seiner Herde in die Luft erhoben und in
seine Einsiedelei versetzt. So geschah es jeden Tag. Auf diese Weise war
er tagsüber bei seiner Klause.
Dort stieß er mit seinem
Stab in die Erde. Und sofort sprudelte eine Quelle, aus der er die
Schafe tränken konnte.
Eines Tages
als der adlige Gutsherr von einer Reise zurückkam und Wendelin weit von
seinem Gut mit seiner Herde antraf, machte er ihm Vorwürfe. „Heute
Abend wollte ich ein Tier aus der Herde schlachten, um es meinen Gästen
vorzusetzen, nun wird nichts draus, weil du die Herde zwei Tagesmärsche
weit vom Gutshof entfernt weidest.“ Wendelin aber erwiderte nur: „Macht euch keine Sorgen. Gott kann alles zum Guten wenden.“ – Davon
war der Gutsherr allerdings wenig überzeugt und ritt verärgert nach
Hause.
Als er aber an seinem
Gehöft ankam, wen sah er da? Wendelin, der gerade in aller Ruhe mit
seiner Herde in den Gutshof einzog.
Der Gutsherr kam aus dem
Staunen nicht mehr heraus und Ehrfurcht erfüllte ihn vor seinem
sonderbaren Hirten.
Wendelin
bat den Herrn, dass er nun für immer in seine Einöde zurückkehren dürfe.
Er erlaubte es ihm. Die Bauernfamilien der Gegend suchten seinen Rat.
Sie kamen suchten ihn auf, wenn sie wegen ihres Viehs in Nöten waren.
Wendelin wirkte als Wohltäter und Helfer für die Leute in der Umgebung.
Als der Abt des Klosters
Tholey, in dessen Nähe die Klause stand, starb, wählten die Mönche
Wendelin zu seinem Nachfolger.
Zwanzig Jahre leitete er
die Abtei.
Die Legende erzählt:
Als Wendelin seine Sterbestunde herannahen fühlte, empfing er aus der
Hand des Erzbischofs von Trier die Sterbesakramente. Danach hatte der
Erzbischof eine Vision.
Zwei Engel stiegen vom
Himmel herab, breiteten über Wendelins Lager ein schneeweißes Tuch aus
und stellten darauf drei herrliche Kronen. Die Engel offenbarten dem
Erzbischof und dem heiligen Wendelin, dass diese drei Kronen den Sterbenden
erwarten, weil er in drei Ständen – als Einsiedler, Hirte und Abt – Gott
gedient und ihm zuliebe auf seine irdische Königskrone verzichtet hatte.
Da vertraute Wendelin dem Bischof an, dass er ein Königssohn sei. Dann
starb er in Frieden.
Seinen Leichnam sollen
Ochsen zu seiner früheren Zelle im Wald gezogen haben und die Mönche
bestatten ihn dort in seiner ehemaligen Klause. Das Volk aber zog in
Scharen zu ihm und bat ihn um Fürsprache in seinen Sorgen und Nöten. So
entwickelte sich an Wendelins Grablege eine lebendige
Wallfahrtstradition, woraus das heutige St. Wendel entstand.
Auswanderer aus dem
Saarland
haben den Heiligen auch in anderen Ländern und Erdteilen bekannt und
populär gemacht, etwa in Ungarn, im Banat oder in Brasilien.
Auch der berühmte
Gelehrte und Kardinal Nikolaus von Kues gehörte zu den Verehrern
des Heiligen und stiftete im Jahr 1462 die heute noch erhaltene
steinerne Kanzel im Dom von St. Wendel.
Der Benediktinerpater
Anselm Grün
deutet die Legenden, die sich um das Leben des heiligen Wendelin ranken,
tiefenpsychologisch.
Es sei z. B. ein
archetypisches Bild, das auch häufig in Märchen anzutreffen sei, dass
ein Königsohn den einfachen Weg des Bettlers und Pilgers geht.
Wörtlich sagt Anselm Grün: „Der königliche Mensch achtet nicht auf seine
Würde. Weil sie ihm niemand nehmen kann, kann Wendelin in Armut leben
und die niedrigsten Dienste verrichten. Er hütet sogar die Schweine. Und
doch bleibt er in allem, was er tut, ein Königsohn.
Das ist ein Bild für
unsere menschliche Existenz.
Ganz gleich, was wir
tun, jeder von uns hat eine königliche Würde. Jeder ist ein Königssohn,
eine Königstochter. Der König steht als Bild für den vollendeten
Menschen, den Menschen, der innerlich reich ist, der frei ist, der über
sich selbst herrscht, anstatt von anderen beherrscht zu werden. – Wir
sind Königssöhne und Königstöchter in der Fremde dieser Welt. Die Welt
erkennt unsere Würde nicht an. Doch davon hängt unsere Würde nicht ab.
Wenn wir – wie Wendelin – aus der inneren Würde heraus leben, dann wird
unser Leben gelingen. Dann mehren sich gleichsam die Herden, dann
erfahren Menschen und Tiere Heilung.
Wir sind hier in der
Fremde, wir sind ausgesetzte Menschen, haben jedoch einen göttlichen
Ursprung. Und manchmal blitzt dieser göttliche Ursprung auf. Da wird
deutlich, woher wir eigentlich kommen und wohin wir zurückkehren“
Weiter sagt Anselm
Grün:
„Drei Lebeweisen hat
Wendelin verwirklicht: Er war Einsiedler.
Er hat sich seiner
Einsamkeit gestellt. Er hat sich dem Gebet und de Meditation gewidmet
und sich nur um Gott gekümmert.
Er war Hirte,
hat Tiere gehütet und für sie gesorgt. Hirt ist ein Ursymbol für einen
Menschen, der die tierischen Kräfte hütet und nährt, der gut mit ihnen
umgeht. Wendelin nimmt seine Schafe mit in die Klause. In seinem Gebet
hat er seine Vitalität und Treibhaftigkeit (für sie stehen die Tiere)
nicht übersprungen, sondern sie integriert in seinen geistlichen Weg. –
Und Wendelin war Abt,
das heißt er hat Menschen geführt. Nachdem er sich selbst als Hirt geleitet
hat, war er auch fähig, Menschen zu führen und in ihnen das Leben zu
wecken. – So ist Wendelin Bild für ein gelingendes Leben und für ein
Leben, das nach außen hin Frucht bringt.
Fruchtbarkeit nach
innen u. außen ist ein Thema unseres Lebens.
Wie kann ein Leben
Frucht bringen? Es geht nicht um die Leistung, die du vor aller Welt
vorweisen kannst. Dein Leben wird fruchtbar sein, wenn du aus der
inneren Quelle heraus lebst, aus der Quelle des Heiligen Geistes. Lass
dich nicht unter Druck setzen, unbedingt etwas leisten und dich beweisen
zu müssen. Entscheidend ist es, mit der inneren Quelle deines Lebens in
Kontakt zu kommen. Die innere Quelle des Heiligen Geistes soll sich auch
bei dir in alle deiner Leidenschaften hinein ergießen und befruchten.
Dann wird dein Leben Frucht bringen. Um dich herum wird etwas wachsen.
Menschen beginnen aufzublühen. Und du selbst darfst dich an der Frucht
dankbar erfreuen, die in dir heranreift.“