Wer kennt ihn nicht, den
heiligen Nikolaus?
Er ist ein Phänomen,
dieser Mann!
Kaum ein Heiliger ist so
populär und beliebt wie er.
Sein Bild
begegnet uns oft in diesen Tagen, aus Schokolade oder Marzipan, in Schaufenstern
und an
Häuserwänden. Er kommt mit einem Sack süßer Sachen in die Familien
und in den Kindergarten, zu Nikolausfeiern in Frauenkreisen, Altersheimen und
Seniorenclubs.
Man begegnet ihm in den vorweihnachtlichen Einkaufstraßen
unserer Städte und vor den großen Warenhäusern. Leider oft zum vertrottelten
Weihnachtsmann verkommen, der mit unserem heutigen Tagesheiligen nicht mehr viel
zu tun hat.
Nikolaus ist einer der meist verehrten Heiligen in Ost und
West. Zahllose Kirchen tragen seinen Namen. In der ganzen Welt ist er bekannt. -
Er ist ein Phänomen, dieser Mann.
Und doch weiß man kaum etwas über sein Leben.
Eigentlich nur, dass er im
4. Jahrhundert. in Myra / Kleinasien Bischof war. Ein einziges geschriebenes
Wort ist von ihm überliefert:
seine Unterschrift beim Konzil von
Nizäa im Jahr 325.
Auf dieser ersten großen
Bischofsversammlung wurde die Irrlehre des Arius verworfen. Der Arianismus
leugnete die Gottessohnschaft Jesu.
Nikolaus verteidigte
vehement die Wesensgleichheit der drei göttlichen Personen und unterschrieb
jenes Glaubensbekenntnis, das wir das Große nennen und das alle christlichen
Konfessionen heute noch gemeinsam beten.
Auch wenn wir - geschichtlich gesehen - nur wenig von
Nikolaus wissen, so ist er doch ein ganz volkstümlicher Heiliger.
Der Mangel an sicheren Nachrichten wird wett gemacht durch
einen reichen Kranz von Legenden, die sich um seine Gestalt ranken. Sie
schmücken sein Bild wie ein wertvoller Rahmen.
In allen zeigt sich
Nikolaus als ein Freund der Menschen.
Seine Güte und Hilfsbereitschaft: das ist es, was
unvergessen geblieben ist bis heute.
Als ich einmal bei einer
Nikolausfeier ein kleines Mädchen fragte, wer der heilige Nikolaus war, da sagte es
vor allen Leuten. „Nikolaus war ein guter Mann!“ Ganz einfach! Und goldrichtig!
Den Nagel auf den Kopf getroffen!
Die Güte des heiligen Nikolaus hat sich in zahlreichen Legenden
niedergeschlagen. Alle variieren im Grunde genommen nur dieses eine Thema: Nikolaus war ein guter Mann.
Daran haben sich die Menschen erinnert.
Und darüber haben sie Geschichten erzählt,
Z.
B die von den drei Töchtern eines Edelmannes,
der Witwer war und durch einen Schicksalsschlag völlig verarmte.
Dass er für die Hochzeit
seiner Töchter nicht die nötige Aussteuer aufbringen konnte, brach dem vornehmen
Mann fast das Herz. In seiner Not überlegte er sogar, seine Kinder der
Prostitution preiszugeben. Da packte Nikolaus, der von der Absicht des
Vaters erfuhr, eines Nachts drei Goldstücke und warf sie, eingewickelt in ein
Tuch, unbemerkt in sein Haus. Und seine drei Töchter konnten heiraten und
blieben so von einem schweren Schicksal verschont.
In Konstantinopel, so weiß eine andere Legende,
wurden einmal drei Offiziere bei Kaiser Konstantin unschuldig wegen Hochverrats
angeklagt. Sie wurden in einen Turm gesperrt und warteten dort auf ihren Henker.
Da riefen sie zu Gott, er möge ihnen den heiligen Nikolaus zu
Hilfe senden.
Dieser erschien dem Kaiser
im Traum und redete ihm kräftig ins Gewissen. Darauf ließ der Kaiser die
drei Unschuldigen frei.
Weiterhin wird erzählt, dass Nikolaus in Seenot geratenen
Schiffern zu Hilfe kam und sogar drei ermordete Schüler wieder zum Leben
erweckte.
Eine andere Geschichte handelt von einer Hungersnot, die
der Stadt Myra bevorstand und die der Bischof Nikolaus abwendete.
Und das geschah so: Ein Schiff beladen mit Getreide war
unterwegs von Ägypten nach Konstantinopel. Im Hafen von Myra weigerte sich der
Kapitän, auch nur ein Korn abzugeben. Nikolaus brachte es trotzdem
fertig, das Schiff zum Teil entladen zu lassen. Das finde ich ganz schön mutig
und kühn.
Und das Wunderbare: als der Kapitän Konstantinopel
erreichte – voller Angst vor dem Kaiser, für den das Getreide bestimmt war – da
fehlte nichts von der ursprünglichen Ladung. Myra aber war über Wochen hinweg
versorgt.
Nikolaus erwies sich als Retter in der Not. Das hat ihm
groß Zuneigung eingebracht.
Zahllos sind die Wundererzählungen über Bischof Nikolaus.
Übrigens, in keiner Nikolauserzählung kommt Knecht
Ruprecht vor, der die bösen Kinder in den Sack steckt oder mit einer Rute
straft. In keiner geht es um Bestrafung, sondern immer um Rettung und
Befreiung. Wie es auch Gott in der Erlösungstat Jesu Christi nur um Rettung und
Befreiung geht. Und nichts anderes.
Ich finde es schade, dass der heilige Nikolaus da und dort zum
Kinderschreck geworden ist. Der heilige Nikolaus will nicht Angst machen, sondern
Freude.
Der heilige Nikolaus ist ein lebendiger Hinweis auf Gott. Er
kann uns die Liebe Gottes zu uns Menschen vergegenwärtigen.
In allen Legenden steht seine tatkräftige und selbstlose
Nächstenliebe im Mittelpunkt, sein Mitfühlen mit den Notleidenden und Armen,
seine Gebefreudigkeit, seine Hilfsbereitschaft, seine Großherzigkeit.
Ja, Nikolaus hatte – wie Jesus selbst - ein liebevolles
Herz für die ihm Anvertrauten, besonders für die Armen, die Hungernden und die
Kranken.
Im heiligen Nikolaus sehen wir das Idealbild eines von Gott
ganz und gar geprägten und vom Evangelium inspirierten Menschen.
Heute sein Fest feiern, das heißt, sich berühren lassen
vom Geist des Evangeliums, sich durchdringen lassen von der Gesinnung Jesu.
Heute sein Fest feiern, das heißt, sich entzünden und
anstecken lassen von der Liebe, die den heiligen Nikolaus erfüllt hat.
Nikolaus hat ernst gemacht mit der Liebe.
Danach
werden wir einmal gefragt am Ende unseres Lebens, nach der Liebe.
Viele reden davon.
Liebe ist aber nicht nur ein Wort. Liebe, das sind Worte und Taten.
Was zählt ist die konkrete, praktische Liebe.
Der heilige Nikolaus zeigt uns auch heute noch, worauf es
ankommt.
Das müssen gar keine großen und spektakulären Dinge sein,
ein Zuhören, ein freundlicher Gruß, ein Händedruck, eine liebevolle Umarmung,
ein Krankenbesuch, Zeit haben. Zeit haben ist meines Erachtens heute eines der
wichtigsten Werke der Barmherzigkeit.
Von Alfred Delp stammt das Wort: „Wenn
durch einen Menschen ein wenig mehr Liebe und Güte, ein wenig mehr Licht und
Wahrheit in der Welt war, dann hat sein Leben einen Sinn gehabt.“
Der heilige Nikolaus mahnt uns,
nach dem Hauptgebot unseres Herrn zu leben in Gottesliebe und Nächstenliebe. Dies ist eine ganz wichtige Weisung auf unserem Lebensweg, wenn nicht sogar
die wichtigste. Denn das ist das größte Gebot.
Ich finde, es passt gut,
dass das Fest des heiligen Nikolaus im Advent gefeiert wird. Denn Nikolaus ist
eine wahrhaft adventliche Gestalt. In ihm wird, meine ich, etwas deutlich vom
Advent Gottes, vom Kommen Gottes in unsere Welt.
Nikolaus
ist gleichsam ein Vorbote des Christkindes.
An Weihnachten werden wir hören: „Erschienen ist die Güte und Menschenfreudlichkeit Gottes“.
Etwas davon hat der heilige Nikolaus gelebt und sichtbar gemacht. Durch ihn
haben die Menschen heilsam und segensreich die Güte und Menschenfreundlichkeit
Gottes erfahren.
Güte und Menschenfreundlichkeit
zu leben und sichtbar zu machen ist Auftrag und Sendung auch für jeden von uns,
wenn wir unser Leben evangeliumsgemäß gestalten wollen, wenn wir
nicht nur Christen heißen, sondern es sein wollen.
Auch unser Leben soll Zeugnis für die Liebe und Güte Gottes sein. Dann strahlt auch
durch uns – wie durch den heiligen Nikolaus - Gottes Bild in dieser Welt auf. Dann
sind wir, was wir sein sollen: Stadt auf dem Berge, Salz der Erde, Licht der
Welt. |