Jeder der beiden
Apostel ist ein Programm:
der eine
steht für Autorität und Amt,
der andere
für Individualität und Freiheit.
Petrus
mehr für Tradition, für Hüten und Bewahren,
Paulus
für Innovation und Aufbruch.
Peter und Paul:
Vielleicht gibt es keine größeren Gegensätze.
Und doch gehören beide zusammen.
Die Präfation des heutigen
Festtages sagt es treffend:
„Auf verschiedene Weise dienten beide Apostel
der einen Kirche, gemeinsam empfingen sie die Krone des Lebens.“
Petrus
war Fischer, bodenstämmig, ein Mann aus dem Volk, nüchtern und
begeisterungsfähig zugleich.
Paulus
war ein gewandter Weltmensch, Pharisäerschüler, Schriftgelehrter,
hochintelligent.
Petrus war verheiratet;
Paulus lebte ehelos.
Petrus
ist einer der Erstberufenen, Paulus ein Spätberufener.
Dem einen
genügt der schlichte Ruf: „Komm und folge mir!“
Den anderen
muss die Stimme des Auferstandenen wie ein Blitzstrahl treffen und aus
dem Sattel des Pferdes holen.
Aus Simon
wird nach einem großartigen Messiasbekenntnis der Felsmann Petrus. – Aus Saulus wird nach dem Damaskuserlebnis der Völkerapostel Paulus.
Obwohl
aus verschiedenem Holz geschnitzt werden ihre Namen in einem Atemzug
genannt. Zur Kirche Christi gehören beide.
Beide
waren persönlich keine Freunde. Sie gingen nicht Arm in Arm auf
Missionsreise. Und doch bezeugen beide Christus und beide setzten
sich leidenschaftlich für das Evangelium ein.
Petrus und Paulus
waren nicht immer einer Meinung. Das Verhältnis der beiden zueinander
war nicht immer spannungsfrei.
An vielen Stellen im Neuen Testament
werden die Streitfragen unverhohlen beim Namen genannt. Besonders in
einer Sache gerieten sie ernsthaft aneinander. Aber sie gingen fair
miteinander um. Sie verketzerten sich nicht gegenseitig. Sie lösten die
Probleme, indem sie offen miteinander redeten und fanden so immer wieder
zusammen.
Liebe Schwestern und Brüder!
Die Kirche
braucht den Felsen Petrus. Sie braucht Festigkeit. Sie braucht Treue zum
Überlieferten. Sie braucht aber auch Bischöfe und Theologen vom Format
des Paulus, die nach vorne denken, heiße Eisen anfassen, Verkrustungen
aufbrechen, damit die Botschaft vom Reich Gottes nicht zum Museum wird,
sondern lebendig bleibt und die Menschen auch heute erreicht.
Petrus und Paulus:
Beide
waren mit Leib und Seele Apostel, Gesandte Jesu Christi. Beide
waren durchdrungen von ein und derselben Liebe zu Jesus. Beide
waren erfüllt von einer großen und glühenden Leidenschaft für ihren
gekreuzigten und auferstandenen Herrn.
Beide
setzten sich mit allen Fasern des Herzens für Christus und die
Ausbreitung des Glaubens ein.
Für Christus
und die Verkündigung des Evangeliums war beiden Aposteln nichts zu viel.
Dafür haben sie alles geopfert und dran gegeben. Sie haben eine
unwahrscheinliche Tatkraft und Einsatzfreude entwickelt.
Menschen für Christus zu gewinnen,
Menschen zum Glauben zu bringen, dafür haben sie keine Mühen gescheut.
Das haben sie sich ganz, ganz viel kosten lassen. Dafür haben sie eine
Unmenge Strapazen auf sich genommen, Misshandlungen ertragen,
Verfolgung, Folter, Kerkerhaft.
Kein Wunder,
dass beide Apostel später in Rom das Zeugnis ihres Glaubens mit dem
Märtyrertod besiegelten.
Kein Wunder,
dass schon auf den Bleisiegeln der Urkirche die Charakterköpfe der
beiden nebeneinander erscheinen, genauso wie ihre Namen an den Wänden
der Katakomben zu lesen sind:
Wer
Petrus und Paulus trennen will, wer nur das Amt oder nur das
Charisma gelten lässt, der spaltet notgedrungen die eine Kirche Jesu
Christi, von der der Herr selbst wollte, dass sie eins sei.
Wir
dürfen uns nicht dem Zeitgeist anpassen und die Wahrheit dem Geschmack
der Stunde opfern. Sonst verliert die Kirche ihr Profil. – Wir
brauchen aber auch nicht zuviel Angst zu haben, uns zu öffnen, die
Zeichen der Zeit zu erkennen, unnötigen Ballast abzuwerfen und neue Wege
zu beschreiten.
Die Kirche
muss begründet sein auf dem Felsen Petrus und gleichzeitig ihren Auftrag
erfüllen mit dem Missionsgeist und dem Sendungsbewusstsein des Paulus.
Liebe Schwestern und Brüder!
Das Leben
dieser beiden Apostel, ihr voller Einsatz, ihre ganzherzige Hingabe
stellt Fragen an uns, die wir heute ihr Fest feiern. Und es stellt uns
vielleicht auch in Frage:
Wie konsequent und zielstrebig leben wir
unser Christsein?
Was lassen wir es uns kosten? Ist uns
nicht manchmal alles zu viel? Wie lustlos, mittelmäßig und oberflächlich
sind wir oft, wenn es um Gott, um das Gebet, um unser Christsein im
Alltag geht?
Die beiden Apostel,
Petrus und Paulus, können uns wieder ermuntern und anspornen zu
einem intensiven, entschiedenen Leben aus dem Glauben, zu einem
bewussten, evangeliumsgemäßen Leben.
Es ist gut, dass Petrus und Paulus nicht
vergessen sind.
Es ist gut, dass wir heute ihr Fest
feiern. |