Für die meisten Heiligen gibt es nur
einen Tag im Heiligenkalender.
Nur wenige Heilige haben mehrere
Gedenktage oder Feste. Einer davon ist Paulus.
Die Kirche feiert sein Fest zusammen mit
dem Apostel Petrus am 29. Juni.
Heute gedenkt sie an einem eigenen
Festtag zusätzlich auch noch seiner Bekehrung.
Paulus Bekehrung
war für die junge Kirche ein einschneidendes Ereignis.
Es war für die ersten Christen von so
großer Bedeutung, dass die Apostelgeschichte gleich dreimal davon
berichtet.
Vor Damaskus hat Paulus eine Erscheinung.
Er begegnet Christus, dem Auferstandenen.
Und diese Begegnung wirft ihn total aus
der Bahn. Es handelt sich um eine völlige Wende.
Sein Leben bekommt eine ganz neue
Richtung.
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Aus Saulus wird Paulus,
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aus dem Verfolger ein Nachfolger,
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aus dem Christenhasser ein leidenschaftlich
Christusliebender.
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Aus dem Bekämpfer des christlichen Glaubens wird ein
eifriger Verfechter.
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Aus dem Christenfresser ein glühender Apostel, ein
begeisterter Verkünder des Evangeliums, der große Missionar, der
Lehrer der Heiden.
Ohne Paulus wäre das Christentum
vermutlich eine jüdische Sekte geblieben.
Doch wer war dieser Mann?
Saulus stammte aus Tarsus,
in der heutigen Türkei. Von Beruf war er Zeltmacher.
Gleichzeitig war er aber
auch hoch intelligent und bestens gebildet.
Sein theologischer Lehrer
war der berühmte Rabbi Gamaliel, damals die erste Adresse für
Schriftgelehrte und Pharisäer.
Saulus war ein frommer und
eifriger Jude. Jahwe und seine Forderungen nahm er sehr ernst.
Als Jude hielt er
allerdings die christliche Lehre für gotteslästerlich und unannehmbar.
Einen gekreuzigten Messias
konnte er sich absolut nicht vorstellen.
Er verabscheute die
Christen. In seinen Augen waren sie Abweichler vom wahren Glauben,
eine gefährliche Sekte,
die es – koste es, was es wolle –, auszurotten galt.
So wurde Paulus ein
erbitterter Feind der Christen. Er bekämpfte den „neuen Weg“ mit
allen Mitteln.
Wo er konnte, verfolgte er
die Christen, sogar bis Damaskus.
Sein
Damaskuserlebnis und seine Bekehrung vom Saulus zu Paulus sind
sprichwörtlich geworden.
Was war geschehen?
Vor Damaskus stürzt Paulus
am helllichten Mittag von einem Licht geblendet zu Boden. Er hört eine
Stimme, die ihn anspricht.
Es ist die Stimme
Christi, die ihn zur Rede stellt: „Saulus,
Saulus, warum verfolgst du mich?“
Eigenartig, eigentlich
verfolgt er ja die Christen. Er verfolgt die junge Kirche.
Und doch die Frage: „Warum verfolgst du mich?“
Liebe Schwestern und Brüder!
Hier sehen wir, dass sich
Jesus mit denen, die an ihn glauben, identifiziert.
Paulus fragt: „Wer bist
du, Herr?“ Die Antwort: „Ich bin Jesus, den du verfolgst!“
Auch hier wieder die
Identifikation des Herrn mit den Glaubenden, mit dem Volk Gottes, mit
der Kirche.
Da können wir uns fragen:
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Was für ein Bild habe
ich von der Kirche? Nur Institution, nur Amtskirche, die man nach
Belieben kritisiert?
-
Weiß ich mit Paulus,
dass die Kirche der „geheimnisvolle Leib Christi“ ist,
Zeichen und Werkzeug für das heilende Handeln Gottes, das „Sakrament des Heiles“ für alle Menschen?
-
Glaube ich, dass
Christus in der Kirche weiterlebt und durch die Zeit schreitet, bis
er wiederkommt am Ende der Zeit?
Liebe Schwestern und
Brüder!
In vielen Meisterwerken der Kunst ist das
Damaskusereignis dargestellt worden.
Und meistens ist auch ein Pferd mit
abgebildet, obwohl die Bibel davon nichts berichtet.
Saulus stürzte demnach vom hohen Ross,
was ebenfalls sprichwörtlich gewordenen ist.
Und gerade dieses niederschmetternde
Erlebnis wird für ihn zur maßgeblichen Begegnung mit Jesus Christus,
ja, sie wird für ihn zur
Auferstehungserfahrung.
Paulus hat darum auch keine Scheu, sich
als Auferstehungszeuge zu den Aposteln zu zählen.
Freilich weiß er und schreibt er:
„Zuletzt von allen
erschien er auch mir, dem Unerwarteten, der Missgeburt“ (1 Kor.
15, 8).
Sein Leben lang bekennt Paulus immer
wieder:
„Durch die Gnade Gottes bin ich, was ich bin.“
Die Begegnung mit Jesus vor den Toren von
Damaskus und die damit verbundene Umkehr und Berufung zum Apostel,
blieb für ihn ein unbegreifliches
Geheimnis, das Geschenk seines Lebens.
Nach dem Damaskusereignis ist Paulus
tagelang blind. Er tappt im Dunkeln und muss sich führen lassen.
-
Ob nicht auch uns so eine Art Damaskuserlebnis
widerfahren müsste, ein Aufgerütteltwerden, ein heilsames
Erschrecken?
-
Ob wir es nicht vielleicht auch manchmal nötig
hätten, vom hohen Ross zu stürzen, auf dem wir erhaben und
selbstherrlich sitzen?
-
Ob nicht auch uns die Stimme Gottes ansprechen und
ins Gewissen reden müsste, dass wir erkennen, was die Stunde
geschlagen hat, dass wir erkennen, wo wir falsch liegen, dass wir
erkennen, wo wir die Richtung ändern müssen, damit unsere
Selbstgefälligkeit und Selbstgerechtigkeit verstummt und unser Stolz
sich in Demut wandelt?
Sehen Sie, liebe Mitchristen!
Für Paulus wurden in der Begegnung mit
dem auferstandenen Herrn alle Gewissheiten zerstört.
Er musste lernen, die selbstherrlichen
Wege zu verlassen und den Weg Jesu zu gehen.
Er musste lernen, die eigenmächtigen
Gedanken aufzugeben und die Gedanken Jesu zu denken.
Er musste lernen, die ichbezogenen Ziele
loszulassen und die Ziele Jesu zu verfolgen.
Liebe Schwestern und Brüder!
Bei seinem Bekehrungserlebnis vor
Damaskus stellt Paulus eine wichtige Frage und vielleicht auch die
einzig richtige Frage:
„Herr, was soll ich tun?“
Ob das nicht auch die
Frage ist für Sie und für mich, wenn wir im Dunklen tappen, wenn wir auf
dem Holzweg sind, wenn es uns den Boden unter den Füßen wegzieht, wenn
ein Schicksalsschlag uns aus der Bahn wirft, wenn wir in Krise geraten,
wenn wir in Unsicherheit und Angst leben? „Herr, was soll ich tun?“
Dann ist es heilsam und
gut, wenn auch wir uns an der Hand nehmen lassen,
uns die Augen öffnen und
uns neu in Dienst nehmen lassen.
Liebe Mitchristen!
Die Bekehrung des hl.
Paulus zeigt uns, dass Bekehrung und Neuanfang immer möglich ist.
Es gibt keine Verirrung
und keine Verwirrung, es gibt kein Dunkel und keine Schuld,
die nicht von der Liebe
Gottes überwältigt und heimgeholt werde könnten.
Die Bekehrung des heiligen
Paulus zeigt uns auch,
dass der Herr uns brauchen
und in Dienst nehmen kann,
dass wir seine Zeugen
werden können trotz vielleicht dieses oder jenes schwarzen Fleckes in
unserem Leben,
trotz dieser oder jener
gar nicht rühmlichen Vorgeschichte.
Selbst nach seiner
Bekehrung war Paulus noch kein Engel.
Er war längst nicht
perfekt – weder charakterlich noch gesundheitlich.
Er selbst wusste darum.
Einmal klagt er über die in ihm wohnende Sünde und bekennt:
„Ich begreife
mein Handeln nicht. Ich tue nicht das, was ich will, sondern das, was
ich nicht will.“
Eindrucksvoll erkennt und
bekennt er aber auch, dass sich gerade auch in den Schwächen Gottes
Kraft und Gottes Gnade mächtig erweist.
Die Bekehrung des hl.
Paulus zeigt uns außerdem, dass es nie zu spät ist, sich zu Christus
hinzuwenden und sich von seinem Geist ergreifen zu lassen.
Ja, Umkehr, Neuanfang ist
ein Leben lang notwendig. Alles andere wäre Stillstand oder Rückschritt.
Wie die Kirche selbst, so
bedürfen auch wir immer wieder der Erneuerung, wenn wir nicht erkalten
und erlahmen wollen,
wenn wir nicht auf der
Stelle treten oder sogar zurückfallen wollen.
Gott schenkt uns immer
wieder neue Anfänge. Jeder Tag ist ein neuer Anfang!
Fangen wir nie an
aufzuhören!
Und hören wir nie
auf anzufangen! |