Petrus und Paulus:
Zwei, die
zusammengehören „wie Pech und Schwefel“, aber auch zwei, die
unterschiedlich sind „wie Feuer und
Wasser“.
Zwei
Modelle christlichen Lebens. Unterschiedlicher geht‘s fast nicht. Und
doch werden beide in einem Atemzug genannt.
Ein
ungleiches Apostelpaar. Aber die Kirche verdankt ihnen Profil und Weite,
Fundament und Dynamik. Und feiert heute beide an einem einzigen Festtag.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Was
verbindet zwei so unterschiedliche Männer der Kirche?
Mir fällt
auf: Das Neue Testament leugnet die Unterschiede zwischen beiden nicht.
Da wird nichts geglättet und nichts schön geredet. Die Unterschiede
treten sogar deutlich hervor:
Petrus
stammt aus Galiläa. Tiefste jüdische Provinz.
Paulus
aus Tarsus. Eine pulsierende Stadt in Kleinasien.
Petrus
ist Fischer am See Genesareth. Paulus jüdischer Intellektueller,
römischer Bürger, vertraut mit der hellenistischen Kultur.
Petrus
hatte Familie. Paulus war unverheiratet.
Petrus
gilt als der Erste der Apostel. Paulus ist gewissermaßen der
Letzte, da er erst in der nachösterlichen Zeit zum Kreis der Jünger
hinzugestoßen ist. (vgl. 1 Kor 15, 9).
In der Präfation des Festes heißt es:
„Petrus hat als erster den Glauben an Christus bekannt und aus
Israels heiligem Rest die erste Kirche gesammelt. Paulus empfing die
Berufung zum Lehrer der Heiden.“ – Also nicht nur unterschiedliche
Herkunft, sondern auch je eigene Sendung und apostolischer Auftrag.
Petrus und Paulus
repräsentieren die Kirche der Anfänge, die um ihre Identität und
Ausrichtung ringt. Das war spannend, aber auch spannungsvoll. Das ging
nicht immer ohne Auseinandersetzung und Sich-Zusammenraufen ab.
Konfliktfelder gab es mehrere. Da war z.B. die Frage, ob
nichtjüdische Christen („Heiden“) sich dem jüdischen Gesetz unterziehen
müssen.
Die
beiden Apostel zeigen, dass die Kirche Unterschiede, ja Gegensätze
aushält.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Petrus und Paulus
sind starke, zielstrebige Männer. Beide sind Führungspersönlichkeiten.
Petrus
folgte Jesus ohne Umschweife und wurde Anführer der Zwölf.
Paulus
seinerseits verteidigte leidenschaftlich den jüdischen Glauben, was ihn
dazu brachte, die Christen zu verfolgen.
Beide
waren Eiferer für die Sache des Glaubens.
Doch sie sind auch gefallene Männer.
Sie erlebten das Scheitern ihrer Vorstellungen und Absichten. Und das
führte bei beiden zu einem Bruch in ihrem Leben.
Für Petrus
war es die dreimalige Verleugnung Jesu nach dessen Gefangennahme. Für
Paulus die Christusbegegnung vor den Toren von Damaskus, die ihn
„vom hohen Ross“ herunterholte.
Beide erkannten,
dass sie auf die Zuwendung Gottes angewiesen sind.
An die
Stelle des zwanghaften Strebens nach Erfolg trat die Freiheit der
unverdienten Güte Gottes, anstelle des Herrschens das Dienen.
Mit Blick
auf diese Erfahrungen betet die Kirche im Gabengebet der Festtagsmesse:
„Wenn wir auf unsere eigene Leistung schauen und den Mut verlieren,
dann lass uns auf dein Erbarmen hoffen, das sich an den Aposteln
machtvoll erwiesen hat.“
Für beide
begann ein neues Leben auf dem Fundament der Gnade und Liebe Gottes, das
sie auf je eigene Art zu „Säulen der Kirche“ werden ließ. „Auf
verschieden Weise dienten beide Apostel der einen Kirche, gemeinsam
empfingen sie die Krone des Lebens“ heißt es in der
Festtagspräfation.
Ihr Weg
des selbstlosen Dienens endete für beide am selben Ort, in Rom. Um das
Jahr 67 erlitten Petrus und Paulus den gewaltsamen Tod wegen ihres
Glaubens an Jesus. Petrus starb wie Jesus am Kreuz, Paulus durch das
Schwert.
Obschon
sie kaum am gleichen Tag gestorben sind, wird ihr Gedächtnis seit der
Mitte des dritten Jahrhunderts am gleichen Tag begangen. Und das ist gut
so. Bei aller Verschiedenheit und Gegensätzlichkeit, sind beide doch in
der Ausrichtung auf Jesus Christus und das Evangelium eins und gehören
zusammen.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Bleisiegel
der frühen Kirche sowie unzählige Ikonen in späteren Jahrhunderten
zeigen die Charakterköpfe von Petrus und Paulus nebeneinander, manchmal
auch einander zugewandt. Es kommt vor, dass über den Häuptern der beiden
die segnende Hand Jesu zu sehen ist oder auch seine Arme, die er über
beide ausbreitet.
Petrus und Paulus
haben verstanden, dass weder der eine noch der andere der allein
maßgebende und alles ist, sondern der Herr. Sie haben gewusst, dass sie
SEINE Werkzeuge sind, SEINE Boten, dass es nicht um sie geht, sondern um
IHN. Und dass sie durch SEINE Gnade sind, was sie sind. SEINE Gnade, die
in beiden wirksam und fruchtbar geworden ist. SEINE Gnade, die beide
verwandelt hat.
In einer Predigt
am Fest Peter und Paul hat Papst Franziskus diesen Aspekt betont. Er
sagte: „Beide waren große Sünder. Beide haben aber auch die Liebe
Gottes angenommen und sich von der Barmherzigkeit Gottes verwandeln
lassen.“
Liebe
Schwestern und Brüder!
Mir sind
Petrus und Paulus sehr sympathisch. Es sind Menschen aus Fleisch und
Blut, mit Licht und Schatten, Irrwegen und Abwegen, Versagen und Schuld,
Schwächen und Fehlern. Aber auch mit Reue und Umkehr, Aufbruch und
Wagnis, Tatkraft und Einsatzfreude. Mit einem Wort: „sündige Heilige“.
Petrus:
Wie tief ist er gefallen! Wie schmählich hat er versagt! Wie sehr hat er
aber auch bereut! Wie leidenschaftlich hat er Christus geliebt! Wie sehr
sich eingesetzt! Wie begeistert und überzeugend gepredigt!
Und Paulus:
Mit welch tödlichem Hass hat er die Christen verfolgt! Und wie hat er
sich bekehrt! Nach seinem Damaskuserlebnis war er wie umgewandelt. Alles
nahm er jetzt auf sich. Nichts war ihm zuviel, um für Jesus und seine
Botschaft Zeugnis abzulegen.
Liebe
Mitchristen!
Petrus und Paulus
machen mir Mut, ja zu sagen auch zur Kirche in unserer Zeit, die
gleichzeitig sündig und heilig ist. Mehr noch: Petrus und Paulus
ermutigen mich, nicht aus der Kirche auszutreten, sondern weiterhin und
trotz allen Missständen und Skandalen in der Kirche aufzutreten und mit
meinen eigenen Begrenztheiten, Schwächen und Sünden im Namen Jesu seine
Botschaft zu verkünden. Petrus und Paulus ermutigen mich zu einem
ganzherzigen und entschiedenen Leben aus dem Glauben. |