Am 4. August 2016 hat
Papst Franziskus Assisi besucht.
Ziel seiner Pilgerreise
war eine kleine Kapelle in der Ebene unterhalb der Stadt, das Kirchlein
der „Heiligen Maria von den Engeln“, kurz „Portiunkula“
genannt, was so viel heißt wie „Teilchen“ oder „kleines
Fleckchen Land“.
Wer heute – wie der Papst
vor drei Jahren – zu dieser Kapelle kommt, erlebt einen seltsam
faszinierenden Kontrast.
Über die kleine
rauchgeschwärzte Kapelle wölbt sich nämlich eine riesige Basilika, Santa
Maria degli Angeli.
Anlass der Reise des
Papstes war ein Jubiläum, die 800 Jahrfeier des Portiunkula-Ablasses.
Portiunkula:
Der heilige Franziskus hing an diesem Kirchlein und betreute es mit
besonderem Eifer. – Mit eigenen Händen hatte er die verfallene Kapelle
wieder aufgebaut und restauriert.
Hier war der Ursprung des
Franziskanerordens.
Hier hörte Franziskus aus
dem Evangelium, was seine Berufung seine sollte, nämlich wie die Apostel
arm durch die Welt zu ziehen, das Evangelium zu verkünden und den
Menschen „Frieden und Heil“ zu bringen, lateinisch „pax et
bonum“, italienisch „pace e bene“.
Hier in Portiunkula sind
die ersten Brüder zu ihm gestoßen.
Hier nahm auch der
Klarissenorden seinen Anfang.
Hierher rief Franziskus
immer wieder seine Brüder zusammen.
Beim Pfingstkapitel 1221
waren es Tausende, die sich dort versammelten, darunter auch der Heilige
Antonius.
Portiunkula
wurde zum Zentrum und zum Herzstück des Franziskanerordens, der sich
rasant ausbreitete.
Hier in Portiunkula
vollendete Franziskus auch sein Leben.
Interessant ist:
Franziskus, der ganz arm leben und nichts sein Eigen nennen wollte,
machte bei Portiunkula eine Ausnahme.
Für die Jahresmiete von
einem Korb Fische überließen ihm die Benediktiner vom Monte Subasio das
kleine Kirchlein, das für sie keine Bedeutung hatte. Umso mehr aber für
Franziskus.
Franziskus schärfte
seinen Brüdern ein, diesen Ort niemals zu verlassen. Ein Wort, das von
ihm überliefert ist, lautet: „Wenn ihr auf der
einen Seite hinausgejagt werdet, geht auf der anderen wieder hinein!“
Damit nicht genug.
Franziskus hatte in Portiunkula so viel von der Barmherzigkeit Gottes
erfahren, aber auch so viel brüderliche Liebe erlebt, ebenso viel
Wohlwollen und Fürsorge von Seiten seiner Landsleute, dass er diesen
Schatz der Liebe und Barmherzigkeit nicht für sich behalten wollte,
sondern davon weitergeben und andere daran teilhaben lassen.
Im Jahr 1216, also vor
etwa 800 Jahren, stellte er bei Papst Honorius III., der im nahen
Perugia weilte – den Antrag, einen vollkommenen Ablass genau für dieses
kleine Kirchlein zu erhalten.
Franziskus erbat nichts
weniger als die „Vergebung von Assisi“, eine „göttliche
Generalamnestie“, die hier in Portiunkula erfahrbar und allen
Pilgern zuteilwerden sollte.
Damit wünschte sich
Franziskus etwas für seine kleine Kapelle, was damals nur für Teilnehmer
an einem Kreuzzug oder an den bedeutenden Pilgerorten wie Rom oder
Jerusalem möglich war.
Was Franziskus erbat, war
ungeheuerlich, ja geradezu revolutionärer.
Und das Überraschende
geschah: Papst Honorius gewährte Franziskus die Bitte, von der es heißt,
dass er sie „ebenso demütig wie auch hartnäckig“ vorgetragen
habe.
Allerdings knüpfte der
Papst den Ablass an ein enges Zeitfenster:
Nur einmal jährlich, am
2. August, dem Weihetag der Kirche, sollte dieser Ablass gewonnen werden
können. – Später wurde der Portiunkula-Ablass auf alle Kirchen der
franziskanischen Ordensfamilie ausgedehnt und auch auf alle
Pfarrkirchen.
Gut 800 Jahre
Portiunkula-Ablass:
Manche werden denken: Was
soll’s?
Ablass hört sich für
viele heute gestrig an, angestaubt, veraltet. Zumal wir auch wissen, was
für Missbräuche im Mittelalter mit dem Ablasswesen einhergingen.
Stichwort „Ablasshandel“, was dann auch für Martin Luther ein
erheblicher und zwar berechtigter Kritikpunkt war und unter anderem zur
Reformation geführt hat.
Papst Franziskus ging es
vor drei Jahren allerdings um etwas anderes. Seine Reise nach Assisi,
sein Besuch in Santa Maria degli Angeli, ist zu sehen im Zusammenhang
mit dem „Jahr der Barmherzigkeit“,
das er ausgerufen hatte.
Der Papst will sagen und
deutlich machen: Bei Gott gibt es immer einen Weg zurück. Bei ihm steht
die Tür immer offen. Es gibt keine Sünde, die Gott nicht vergeben
könnte.
Die barmherzige Liebe
Gottes hat in Jesus Christus Hand und Fuß bekommen. Jesus hat mit seinem
Leben gezeigt, was Liebe ist. Er, Christus, hat uns geliebt und sich für
uns hingegeben.
Gottes Liebe aber ist
grenzenlos und unerschöpflich.
Sie ist weiterhin
greifbar und erfahrbar in Geschichte und Gegenwart, z. B. auch im
Portiunkula-Ablass am 2. August oder dem darauffolgenden Sonntag.
Voraussetzungen sind:
Empfang des Bußsakramentes (das kann auch in den nächsten Tagen noch
geschehen), Kommunionempfang, das Sprechen des Glaubensbekenntnisses und
ein Gebet in der Meinung des Heiligen Vaters, z.B. ein Vater unser und
Gegrüßet seist du, Maria.
Ablass, lateinisch „indulgentia“,
kann auch übersetzt werden mit Güte, Nachsicht und Zärtlichkeit. – Es
geht um Gottes Barmherzigkeit, die größer ist als alle Sünden. Es geht
um Gottes verzeihende Liebe, die sich jedem schenken will, der dafür
disponiert ist und sich dieser Liebe öffnet. – Öffnet die Türen dem
Erlöser!
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