Ein Rabbi überraschte
seine Schüler mit der Frage: „Wo wohnt Gott?“ Sie lachten und sagten:
„Die Welt ist doch voll von Gottes Herrlichkeit!“ Der Rabbi beantwortete
seine eigene Frage so: „Gott wohnt, wo man ihn einlässt!“ –
Wo wohnt Gott?
Jesus sagt heute im Evangelium:
„Wenn jemand mich liebt, wird er an
meinem Wort festhalten. Mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm
kommen und bei ihm wohnen.“
Wir, jede und jeder von uns, sind Wohnung
Gottes!
Gott in uns.
– Ein nie ganz zu fassendes Geheimnis.
Der
Apostel Paulus
spricht an verschiedenen Stellen seiner Briefe von diesem Geheimnis. In
der Lesung heute fragt er die Korinther: „Wisst
ihr nicht, dass ihr ein Tempel Gottes seid und dass Gottes Geist in euch
wohnt?“
Paulus erinnert die Gemeindemitglieder an
das, was sie zutiefst sind: Tempel Gottes, Wohnung des heiligen Geistes.
Das ist ihre Berufung! Das ist ihre
Identität. Das ist ihre Würde.
Wir sind der Tempel
Gottes. In uns wohnt Gottes Geist.
Liebe Schwestern und Brüder!
das ist unsere Berufung! Das ist unsere
Identität. Das ist unsere Würde als Getaufte. Das sollten wir immer
bedenken und nie vergessen. Wir sehen es oft nicht oder viel zu wenig.
Auch bei den großen Heiligen und vor
allem bei den Mystikern finden wir die Aussage: Gott wohnt in uns.
Meister Eckehard sagt z.B.: „Ich bin des so gewiss wie ich lebe, dass nichts mir so nahe ist wie
Gott.“
Bei Augustinus findet sich das Wort:
„Gott ist uns näher als wir uns selbst.“
Edith Stein
greift dieses augustinische Wort auf und formuliert in einem ihrer
Gebete: „Du, näher mir als ich mir selbst und
innerer als mein Innerstes, göttliches Licht, heiliger Geist, ewige
Liebe.“
Angelus Silesius
hat in seinem Cherubinischen Wandersmann den Vers: „Halt an! Wo
läufst du hin? Der Himmel ist in dir! Suchst du Gott anderswo, du fehlst
ihn für uns für.“
Der Himmel ist in dir! Gott ist in dir!
„Suche Gott in dir!“
In einem Gedicht von Theresa von Avila
spricht Gott:
Wenn dein Sehnen Mich nicht findet, dann
such nicht dort u. such nicht hier; gedenk, was dich im Tiefsten bindet,
und, Seele, suche Mich in dir.
Du bist Mein Haus und Meine Bleibe, bist
Meine Heimat für uns für. Ich klopfe stets an deine
Tür, dass dich kein Trachten von Mir treibe.
Und meinst du, Ich sei
fern von hier, dann ruf Mich und du wirst erfassen, dass Ich dich keinen
Schritt verlassen: und, Seele, suche Mich in dir.
Gott
sagt zum Menschen: „Du bist
mein Haus und meine Bleibe, bist meine Heimat für und für.“ Und: „Suche mich in dir!“.
Gott ist ganz nahe.
Er ist uns wirklich näher als wir uns selbst. „In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir“,
sagt Paulus den Athenern auf dem Areopag.
Als
die hl. Katharina von Siena in ihrer Not klagt: „Mein Gott,
wo warst du, als mein Herz in Finsternis und Tränen war?“
Da hörte sie die Antwort: „Meine Tochter, hast du nicht gespürt: ich war in deinem
Herzen.“
Bei
Johannes Tauler findet sich das Wort: „Wer sehen
könnte, wie im Seelengrund Gott wohnt, den würde dieses Gesicht selig
machen.“
Die
Frage ist:
Was können wir tun, dass wir des Wohnens Gottes in uns immer mehr
innewerden?
Erstens:
Wir können uns dessen betend immer wieder erinnern! Betend, meditierend
uns der Gegenwart Gottes in uns, seines Wohnens in uns innewerden.
Innewerden,
welches Licht in uns ist – unter aller Verhüllung und Überlagerung und
aller Armseligkeit.
Innewerden,
dass tief in meinem Wesensgrund Gottes Geist, Gottes Kraft, Gottes Gnade
eingesenkt ist und mich erfüllt, mich durchdringt, belebt und beseelt.
Glauben,
dass Gott in mir ist, seiner Gegenwart bewusst sein und leben in der
Gegenwart Gottes!
Zweitens:
Wenn Gott in mir wohnt, wenn Christus in mir Wohnung genommen hat, wenn
ich Tempel des hl. Geistes bin, sollte dann nicht auch Gottes Liebe und
sein Friede in mir wohnen und mich immer mehr prägen, formen und
bestimmen?
Drittens:
Tempel Gottes bin nicht nur ich. Auch der neben mir, der Bruder, die
Schwester ist Tempel Gottes. Auch in ihm wohnt Gottes Geist. Auch sie
ist Wohnort der Liebe Gottes. Auch die, die mich nervt; auch der, den
ich nicht so gut leiden kann.
Therese von Lisieux
bekennt:
„Ohne Jesus jeden Menschen lieben
wollen, ist für mich so unmöglich wie die Sonne in der Nacht scheinen zu
lassen… Aber je mehr ich mit Jesus in mir verbunden bin, desto mehr kann
ich alle meine Schwestern lieben!“
Versuchen zu lieben!
Geduld haben, auch
wo’s schwer fällt.
Verzeihen, sogar
dort, wo ich nicht schuld bin.
Von Martin Buber
stammt das Wort:
„Es gibt nur eine Sünde: zu vergessen,
dass jeder Mensch ein Königskind ist.“
Vergessen wir nicht:
Es ist Liebe zu
Gott, wenn wir die Schwester, den Bruder lieben.
Und: „Wo die
Güte und die Liebe, da ist Gott.“
Ubi caritas et amor, deus ibi est.
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