Die meisten
Menschen kennen ihn – den geflügelten venezianischen Löwen von San
Marco, ebenso den weltberühmten Markusdom von Venedig.
Die
Evangelistensymbole
tauchen bereits beim Propheten Hesekiel auf. In der Offenbarung des
Johannes (4, 7) werden sie aufgeführt als Wesen, die dem Thron Gottes
nahestehen.
Im 5. Jahrhundert werden
sie von Kirchenvätern den Evangelisten zugeordnet.
Der Löwe – in Märchen und Mythen der König der Tiere und Ausdruck von
Macht und Stärke – wurde vom heiligen Hieronymus dem Evangelisten Markus
zugeteilt. Der Grund: sein Evangelium beginnt mit Johannes der Täufer,
der Stimme des Rufers in der Wüste.
Wer war Markus?
Was wissen wir von ihm?
Johannes Markus
– so sein vollständiger Geburtsname – war ein Jude, der sich zum
Christentum bekehrte. Nach der Apostelgeschichte handelt es sich bei ihm
um den Sohn jener Maria, in deren Haus sich die Urgemeinde in Jerusalem
versammelte. Nach der Überlieferung ist dies auch der Ort des letzten
Abendmahles.
Markus
gehörte zur Jerusalemer Urgemeinde. Er hat die Klagen gehört, wenn
Christen verfolgt und getötet wurden wie der heilige Stephanus. Er hat
die Freude gespürt, wenn Menschen durch den Glauben an Leib und Seele
gesundeten. Er hat erlebt, wie die junge christliche Gemeinde der Zahl
nach wuchs, aber auch zunahm an christlichem Geist und missionarischem
Eifer.
Und eines Tages
wird es ihn selbst gedrängt haben, den christlichen Glauben zu verkünden
und zu bezeugen. So wurde er selbst ausgesandt und ist hinausgezogen als
Bote Jesu Christi.
Markus
begleitete seinen Vetter Barnabas und Paulus auf ihrer ersten
Missionsreise. Diese ging zunächst nach Antiochien, dann nach Zypern und
von da nach Kleinasien. In Perge in Pamphylien trennte sich Markus
jedoch von Barnabas und Paulus und kehrte allein nach Jerusalem zurück
(Apg 13, 13). Es scheint, dass er den Mut verloren hatte.
Auf seine zweite
Missionsreise wollte Paulus den Markus nicht mehr mitnehmen. Es kam
deswegen zu einem ernsten Zerwürfnis zwischen Paulus und Barnabas, so
dass sie getrennte Wege gingen. Barnabas nahm Markus mit und segelte
nach Zypern. Paulus wählte sich Silas und reiste mit diesem durch Syrien
und Sizilien (Apg 36 - 41).
Schließlich
versöhnten sich Markus und Paulus wieder. Markus wurde beauftragt den
Brief des Paulus an die Kolosser (Kol 4, 10) zu überbringen. Vor seinem
Tod (um das Jahr 64) bat Paulus Markus, ihn zu besuchen.
Ein herzliches
Verhältnis verband Markus mit dem Apostel Petrus. Vermutlich hat Markus
Petrus seine Bekehrung zu verdanken. Es kann sein, dass er ihn auch
getauft hat, weswegen ihn Petrus auch – wie wir heute in der Lesung
gehört haben - als „Sohn“ bezeichnet.
Markus
begleitete Petrus nach Rom und war auch in Rom sein Begleiter. Er war so
etwa wie der persönliche Referent, Sekretär und Dolmetscher des heiligen
Petrus. Er hat die von Petrus auf aramäisch gehaltenen Katechesen und
Predigten in die damalige Weltsprache, ins Griechische, übersetzt.
Petrus-Predigten und
Petrus-Erinnerungen
sind auch in das von Markus geschriebene Evangelium eingeflossen und
dort verarbeitet. So gesehen spricht vieles dafür, dass wir nicht nur in
den Petrusbriefen, sondern auch im Markusevangelium den Originalton des
heiligen Petrus haben und sozusagen seine Worte und seine Verkündigung hören.
Markus
hat das erste Evangelium geschrieben, auch wenn es in den Ausgaben des
Neuen Testaments erst an zweiter Stelle steht.
Die
Bibelwissenschaft sagt uns, dass Markus es wohl um 65 n. Chr.
niedergeschrieben hat, vermutlich nach dem Tod des heiligen Petrus, auf jeden
Fall vor der Zerstörung Jerusalems (70 n. Chr.).
Ob Markus Jesus
selbst noch gekannt hat, ist ungewiss.
Manche Exegeten vermuten, dass Markus zumindest Augenzeuge des letzten
Teils des Lebens Jesu gewesen sein könnte.
Mitten im Bericht
über die Leidensgeschichte wird nämlich im Markusevangelium – und nur
bei ihm – ein junger Mann erwähnt, der für die Ereignisse ohne Belang
ist, in dem aber der Verfasser des Evangeliums einen versteckten Hinweis
auf sich selbst hinterlassen haben könnte. Es heißt dort: „Da
verließen ihn alle und flohen. Ein junger Mann aber, der nur mit einem
leinenen Tuch bekleidet war, wollte ihm nachgehen. Da packten sie ihn;
er aber ließ das Tuch fallen und lief nackt davon“ (Mk 14, 50f.).
Doch wie ging es mit
dem Leben und Wirken des heiligen Markus weiter? Und wie ging es zu Ende?
Markus ging nach
Ägypten. Zunächst predigte er auf dem Land und in kleinen Städten. Seine
Arbeit wurde mit sehr reichen Früchten gesegnet. Durch seine Belehrungen
und die Wunder, die geschahen, ließen sich viele zum christlichen
Glauben bekehren.
Dann ging Markus –
durch eine Vision dazu aufgefordert – nach Alexandria, die Hauptstadt
von Ägypten, um auch den Menschen dort die Frohe Botschaft zu bringen.
Alexandria war damals nach Rom die größte und wichtigste Stadt
des römischen Reiches.
Bei
seiner Ankunft
ereignete sich – der Legende zufolge – etwas, das Markus ein gutes
Vorzeichen für sein missionarisches Wirken in dieser großen Stadt zu
sein schien. Er hatte einen kaputten Schuh und gab ihn dem nächsten
Schuster, den er in der Vorstadt fand.
Dieser stach sich
bei der Arbeit mit der Ahle und schrie im augenblicklichen Schmerz: „Mein Gott!“
Der heidnische
Handwerker rief in diesem spontanen Ausruf nicht seine heidnischen
Gottheiten an, sondern den einen Gott.
Markus
ergriff sofort die Gelegenheit, dem Handwerksmann von diesem einen Gott
zu erzählen, nach dem dieser selbst gerufen hatte. Auch heilte er seine
Wunde im Namen Jesu Christi.
Daraufhin nötigte
der Schuster den heiligen Markus, bei ihm Herberge zu nehmen. Er ließ sich
und seine Familie noch genauer in der christlichen Lehre unterrichten,
nahm schließlich den Glauben an und ließ sich taufen.
Von da aus verbreitete
sich rasch das Christentum in Alexandria, so dass Markus als erster
Bischof der Stadt diese in mehrere Kirchengemeinden einteilte.
Übrigens hat der
heilige Markus in Alexandria nicht nur eine große Menge des Volkes zum
christlichen Glauben gebracht, sondern viele ergriffen auch alsbald den
Weg der engeren Nachfolge Christi, indem sie der Welt ganz entsagten und
ein jungfräuliches, heiliges Leben führten.
Allerdings
erwachte auch die Wut der übrigen Einwohner von Alexandria, die Heiden
geblieben waren, gegen ihn, so dass er sich entfernen musste, um sein
Leben zu retten.
Für eine Weile kehrte
Markus nach Rom zurück. Es wird gesagt, dass er zugegen war, als Petrus
und Paulus den Märtyrertod erlitten. Wahrscheinlich hat er dann auch
angefangen die mündlichen Überlieferungen über Jesu Leben, Leiden, Tod
und Auferstehung zu sammeln, zu sortieren und aufzuschreiben, die
Wundergeschichten, die Gleichniserzählungen, die Jüngerbelehrungen,
einzelne Worte Jesu und die Zeugnisse über die Passion.
Dann kehrte Markus
wieder nach Alexandria zurück. Zu seiner großen Freude fand er, dass die
Christen zugenommen hatten an Glauben und auch an Zahl.
An einem Tag, an
dem die Heiden das Fest eines ihrer Götter feierten und ihre Wut gegen
die Christen besonders entbrannt war, suchten sie Markus auf und fanden
ihn als er gerade die heilige Messe feierte.
Man ergriff ihn,
band ihm einen Strick um den Hals und schleppte ihn den ganzen Tag
umher, so dass der Boden und die Steine von seinem Blut gerötet wurden.
Er aber pries Gott und dankte, dass er würdig gefunden wurde, für seinen
Herrn und Heiland zu leiden. Am Abend warf man ihn endlich in einen
Kerker.
Am nächsten Morgen
wurde er in gleicher Weise umhergeschleift, bis er sein Leben aufgab.
Das war am 25. April 68.
Die Christen
bargen seine sterblichen Überreste und beerdigten ihn an einer Stelle,
an der später eine Kirche gebaut wurde.
Im
Jahre 828
sollen zwei venezianische Kaufleute die Gebeine des heiligen Markus in der
ägyptischen Stadt Alexandria gefunden, sie vor den Moslems in einem Korb
unter Schweinefleisch versteckt und auf abenteuerliche Weise nach
Venedig gebracht haben.
Über den Gebeinen wurde im Jahre 832 eine erste Kirche gebaut und ca.
150 Jahre später in der Zeit von 976 bis 1094 der Markusdom errichtet.
Der Löwe, das
Evangelistensymbol des heiligen Markus wurde das Wappentier der Lagunenstadt.
Heute noch prangt das Wappen der ehemaligen Republik Venedig auf
zahlreichen alten Festungen im Mittelmeerraum.
Zum
Schluss
sei noch erwähnt, dass Markus nicht nur der Erste war, der die mündlich
überlieferten Worte und Taten Jesu, sein Leben und Schicksal zu einem
abgerundeten schriftlichen Text zusammenfasste, als erster also ein
Jesus-Buch schrieb, sondern dass er auch der Erste war, der diese Sache,
dieses Werk, das, was er über Jesus Christus schreibt „Evangelium“
nannte, griechisch „Eu-angelion“, „gute Botschaft“. Markus
ist also gleichsam der Erfinder der literarischen Gattung „Evangelium“.
„Dies ist der Anfang
des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes“, mit diesem
Satz eröffnet Markus sein Werk. Er nennt also die Jesusüberlieferung
einfach „Frohe Botschaft“, eine Charakterisierung, die nicht
treffender sein könnte.
Liebe Mitchristen!
Die „gute Botschaft“
von Gottes endgültigem Heils- und Rettungswillen in Jesus Christus auch
heute weitersagen und weitertragen, das Evangelium zu allen Menschen
bringen, ist bleibende Aufgabe der Kirche. Das macht wesentlich ihre
Sendung auch in unserer Zeit aus.
Nicht umsonst lautet der
Eröffnungsvers der heiligen Messe am heutigen Festtag: „Geht hinaus in die
ganze Welt und verkündet der gesamten Schöpfung das Evangelium!"
Und in den Orationen der
Festmesse betet die Kirche heute: „Herr, unser Gott, du hast
den heiligen Markus auserwählt, durch das Wort des Evangeliums dein Heil
zu verkünden. Lass in deiner Kirche die Verkündigung des Evangeliums nie
verstummen.“
Zunächst aber,
liebe
Schwestern und Brüder,
ist es wichtig, dass wir selbst das Evangelium mit gläubigem Herzen
aufnehmen, unser Leben vom Geist der Frohen Botschaft durchdringen und
verwandeln lassen, Jesus Christus in Treue nachfolgen, uns zu ihm
bekennen und so seine Zeugen werden mit unserem ganzen Leben.
Mögen dann auch unsere
Gemeinden und Gemeinschaften mehr und mehr Orte werden, wo das
Evangelium gelebt und so Reich Gottes sichtbar wird, Stadt auf dem Berg,
Salz der Erde, Licht der Welt.
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