Der große französische
Philosoph Gabriel Marcel hat einmal gesagt:
„Einen Menschen lieben
heißt sagen: Du wirst nicht sterben.“
„Einen Menschen
lieben heißt sagen: Du wirst nicht sterben.“
Nicht wahr, eine
erstaunliche Aussage!
Aber auch eine, die, wie
es scheint, für unsere irdische Wirklichkeit doch wohl eine Nummer zu
groß ist, oder?
Menschliche Liebe mag das
dem anderen wünschen oder sogar für ihn wollen.
Aber alle menschliche
Liebe – und mag sie noch so groß sein – vermag nicht einzulösen, was sie
da wünscht und will.
Oder ahnt solche
menschliche Liebe doch etwas?
Ein Geheimnis, vor dem
sie zwar notwendig scheitern muss, das ihr aber doch unzerstörbar
eingeprägt ist.
Woher sonst hätte sie
denn diesen geheimen Wunsch, dieses Sehnen nach Unsterblichkeit für den
anderen, den man liebt?
Eine andere Frage: Was
mag geschehen, wenn Gott, der die Liebe ist und der den Menschen in
seiner unbegreiflichen Liebe ins Leben gerufen hat und der will, dass er
Leben habe für immer, was ist, wenn dieser Gott sagt: „Du wirst nicht sterben“?
Gott, der Herr ist über
Leben und Tod, überlässt den, den er liebt, nicht dem Tod!
Die Liebe siegt über den
Tod. „Stärker als der Tod ist die Liebe.“ (Hohelied)
Genau dies könnte die
Botschaft sein, die wir am Fest Mariä Himmelfahrt vernehmen dürfen:
Gott überlässt den
Menschen, den er liebt, nicht dem Tod.
So einfach wäre das
Festgeheimnis von Mariä Himmelfahrt, wenn es nicht auch manches
Kopfschütteln gäbe und die Verkündigung dieses Dogmas 1950 durch Papst
Pius XII. nicht auch Widerspruch ausgelöst hätte, und zwar nicht nur bei
Gläubigen anderer Konfessionen, sondern auch in katholischen Reihen.
Manche stoßen sich bis
heute an der Formulierung, dass Gott die Mutter Jesu nach ihrem
irdischen Dasein mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen hat.
Andere stoßen sich daran, dass da etwas zum Dogma erhoben wurde, von dem
kein einziges Wort in der Bibel steht.
Aber, liebe Schwestern
und Brüder, ich frage Sie:
Sollte Gott diejenige,
die er erwählt hat, Mutter seines Sohnes zu sein, der Vergänglichkeit
und damit dem Tod überlassen?
Sollte Gott diesen
Menschen nicht ganz, sozusagen mit Haut und Haar, mit Leib und Seele in
seine Liebe, in seine Herrlichkeit aufnehmen?
Sehen Sie: Was
menschliche Liebe für den anderen nur ersehnen kann, dass er nicht
sterben möge, das vermag die göttliche Liebe zu vollbringen, denn sie
allein ist unendlich und allmächtig. Und „für Gott ist nichts
unmöglich“.
Mich wundert es nicht,
dass Maria als Erste von allen Menschen vollen Anteil an der Vollendung
in der Herrlichkeit Gottes hat, sie, die „voll der Gnade“, an der
Gott schon im irdischen Leben Einmaliges, Großes und Wunderbares getan
hat.
Außerdem, liebe
Schwestern und Brüder: Die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel ist
Jahrhunderte alter Glaube der Christen und keineswegs ein Einfall oder
die komische Idee eines Papstes.
Von alters her war es
christlicher Glaube, was dann 1950 Pius XII. wohlüberlegt und auch aus
zeitgeschichtlichen Gründen noch einmal formuliert, definiert und
offiziell als Glaubensgut der Kirche bestätigt hat.
Übrigens: In der
Ostkirche feiert man schon seit 450 den „Heimgang“ Mariens. Und
für den Westen ist das Fest seit dem 7. Jahrhundert bezeugt.
Die Aufnahme Mariens in
den Himmel ist sogar das älteste Marienfest überhaupt.
Gewiss: In der Bibel ist
nichts über das heutige Festgeheimnis ausgesagt. Und doch hat es in der
heiligen Schrift seine Wurzeln.
Begründet ist der Glaube
in der Auferstehung Jesu.
In der Lesung sagt
Paulus: „Christus wurde als erster vom Tod ins Leben
gerufen. Ihm folgen alle, die zu ihm gehören.“
Wer gehört mehr zu
Christus als seine Mutter? Wer ist ihm inniger verbunden als die Frau,
die ihn in ihrem Schoß getragen, ihn geboren und ihn ein ganzes Leben
lang begleitet hat.
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„Selige Pforte war
sie dem Worte als es vom Throne der göttlichen Macht Gnade und
Rettung den Menschen gebracht.“
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Der heilige Franziskus
grüßt Maria in einem Gebet: „Sei gegrüßt, du sein Gezelt, sei
gegrüßt du sein Palast, sei gegrüßt, du seine Wohnung.“
-
In einem Marienlied
heißt es: „Du Gottes heiliges Zelt, in
deinem Schoß barg sich der Herr der Welt.“
-
Und im Evangelium
findet sich der spontane Ausruf einer Frau: „Selig der Leib, der
dich getragen…“
Das Einzigartige Mariens
besteht darin, dass sie eben nicht nur theoretisch, sondern physisch per
Schwangerschaft in der letzten Tiefe ihres Menschseins Gott begegnet
ist.
Von daher finde ich es
ganz logisch und konsequent, dass die Frau, durch die Gott Mensch wurde,
dass Maria, die Mutter Gottes, die Gottesgebärerin, ganz und ungeteilt,
mit Leib und Seele, von Gott angenommen, aufgenommen, hineingenommen
wurde in sein göttliches Leben.
Sie, die dem Gottessohn
eine würdige Wohnung auf Erden geben hat, sollte er sie nicht zu sich in
die himmlischen Wohnungen aufnehmen?
Sie, die ihr Fiat
gesprochen, ihr Jawort gegeben hat bei der Verkündigung, sie, die sich
bereitwillig und ohne Vorbehalt dem Plan Gottes zur Verfügung gestellt
hat, sie, die ganz Reine, Makellose, sie, das Urbild der Begnadeten,
sollte Gott sie nicht als Erste von allen Glaubenden in die ewige
Vollendung gerufen haben?
Sie, die den Weg ihres
Sohnes in Treue mitgegangen ist bis unter das Kreuz und auch im Tod noch
bei ihm war, wie sollte es anders sein, als dass er bei ihr war in ihrem
Tod und ihr die Herrlichkeit der Auferstehung schenkte?
Ich persönlich habe mit
der leiblichen Aufnahme Marien in den Himmel überhaupt kein Problem. Im
Gegenteil!
Dieses Glaubensgeheimnis
besagt ja auch, dass für Maria schon jetzt Wirklichkeit ist, was für
alle anderen Christen noch aussteht.
Sehen Sie: Was Maria
jetzt schon erfährt, das ist uns allen verheißen. Was sich an ihr schon
erfüllt hat, wird auch uns zuteil.
Was wir im heutigen Fest
feiern, hat Gott allen bereitet.
„Ihr Sohn, der Tod und
Grab besiegt, er lässt im Tod die Mutter nicht.“ Wie ihr, so schenkt er
auch uns ewiges Leben, Leben in Fülle, Leben in seinem Licht, Leben in
der Vollendung bei ihm.
Christus nimmt auch uns
hinein in seinen Ostersieg.
Der Tod ist nicht das
Ende des Lebens. Er ist nicht die endgültige Vernichtung des Lebens.
Stärker als der Tod ist die Liebe, das Leben.
Gott überlässt den
Menschen, den er liebt, nicht dem Tod.
Ja, der franzosische
Philosoph Gabriel Marcel hat vielleicht eine tiefe Ahnung ausgesprochen,
die schon in der menschlichen Liebe angelegt ist, wenn er sagt:
„Einen Menschen lieben
heißt sagen: Du wirst nicht sterben!“
Für Maria, so glauben
wir, ist das nicht mehr nur eine Ahnung, ein „Vielleicht“, ein
„Schauen wir mal“ oder „Es könnte sein“, sondern es ist für
sie Wirklichkeit geworden.
Maria ist das Bild des
österlichen Menschen.
„Mariä Himmelfahrt“
ist ein österliches Fest.
Es stärkt unsere
Hoffnung, dass Gott auch uns einmal die Vollendung schenken wird, die
Maria schon erfahren hat.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Schauen wir gläubig und
voll Freude auf zu Maria als dem Zeichen unseres Trostes und unserer
Hoffnung.
„Du, unser Hoffnung,
sei gegrüßt!“
Und bleiben wir auf dem
Weg, der hinführt zum Leben in Gottes Herrlichkeit.
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„Bitte für uns,
heilige Gottesmutter, dass wir würdig werden der Verheißungen Christi!“
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„Und zeige uns
Jesus, die gebenedeite Frucht deines Leibes! O gütige, o milde, o
süße Jungfrau Maria!“
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