Der Name
Theresia von Avila steht für ein einzigartiges Leben.
Es ist das Leben
einer Frau, die das Ordenswesen wie keine andere beeinflusst hat, die
vielleicht die größte
Mystikerin aller Zeiten war und von der Papst Pius
X. einmal sagte, sie sei die Meisterin der Psychologie der Mystik. In Spanien
nannte man Theresia wegen ihres umfassenden mystischen Werkes „seraphische
Mutter“ und „doctora mystika“.
Theresia
wurde am 28. März 1515 in Avila geboren. Sie wuchs im Kreis von elf
Geschwistern auf. Mit sieben Jahren riss sie aus, um bei den Mauren in
Südspanien als Märtyrerin zu sterben.
Spanisches
Temperament. Ein großes Herz. Offen für alles Große und Gute, für alles
Schöne und Lebendige. Begeisterungsfähig.
In ihrer Familie
las man die Heilige Schrift, aber auch Vergil und Cicero. Es war die Zeit des
Humanismus und der Renaissance.
Theresia war
zugänglich auch für das geistreiche und charmante Leben in den Salons vornehmer
Familien, das mit Ablenkungen und Allerweltsgesprächen auch vor Klosterpforten
nicht haltmachte. Es war eine bewegte Zeit. Martin Luther in Deutschland, die
Inquisition in Spanien, die Türken auf dem Vormarsch in Europa.
Mit zwanzig
Jahren wurde Theresia Karmelitin in Avila. Ihr Entschluss, ins Kloster zu
gehen, kam für ihre Umgebung überraschend. Ihr Motiv: das eigene Seelenheil. Sie
suchte es, wie sie selbst sagte, zu einem „ausreichenden Preis“. Das
Kloster der Karmeliterinnen in ihrer Heimatstadt entsprach in seiner Strenge und
Frömmigkeit dem Durchschnitt der Zeit. Es bestanden im Konvent, wie damals
üblich starke Unterschiede zwischen arm und reich. Theresia gehörte zu den
Reichen.
Theresia fühlte
sich nicht unwohl im Kloster, aber sie selbst bezeichnete die ersten achtzehn
Jahre dort als Jahre der Mittelmäßigkeit. Mit der Zeit wurde ihr bewusst,
was für ein Leben sie führte: es glich „einem aufgewühlten Meer, mit diesen
Stürzen und dem Aufstehen, einem schlechten Aufstehen, da ich wieder fiel“,
und sie fiel so tief, dass sie das Beten aufgab, weil sie sich für viel zu
schlecht dafür hielt. Es fehlte ihr auch geistliche Begleitung und Führung.
Doch die Erfahrung ihrer Ohnmacht ist auch schon der
Wendepunkt in ihrem Leben:
„Ich versuchte, so gut ich konnte, mir Jesus Christus vorzustellen, und das
war meine Art zu beten“. Immer wieder versucht sie es und ist bemüht, sich
ins betrachtende Gebet einzuüben, aber trotzdem bekennt sie: „Während
mehrerer Jahre schaute ich oft mehr darauf, ob nicht möglichst bald meine
Gebetszeit zu Ende ging, und ich achtete mehr auf die Uhr als auf anderes!“.
Erst als ihr
Gott außergewöhnliche Gnaden und Visionen schenkte, wandelte sich ihr Leben
völlig.
Ihre große
Bekehrung erlebte Theresia um 1555, als sie eines Tages das Bild des
Heilands an der Geißelsäule erblickte.
Der Anblick des
leidenden Christus packte sie so sehr, „dass mir das Herz zu zerreißen
drohte. Aufgelöst in Tränen bat ich ihn, mir ein für allemal Kraft zu geben, ihn
nicht mehr zu beleidigen.“
Von da an
stürmte das Göttliche mit solcher Gewalt auf sie ein, dass sie selbst und andere
darüber erschraken.
Im Jahr 1560
legte Theresia - nach einer schrecklichen Vision über die Hölle - das Gelübde
ab, immer das Vollkommenere zu tun und die Ordensregel mit größter Treue zu
beachten.
Nun war sie ein
brauchbares Werkzeug in der Hand Gottes.
1562
gründete sie unter großen Schwierigkeiten ihr erstes Reformkloster, klein
und arm, in dem sie in größter Zurückgezogenheit lebte, aber nicht mehr in Sorge
um das eigene Heil wie beim Klostereintritt, sondern um zu beten „für die
Priester und Theologen, und - so weit ich dazu in der Lage bin - um diesem
meinem Herrn zu helfen, da es so aussieht, als wolle man ihn jetzt von neuem
kreuzigen.“
Kontemplatives Leben ist für sie nicht Heilsindividualismus, sondern steht
im Dienst der Menschen und der Welt.
Einmal schreibt
sie aber auch: „Ich muss lachen und gleichzeitig bin ich traurig, wenn ich
sehe mit welchen Anliegen die Leute zu uns kommen, damit wir für sie beten.
Sogar um Einkünfte und Geld sollen wir beten. Ich glaube, Gott wird mich für
solche Dinge nie erhören. Die Welt steht in Flammen. Christus wird immer neu
verurteilt; da sollen wir unsere Zeit mit Bitten zubringen, die die Menschen
eher von Gott wegbringen. Nein, jetzt haben wir keine Zeit, mit Gott über so
nichtige Dinge zu verhandeln."
Theresia hat
ihre Erfahrungen mit Gott in mehreren Büchern aufgeschrieben. Sie wurden von der
Inquisition genau geprüft. Ihre Visionen wurden als echt und ihre Lehre als mit
dem katholischen Glauben übereinstimmend erklärt. Ihre wichtigsten Bücher,
von großer sprachlicher Kraft und Schönheit, sind: „Der Weg der
Vollkommenheit“ und „Die Seelenburg“.
Die „kleine
Burg“, d.h. das Beten, die Gottverbundenheit des einzelnen, steht im Dienst
der „großen Burg“, das heißt der Kirche und aller Menschen.
In ihren Büchern
erklärte Theresia auch, dass Männer wie Frauen in gleicher Weise zu einem
inneren Gespräch mit Gott gerufen seien. Zur Zeit Theresias hielt man die Frau
nicht für fähig, längere Zeit innerlich still zu beten. Theresia musste darum
kämpfen, dass in ihren Schwesternkonventen täglich zwei Stunden für dieses
schweigende, kontemplative Beten angesetzt werden durften.
Aus Theresias
tiefem Gebet erwuchs eine ungeheure Aktivität. Sie reformierte - unterstützt
vom heiligen Johannes vom Kreuz - den Karmel. Unter unsäglichen Schwierigkeiten,
vielen Widerständen und großen Anfeindungen gründete sie viele Reformklöster
in Spanien, achtzehn Frauen- und fünfzehn Männerklöster.
Sie starb
- aufgezehrt und erschöpft von ihrem unermüdlichen Wirken und den vielen
seelischen und körperlichen Leiden - 1582. Auf dem Sterbebett bekennt
sie: „Ich bin eine Tochter der Kirche.“ Der Leichnam der Ordensfrau wurde
ungeschützt in der Erde bestattet. Als man ihn nach zwei Jahren wieder ausgrub,
war er noch vollkommen unversehrt. Heute ruhen ihre Gebeine in einem kostbaren
Schrein über dem Altar der Kirche des von ihr gegründeten Klosters in Alba de Tormes.
Theresia
war eine außergewöhnliche Frau mit einem leidenschaftlichen Herzen, einer klaren
Intuition und einem erstaunlichen Organisationstalent.
„Der
Fortschritt in unserem geistlichen Leben besteht nicht darin“ schrieb sie, „dass
wir viel denken, sondern dass wir viel lieben.“ Theresia bemühte sich
um diese Liebe. Den Sinn ihres Lebens sah sie in der Freundschaft mit Christus
und im Leben für ihn, den „Seelenfreund“ und den in der Kirche
fortlebenden Herrn.
Unter ihren
Papieren fand sich ein abgegriffener Zettel, den sie auf ihren Reisen mit sich
getragen hatte. Die Worte darauf sind weltberühmt geworden. Sie drücken ihre
tiefste Erfahrung aus: „Nichts soll dich verwirren (nichts mache dir Angst),
nichts dich erschrecken. Alles geht vorüber. Nur Gott bleibt derselbe. Die
Geduld erreicht alles. Wer Gott hat, dem fehlt nichts: Gott nur genügt.“
Dios solo basta. - Papst Paul VI. hat sie 1970 zusammen mit Katharina von Siena
zur Kirchenlehrerin erhoben.
Amen
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