Wir haben
in der Lesung die Erzählung vom Sündenfall gehört. Diese Erzählung
gehört zu den Urgeschichten der Bibel.
Sie gibt
Antwort auf die Frage, woher kommt das Böse, das Leid, die Mühsal, die
Not und der Tod.
Ist das
alles ein Konstruktionsfehler des Schöpfers?
Die
Bibel sagt klipp und klar: Nein!
Die
Zerrissenheit der Welt, alle Gebrochenheit des Menschen kommt nicht von
Gott.
Am Anfang
war alles gut. Der Mensch war Partner Gottes.
Er hatte
als Ebenbild Gottes eine einzigartige Würde.
Er besaß
alles Notwendige in Fülle. Das Leben war paradiesisch.
Doch der
Mensch wandte sich ab von Gott.
Er sagte
sich los von ihm.
Er
entschied sich in seiner Freiheit gegen Gott.
Er
entschied sich für das verlockende Sein-wie-Gott.
Verblendet und verführt, suchte er alle Herrlichkeit und Erfüllung statt
in Gott in sich selbst.
Das ist
die Ursünde.
Durch sie
kommt alle Zerrissenheit und Gebrochenheit, alle Störung und Unordnung.
Das Böse
nistete sich ein in der Welt. Und kein Mensch ist davor gefeit.
Diesen
Unheilszusammenhang nennen wir Erbsünde.
Wie kann der Mensch die Freundschaft mit
Gott, die er im Ungehorsam verlor, wieder erlangen?
Wie kann die Zerrissenheit der Schöpfung,
die der Mensch verursacht hat, wieder hergestellt werden?
Wie kann das Zerbrochene wieder heil und
ganz werden?
Die
Antwort kann nur lauten: Durch Umkehr und Gehorsam.
Der
Mensch muss seine Blickrichtung wieder ändern.
Er muss
sich wieder auf seinen Ursprung besinnen.
Er muss
zu Gott, zum Leben zurückkehren.
Dann wird
ihm Heil zuteil.
Das Heil wird ihm zuteil.
Es ist viel mehr Geschenk als Leistung.
Es ist viel mehr Gnade als Verdienst.
Der Mensch kann seine Gebrochenheit nicht
selbst heilen.
Er kann und muss mitwirken.
Die eigentliche Rettung aber kommt von
Gott.
Unser Dasein
bleibt nur dann „elend“, wenn wir uns verweigern,
wenn wir
uns dem Licht und der Gnade verschließen,
wenn wir
auf die falsche Karte setzen,
wenn wir
auf die Stimme des Bösen hören, statt uns dem Guten zu zuwenden,
wenn wir
die eigenen und selbstherrlichen Wege gehen, statt die Wege Gottes,
wenn wir
nicht denken, was Gott will, sondern was die Menschen wollen,
wenn wir
uns verhärten und an uns selbst genug haben.
Dass Gott
uns heilen will in der Wurzel unserer Existenz, das ist die
Botschaft der Bibel.
Auch der
sündige Mensch bleibt in der Hand des gnädigen Gottes.
Gott hört
nicht auf, dem Verlorenen nachzugehen und dem Sünder seine Hand
entgegenzustrecken.
„Gottes Gedanken“,
so heißt es in einem Psalm, „gehen von
Geschlecht zu Geschlecht, ihr Leben dem Tod zu entreißen und sie zu
nähren in ihrem Hunger.“
Wie ein
Freudensignal klingt der Satz durch die Erzählung vom Sündenfall:
„Feindschaft will ich setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deinem
Nachwuchs und ihrem Nachwuchs. Er wird dir den Kopf zertreten.“
Dieser Satz ist „UREVANGELIUM“,
wirklich „Frohe Botschaft“, ein Wort der Hoffnung. Es weist hin
auf künftiges Heil.
Frohe Botschaft, weil Gott selbst,
trotz allem Bösen und gegen alles Böse, aus der unheilvollen Situation
einen Weg zeigt.
Mitten im Strafspruch über unsere
Stammeltern scheint das göttliche Erbarmen auf.
Ein Lichtschimmer dringt herein in das
Dunkel der Sünde, ein Morgenrot der Hoffnung.
Die
Situation ist nicht ausweglos. Sie ist nicht total verfahren.
Es gibt
Rettung. Der Verlust des Paradieses ist bei Gott kein irreparabler
Totalschaden. Der Sieg des Bösen ist nicht endgültig.
Das Wort
der Hoffnung in der Sündenfallgeschichte verheißt einen Sieger,
gleichsam einen zweiten Adam, der das Heil bringt für alle.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Wir
Christen glauben:
Jesus ist
der von Gott gesandte Retter und Heilsbringer.
Er hat
durch seinen Tod am Kreuz die ursprüngliche Freundschaft zwischen Gott
und Mensch wiederhergestellt und so „der Schlange den Kopf zertreten“.
Er hat
als Lamm Gottes die Schuld der Welt getragen, alle Sünde auf sich
genommen und getilgt.
Jahrtausende wartete die Menschheit auf
diesen Erlöser.
Immer heller durchstrahlt den
dunklen Advent des Alten Testamentes die Hoffnung auf Rettung. Immer
deutlicher wächst aus der Nacht die Lichtgestalt empor, die Gott als
Morgenröte, als Stern der Hoffnung über das verschlossene Tor des
Paradieses setzte: „Seht, die Jungfrau wird
empfangen...“
Gott holt
die Menschen aus dem Kreislauf des Bösen.
In Maria hat er damit begonnen. Heute
feiern wir ihr Fest.
Und das Geheimnis dieses Festes sagt:
Maria war keine Stunde und keine Sekunde
in Schuld verstrickt.
Gott hat sie im Hinblick auf seinen Sohn
auf einzigartige Weise ausgezeichnet, beschenkt, begnadet.
Er hat sie von Anfang an vor jeder Sünde
bewahrt.
Maria: ein Lob der Gnade Gottes.
Der
Immanuel, der „Gott mit uns“ wird geboren von ihr,
die nicht
wie Eva den Tod, sondern das Leben gebiert,
die nicht
Unheilsträgerin ist, sondern Heilsträgerin,
nicht
Mutter der Schuldbeladenen, sondern Mutter des Erlösers
und
Ersterlöste von allen Erlösten.
Unheil
brachte das frevlerische Nein unserer Stammeltern gegenüber Gott. Heil
brachte das Ja der Gottesmutter.
Unheil
brachte der Ungehorsam gegenüber Gottes Ordnung.
Heil
brachte der Gehorsam und Demutssinn Mariens
Liebe
Schwestern und Brüder!
Nicht die
Strafe ist das letzte Wort im Sündenfall, sondern die Verheißung.
Das ist
die erste Frohe Botschaft, die Ur-kunde aller Verkündigung:
Gottes
Liebe und sein Erbarmen triumphiert über alle Sünde.
Seine
Gnade ist größer als alle Schuld.
Mit dem
Jawort der Jungfrau setzte Gott einen neuen Anfang.
Es ist
wie ein neuer Morgen: hell und klar, voll Verheißung und ohne Bedrohung,
voll Licht und ohne Dunkel.
Maria
ist die Morgenröte des Heils.
Sie ist
nicht selbst das Heil. Aber sie hat den Heiland geboren.
„Heute
ist euch in der Stadt Davids der Heiland geboren, Christus der Herr.“
Für uns
ist Maria ein Zeichen der Hoffnung:
Seit
Ewigkeit sind wir erwählt als Kinder Gottes zu leben.
Er will
auch unsere Gebrochenheit heilen.
Er will
uns befreien aus der Umklammerung der Sünde.
Größer
als alle Schuld ist seine Liebe.
Größer
als die Sünde ist seine Barmherzigkeit, seine Gnade.
Maria,
du voll der Gnade, du Rose ohne Dornen, du ganz Reine,
du
Makellose, du Allheilige, du Ursache unserer Freude.
Mit dir
preisen wir heute Gott und danken ihm, der so Großes an dir getan hat.
Sein Name
ist heilig und werde von uns geheiligt. Er bewahre uns vor Verwirrung
und Sünde.
Er
befreie uns von allem Bösen. Er erhalte uns in seiner Gnade.
Heilige
Maria, bitte für uns, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde
unseres Todes!
Ja, bitte
für uns hl. Gottesmutter, auf dass wir würdig werden der Verheißungen
Christi. |