Exerzitien mit P. Pius

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Veronika Giuliani

(Predigt bei der Wallfahrtsmesse am Samstag, 10. Juli 2021)

 

Der Gedenktag der heiligen Veronika Giuliani wird in den deutschsprachigen Landen kaum liturgisch begangen. Darum ist diese Heilige bei uns ziemlich unbekannt. Und doch verdient es diese italienische Ordensfrau und Mystikerin geistlich betrachtet zu werden. Im Kapuzinerorden wird ihr Gedächtnis sogar als Fest gefeiert.

 

Veronika hieß mit dem Taufnamen Ursula und erblickte am 27. Dezember 1660 in Mercatello nahe der Adriastadt Rimini das Licht der Welt.

Schon als Kind zeigte sie eine starke Neigung zum geistlichen Leben. So war es nur ein weiterer Schritt auf diesem Weg, als Veronika mit 16 Jahren bei den Kapuzinerinnen in Citta di Castello im Norden der Stadt Perugia um Aufnahme bat.

Zuvor hatte sie einige Heiratsanträge ausgeschlagen. Auch den Widerstand ihres Vaters musste sie überwinden, der sich einem Ordenseintritt heftig widersetzte.

 

Im Kloster übernahm sie im Jahr 1694 das Amt der Novizenmeisterin. In diesen Jahren reifte ihre innere Berufung, am Leiden Christi teilzunehmen. Ähnlich ihrem Ordensvater, dem heiligen Franziskus, war sie leidenschaftlich bestrebt, die Passion Jesu zu meditieren, sich liebend und mitfühlend immer tiefer in das Leiden und Sterben des Herrn zu versenken.

 

Bereits als sechsjährigem Kind war ihr von ihrer sterbenden Mutter die besondere Verehrung der Seitenwunde Jesu empfohlen worden.

 

Als junge Ordensfrau erblickte sie in einer Vision einen Kelch, den Kelch des Leidens Christi.

Eines Tages zeigte sich Christus ihr in einer weiteren Vision am ganzen Körper mit Wunden bedeckt.

Der Gekreuzigte nahm Veronika nun immer mehr in sein Leiden hinein. An Weihnachten 1696 empfing sie die Seitenwunde Christi, einige Monate später, am Karfreitag 1697, traten auch die Wunden der Durchbohrung an Händen und Füßen auf.

 

Veronika suchte unter allen Umständen diese Zeichen ihres Mitleidens mit Christus vor ihrer Umwelt zu verbergen. Aber ihre Stigmata ließen sich nicht geheim halten. Zu den körperlichen Leiden, die ihr die Wundmale bereiteten, kamen nun große seelische Schmerzen.

 

Wie so oft im Leben heiliger Menschen wurde auch ihre besondere Begnadung als unecht und als Teufelsspuk verdächtigt. Zudem straften sie die Mitschwestern, vom Bischof dazu angehalten, mit Verachtung. Hierin tat sich besonders die Äbtissin des Klosters hervor, die ihr mit Radikalkuren beizukommen suchte.

 

Fünf Jahre ließ man sie bei Wasser und Brot fasten. Und die durch die Dornenkrone verursachten Dauerschmerzen suchte man – nach damaliger ärztlicher Praxis – mit glühenden Eisen zu behandeln. Als Novizenmeisterin wurde sie abgesetzt. Und man entzog ihr das aktive und passive Wahlrecht in der Gemeinschaft.

Die Mitschwestern hatten die Anweisung, sie als Betrügerin zu behandeln und den Umgang mit ihr zu meiden. Sogar die Teilnehme am Chorgebet und an der Eucharistiefeier untersagte man ihr an den Werktagen. An den Sonntagen erlaubte man ihr, die heilige Messe lediglich an der Kirchentür stehend mitzufeiern. – Bei all diesen Schikanen und Ausgrenzungen handelte es sich, so würden wir heute sagen, um eine Art Mobbing, Mobbing im Kloster. – Doch Veronika ertrug alle Demütigungen und Leiden in Geduld und mit Gleichmut.

 

Endlich kam die Rehabilitation. Es war im Jahr 1716.

Der zuständige Ortsbischof meldete nach intensiven Beobachtungen und vielen Untersuchungen an das Heilige Offizium in Rom – die heutige Kongregation für Glaubenslehre –, dass sich im Leben und Wirken dieser Ordensfrau nichts anderes finde als unverbrüchliche Glaubenstreue, Gehorsam in allen Dingen, Demut und eine gleichbleibende seelische Heiterkeit trotz schwerster Prüfungen.

Darauf kam die Wende. Der Papst nahm sofort alle Verbote zurück. Ihre Stigmata wurden als echt anerkannt. Und kurze Zeit später wurde sie von ihren Mitschwestern einstimmig zur Äbtissin gewählt. Man war bestrebt, wiedergutzumachen, was man Ihr über viele Jahre an Unrecht angetan hatte.

 

Elf Jahre danach, am 9. Juli 1727 starb Veronika nach einem Leben voller Qualen und Erniedrigungen. Im Jahr 1839 wurde sie heiliggesprochen.

 

Ihr Beichtvater aus dem Jesuitenorden bezeichnete Veronika einmal als „lebendigen Kalvarienberg“. Er hatte ihr auch aufgetragen, Tagebuch zu führen. Ihre Tagebücher sind in zehn Bänden (etwa 22.000 handschriftliche Seiten!) veröffentlicht und gelten als beachtenswertes mystisches Schrifttum. Außerdem zeugen 443 Briefe von ihrer Kraft und ihrem schmerzvollen Nachempfinden des Leidens Christi.

 

Veronika beschreibt, was sie am eigenen Leib erlebt und mit dem Herzen geschaut hat, die Geheimnisse des leidenden und gekreuzigten Christus, der sie berief, an seinen Leiden Anteil zu haben, was bei ihr bis zur Gleichgestaltung mit seinen Wundmalen ging. – Christi Ruf hat im Leben der heiligen Veronika Giuliani eine opferbereite, sichtbare Antwort gefunden.

 

Was will Gott von mir? Zu welcher Art von Zeugenschaft und Nachfolge sind wir berufen?

 

Ein Wort der heiligen Veronika lautet: „Gott gib, dass nichts in meinem Herzen sei als dein heiligster Wille.“

Der heilige Franziskus betet im Sonnengesang ähnlich:

„Selig, die sich finden in deinem heiligsten Willen!“

 

Die Oration am Festtag der heiligen Veronika lautet:

Auf wunderbare Weise hast du, unergründlicher Gott, die heilige Jungfrau Veronika mit den Wundmalen deines Sohnes gezeichnet. Sie ist ihm gleichförmig geworden durch ihre Liebe zum Kreuz. – Hilf uns durch ihr Beispiel und ihre Fürsprache, mit Christus den Weg des Kreuzes zu gehen, um so zur Freude der Auferstehung zu gelangen. – Darum bitten wir durch Jesus Christus.

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