Dafür waren sie gut:
Unter schwierigen Verhältnissen haben sie ihre Kinder aufgezogen und
treu umsorgt.
Jeden haben sie auf die Schule gehen und studieren lassen.
Doch jetzt sind sie allein. Kein Kind mehr zu Hause, kein Besuch, kein
Hahn kräht mehr nach den beiden Alten.
Dafür war er gut: Abend
für Abend hat er seinem Freund beim Hausbau geholfen. Doch heute hat er
das Gefühl, wenn er seinen Freund im neuen Haus besucht, er störe. Zum
Bauen war er gut, doch jetzt schaut ihn keiner mehr an.
Dafür war er gut: Ein
Mädchen zu heiraten, von dem man gemunkelt hat, es sei von einem anderen
Mann schwanger. Josef, der stille Schreiner, aber wer lobt ihn dafür?
Dafür war er recht: Das
kleine Kind zu hüten wie seinen Augapfel und vor Gefahren zu schützen.
Doch wer sagt einmal „Danke“ dafür? Immer heißt es nur: Jesus und
seine Mutter. Hat Josef es denn verdient, dauern im Schatten von Maria
zu stehen?
Dafür war er recht: Dem
kleinen Jesus aus dem Gröbsten herauszuhelfen, ihm das Schreinerhandwerk
beizubringen.
Doch dann wirft dieser
das Schreinerhandwerk hin. Die Werkstatt, Josefs Stolz und Freude, geht
ein.
Es mag hart klingen, aber
manchmal muss sich Josef wirklich als der letzte „Depp“
vorgekommen sein.
Ein 16jähriger Schüler
hat es im Religionsunterricht drastisch so ausgedrückt:
„Ganz schön dumm
dieser Josef! Hat klar die Arschkarte gezogen. Lässt sich von Gott
bequatschen, nur damit Maria und ihr Kind versorgt werden. Dabei hätte
er sich doch ein schönes Leben machen können, ohne diese Frau und ihren
Balg am Hals.“
Nie berichtet die Bibel
einen Ausspruch von Josef. Immer steht er im Hintergrund, nie im
Rampenlicht. Er wird nur erwähnt, wenn er kräftig zupacken muss und als
rettende Feuerwehr einspringen muss.
Als Jesus zwölf Jahre alt
ist, wird es ganz ruhig um ihn.
So still wie er auftrat,
so still tritt er wieder ab.
Im späteren Leben hören
wir kein Wort mehr von ihm.
Manchmal frage ich mich
wirklich: Josef, musst du nicht manchmal das Gefühl gehabt haben: Der
Mohr hat seine Schuldigkeit getan. Der Mohr kann geh’n?
Ausgenutzt und
weggeschubst würde mir dieser Josef vorkommen, gäbe es nicht die eine
Aussage über diesen Mann, die wir heute im Evangelium gehört haben: Er
war gerecht und fromm. Das meint: Josef war ein rechter Mann,
rechtschaffen, anständig und gottverbunden, gottesfürchtig.
Offensichtlich sind das
wirklich Eigenschaften eines anständigen und frommen Mannes: täglich in
Treue seine Pflicht erfüllen.
Ohne große Worte und ohne
Aufsehen zu erregen sein Leben meistern. Dasein, wenn man gebraucht
wird, auch wenn man keinen Beifall geklatscht bekommt und andere größer
herauskommen als man selbst.
Es ist schon ein Trost:
Gerade solche anständigen und frommen Menschen prägen ihre Umwelt und
strahlen in aller Stille etwas Ungeheures aus. Jeder von uns kann dieses
an sich selbst oder am Leben anderer sehen und ablesen.
Wenn wir heute Josef
feiern, so kann ich nur in Ehrfurcht meinen Hut vor diesem Heiligen
ziehen und zugleich vor Menschen, die heute noch leben wie er: gerecht
und fromm, anständig und gottverbunden.