Wer nach Assisi reist,
versäumt es nicht, neben den Stätten des heiligen Franziskus auch die Kirche Santa Chiara zu besuchen.
In dieser Kirche
ist jenes Kreuz zu sehen, vor dem Franziskus als junger Mann gekniet und
gebetet hat. Von diesem Kreuz herab hörte er die Stimme des
Gekreuzigten: „Franz, siehst du nicht, wie mein
Haus zerfällt? Geh stelle es wieder her!“
In der Krypta
dieser Kirche befindet sich in einem Glasschrein der zierliche,
unversehrte Leib der heiligen
Klara und lädt ein zum Innehalten und zum
Beten.
Liebe Mitchristen!
Wie Franziskus wurde auch
Klara in Assisi geboren, allerdings acht Jahre später, im Jahr 1194.
Während Franziskus ein Bürgersohn war, entstammte Klara dem ritterlich,
adligen Geschlecht der Favarone, die Mutter hieß Ortulana.
Als 18-jährige
floh Klara aus ihrem Elternhaus und suchte Zuflucht bei den Brüdern um
Franziskus. So wie diese, wollte auch sie leben. Ein Leben nach dem
Evangelium.
Einige Zeit später zog
Klara mit ihrer leiblichen Schwester Agnes, die ihr gefolgt war, nach
San Damiano, das Franziskus wieder restauriert und aufgebaut hatte.
Dort lebte sie von nun an
ein Leben in äußerster Einfachheit und strenger Armut, ein Leben des
Gebetes und der Kontemplation.
Seit ihrem 30.
Lebensjahr
war Klara fast ständig bettlägerig.
Ihre schwere Krankheit
war zum Teil bedingt durch maßlose Abhärtung und rigorose Aszese.
Franziskus
war über Klaras Gesundheitszustand in tiefer Sorge.
Er befahl ihr, im
heiligen Gehorsam, das Liegen auf dem blanken Boden aufzugeben und
wenigstens auf einem strohgefülltem Schlafsack zu schlafen.
Als erste Frau
der Kirchengeschichte schrieb Klara eine Ordensregel für Frauen. Eine
Ordensregel gemäß dem Evangelium und erprobt durch die Lebensweise der
Schwestern.
Mit vier Päpsten ringt
Klara um das sogenannte „Privilegium paupertatis“, das Privileg der
Armut, gemeint ist die Erlaubnis, ohne irgendwelchen Besitz und ohne
materielle Absicherung zu leben.
Um 1230
tritt sie sogar in einen Hungerstreik, um die Rücknahme eines
päpstlichen Gesetzes zu erzwingen.
Zusammen mit der heiligen
Agnes von Prag kämpft sie jahrzehntelang um die Anerkennung ihrer
franziskanischen Lebensform.
Auch
die von ihr erstellte Ordensregel wurde erst zwei Tage vor ihrem Tod,
1253 von Papst Innozenz IV., bestätigt. Zwei Jahre später wurde Klara
heiliggesprochen.
Auch
im gesellschaftlichen Bereich wird Klara als kraftvolle Person erlebt.
Zweimal errettet sie ihr Kloster und die Stadt vor den heranstürmenden
Sarazenen.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Das letzte Wort aus dem
Mund der heiligen Klara lautete:
„Herr, sei
gepriesen, weil du mich erschaffen hast.“
Ein großes,
allumfassendes Dankeschön – im Angesicht des Todes! Welch ein Lebens-
und Glaubenszeugnis!
„Herr, sei
gepriesen, weil du mich erschaffen hast.“
Wieviel Einverständnis!
Wieviel Ausgesöhntheit und Zufriedenheit liegt in diesem Wort!
Wer würde es sich nicht
wünschen, am Ende seines Lebens ein so großes Ja sprechen zu können!
Ein Ja zur eigenen Person
mit all den Unvollkommenheit, Fehlern und Mängeln!
Ein Ja zum eigenen Leben,
so wie es verlaufen ist, zu dem, was zu bewältigen war, zu dem, was es
gab an Schmerz, an Ungerechtigkeiten, an verpassten Möglichkeiten und
vielleicht auch an Schuld!
„Herr, sei
gepriesen, weil du mich erschaffen hast.“
Die heilige Klara hat
sich selbst und ihr Leben voll und ganz angenommen.
Sie weiß aber zugleich
auch, dass es verdanktes Leben ist.
Sie sieht sich als
Geschöpf. Sie erfährt sich in Abhängigkeit zu ihrem Schöpfer.
Von ihm hat sie alles
empfangen. Am Ende ihres Lebens gibt sie alles IHM zurück.
„Herr, sei
gepriesen, weil du mich erschaffen hast.“
Da ist kein Jammern, dass
das irdische Leben nun zu Ende geht.
Klara lobt und dankt
Gott, ihrem Schöpfer. Sie weiß und ist überzeugt, dass mit dem Ende des
Lebens auf dieser Erde nicht alles zu Ende ist, dass Gott Licht und
Leben in Fülle schenkt.
Bitten wir die heilige
Klara,
dass sie uns helfen möge, uns selbst und unser Leben anzunehmen, so wie
es ist.
Bitten wir, dass es auch
uns gelingen und geschenkt werden möge, in immer tiefere Dankbarkeit
hineinzuwachsen.
Und erwarten auch wir im
Tod den Hinübergang, den Heimgang, die Vollendung unseres Lebens!
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