Die Kirche feiert heute
den Gedenktag des heiligen Ignatius von Antiochien. Damit werden unsere
Gedanken in die Frühzeit des christlichen Glaubens geführt.
Antiochien
war die drittgrößte Stadt des Römischen Reiches, eine Weltstadt und
Hauptstadt der Provinz Syrien. Gleichzeitig war es eines der
bedeutendsten Zentren der noch jungen Kirche im ersten Jahrhundert.
Um das Jahr 37
kam der Apostel Paulus nach Antiochien. In den folgenden Jahren und
Jahrzehnten nahm das Christentum dort einen rasanten Aufschwung. Die
christliche Gemeinde wuchs weitaus schneller als die in Jerusalem. In
Antiochien, so wissen wir, „nannte man die Jünger zum ersten Mal
Christen“ (Apg 11, 26).
Ignatius,
mit dem Beinamen „Theophorus“ = „Gottesträger“, war nach dem Apostel
Petrus und dem heiligen Evodius der dritte Bischof von Antiochien. Nach der
Legende war er das Kind, das Jesus den Jüngern vorstellte, als diese
miteinander darüber stritten, wer von ihnen der Größte sei.
Unstrittig ist,
dass Ignatius noch Kontakt zu den Aposteln hatte.
Er kannte den heiligen Petrus
persönlich und war ein Schüler des heiligen Apostels Johannes. Er kennt noch
einige der „Freunde Jesu“, die ihn gesehen, gehört und mit ihm
gesprochen haben. Und er glaubt ihrem Wort und Zeugnis. Und gibt selbst
– kraftvoll und unerschrocken, in Wort und Beispiel – den Glauben
weiter.
Bei einer
Christenverfolgung
unter Kaiser Trajan um das Jahr 110 wurde er – wegen seines Glaubens –
gemeinsam mit anderen entschiedenen Christen verhaftet und gefesselt,
unter strenger Bewachung nach Rom geschleppt. Auf dem Weg zu seiner
Hinrichtung wird er wochenlang von den Wachsoldaten gequält und
misshandelt. In einem Brief bezeichnet er die Soldaten, die ihn
bewachten als „die zehn Leoparden“.
Eusebius von Cäsarea,
der im vierten Jahrhundert die Vita des Heiligen verfasste, schrieb:
„ Während seiner Reise durch Kleinasien stärkte
er in den einzelnen Städten, wo er halt machte, durch Predigten und
Mahnungen die Kirchengemeinden. Vor allem mahnte er sie inständig, sich
vor den Häresien zu hüten, die sich damals zu verbreiten begannen. Und
er legte ihnen dringend ans Herz, nicht von der Überlieferung der
Apostel abzurücken.“
Auf der mühseligen
Reise
schrieb Ignatius sieben Briefe nach Rom, Ephesus, Smyrna und an andere
christliche Gemeinden sowie an den Bischof Polykarp. Diese Briefe sind
uns vollständig erhalten. Sie sind Ausdruck seiner glühenden
Christusliebe und seiner Sorge um die Einheit der Gemeinden.
Sie zeigen Ignatius bis
ins Sterben hinein als einen aufrechten, ungebrochenen und treu zu
seinem Glauben stehenden Christen.
Wenn man diese Briefe
liest, spürt man die Frische des Glaubens der frühen Christen.
An die Gemeinde in Rom
schickte er einen Brief voraus, in dem er flehentlich darum bittet, man
möge ja nichts für seine Freilassung unternehmen. Er versichert darin,
den Tod – wie auch immer: Feuer, Kreuz, wilde Tiere – nicht zu fürchten.
Der Tod, der ihm in Rom sicher bevorstand, erschreckte ihn nicht. Im
Gegenteil, Ignatius sehnte sich danach. Denn der Gewinn des irdischen
Lebens zählte für ihn wenig im Vergleich zum ewigen Leben.
Eine weitere Botschaft,
die Ignatius übermittelt, lautete: Seid eins! Die Christen sollen unter
sich eins sein, sich gegenseitig stützen. Sie sollen eins sein mit ihrem
Bischof und ihren Priestern, vor allem auch angesichts der Irrlehren.
Übrigens:
Ignatius hat als erster Theologe den Ausdruck „katholisch“ im
Sinne von universal, allumfassend im Blick auf die Kirche verwendet. Und
der Gemeinde in Rom hat er bereits einen Vorrang (Primat) unter den
Christengemeinden zugesprochen.
Das Martyrium
erlitt Ignatius im Jahr 107 im Amphitheater, dem späteren Kolosseum, in
Rom. Er wurde – als Schauspiel des Pöbels und Belustigung der Volksmeute
– wilden Tieren vorgeworfen und von ihnen zerrissen.
Zum Schluss
noch einige Zitate aus seinen Briefen. Jedem Zitat sei jeweils die eine
oder andere Besinnungs-Frage angefügt:
„Nahe dem Schwert
ist nahe bei Gott; mitten unter den Bestien heißt nach bei Gott sein“ (Brief
nach Smyrna)
-
Weiß ich mich
inmitten von Not und Leid nah bei Gott? Weiß ich mich inmitten
aller Gefahr, auch Ansteckungs- und Lebensgefahr, geborgen in
Gott, gehalten von Gott?
„Jetzt fange ich an,
ein Jünger Jesu Christi zu sein… Lasst es geschehen, dass ich den wilden
Tieren zum Fraß diene. Durch sie wird es mir vergönnt sein, zu Gott zu
gelangen. Ich bin ein Weizenkorn Gottes. Ich muss von den Zähnen der
wilden Tiere zermahlen werden, um ein reines Brot Christi zu
werden…Nichts soll mich hindern, dass ich zu Jesus Christus gelange.
Feuer, Kreuz, ein Haufen wilder Tiere, Verstümmelung und Zermalmung des
ganzen Körpers sollen über mich kommen, nur dass ich zu Jesus Christus
gelange…Gönnt es mir, die Leiden meines Gottes nachzuahmen“
(Brief nach Rom)
„Mir werden nichts
nützen die Enden der Erde noch die Königreiche dieser Welt. Für mich ist
es besser, durch den Tod zu Jesus Christus zu kommen, als König zu sein
über die Grenzen der Erde. Ihn suche ich, der für mich gestorben ist.
Nach ihm verlange ich, der unseretwegen auferstanden ist. Mir steht die
Geburt bevor. Hindert mich nicht, das Leben zu erlangen! Betet für mich,
dass ich das Ziel erreiche“
(Brief nach Rom)
Mediziner sagen „Exitus“
zum tödlichen Ende des Lebens.
Christen sagen „Exodus“,
Durchzug, Durchgang, Auszug zu einem ungeahnten Leben, Hinübergang in
die Fülle des Lichtes, der Freude und des Friedens.
-
Ahne ich bzw. ist
mir – wie Ignatius von Antiochien – bewusst, wenigstens dann und
wann, dass nach der Geburt aus der Enge des mütterlichen Leibes
in die Weite und Helle dieser Welt hinein noch eine andere
Geburt ansteht, nämlich die aus der Enge dieser Welt in die
Weite und ins Licht Gottes hinein? Was für eine befreiende Sicht
des Todes?
„Seid darauf
bedacht, nur eine Eucharistie zu feiern, denn es gibt nur einen Leib
unseres Herrn Jesus Christus und nur einen Kelch der Vereinigung mit
seinem Blut. Es gibt nur einen Altar…“ (Brief nach Philadelphia)