Exerzitien mit P. Pius

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Franziskus - zeitlos aktuell und beispielhaft

Predigt am Hochfest des heiligen Franziskus

Es klang wie ein Vorwurf, als Bruder Masseo zu Franziskus sagte: „Warum dir? Warum dir?“ – „Was willst du damit sagen?“ fragte Franziskus. – Bruder Masseo antwortete: „Ich frage, warum gerade dir alle Welt nachläuft? Und jedermann dich sehen und hören will? Du bist nicht schön, du bist nicht gelehrt, noch von adeliger Abkunft. Wie kommt es also, dass alle Welt dir nachläuft?“

 

Ja, Franziskus, der Minderbruder von Assisi, der arm und machtlos sein wollte, hatte eine große Anziehungskraft. Immer mehr Gleichgesinnte schlossen sich ihm an. Noch zu seinen Lebzeiten hat sich der Orden weit verbreitet. Am Ende seines Lebens gab es bereits 6.000 Minderbrüder. Eine Generation später – zur Zeit des heiligen Bonaventura – waren es 60.000.

 

Was auffällt, liebe Schwestern und Brüder: Franziskus hat an Aktualität nichts eingebüßt. Über die Jahrhunderte bis heute geht von ihm eine große Strahlkraft aus, eine ungeheure Faszination.

 

Das Time-Magazin hat Franziskus in den 90 er Jahren in die Top Ten des zweiten Jahrtausends aufgenommen. Man muss sich das mal vorstellen: „one of the ten greatest“, Franziskus einer der zehn bedeutendsten Menschen des 2. Jahrtausend!

 

Der berühmte Hagiograph Walter Nigg bezeichnet Franziskus als „den Heiligen unserer Tage – von überraschender Aktualität“. – Die Benediktinerin Waltraud Herbstritt nennt ihn „das große Heimweh vieler Christen – und Nichtchristen“. – Romano Guardini sieht in ihm „einen Mann, dessen einzigartiges Charisma es ist, an Christus zu erinnern“. – Papst Pius XI. hat Franziskus sogar einen „zweiten Christus“ genannt, weil in ihm, wie in niemand sonst, symbolhaft Christus aufstrahlte und das Geheimnis Jesu lebendig wurde.

 

Bereits Thomas von Celano schreibt: „Jesus trug er im Herzen, führte ihn im Munde, hatte ihn in den Ohren, trug ihn in den Augen, in den Händen, in seinem ganzen Wesen.“

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Vielleicht ist das der eigentliche Grund der Faszination und Ausstrahlungskraft, die von diesem Heiligen ausgeht: seine innige Beziehung und Gleichgestaltung mit Jesus Christus.

Franziskus wollte ja in allem ganz Christus ähnlich werden – im Schauen auf ihn, ihm Hören auf ihn, im Gehen in seinen Fußspuren, im immer mehr Hineinwachsen in seine Gesinnung.

So wurde er zum glaubwürdigen Jünger Jesu, zum lebendigen Evangelium in seiner Zeit. Das hat berührt, gezündet und betroffen gemacht. Für die Menschen in Umbrien war es, als ginge Jesus von neuem über diese Erde.

 

Jedenfalls, aus dem armen, bescheidenen und verachteten Mann, aus dem „Poverello von Assisi“, ist eine der beeindruckendsten und einflussreichsten Gestalten der abendländischen Geschichte geworden und eine der größten Heiligengestalten des Christentums

 

Interessant und bedenkenswert ist auch, dass zum ersten Mal in der Geschichte ein Papst den Namen des heiligen Franziskus angenommen und ihn damit zur persönlichen Leitfigur und zum Patron seines Pontifikates erwählt hat. Diesen Heiligen, der in seiner radikalen Art, das Evangelium zu leben, zugleich fasziniert und erschreckt, uns animiert, aber auch anfragt, uns inspiriert, aber auch herausfordert.

 

Denn in einer Zeit, da die ersten Banken entstanden, zeigte Franziskus den „Reichtum der Armut“ – In einer Zeit des Genusses demonstrierte er Freude. – In einer Zeit der Kreuzzugspsychose mit Garantie auf vollkommenen Ablass lehnte er jede Gewalt ab. Unbewaffnet, wehrlos geht er ins Lager des Sultans und wünscht ihm Frieden. Denn alle Menschen sind für ihn Schwestern und Brüder.

 

Franziskus protestiert nicht, er spielt Geige mit zwei Aststücken und singt und tanzt dazu. Gaukler Gottes, Troubadour, Jongleur de Dieu. Seine Brüder nennt er „Spielleute Gottes“.

 

Franziskus moralisiert nicht, er lebt intensiv. Und das heißt für ihn, dass er vom hohen Ross herabsteigt und den Aussätzigen, vor dem es ihn zunächst heftig ekelt, umarmt und küsst und den Vögeln die Größe des Schöpfers predigt.

Er spricht von Schwester Wasser und Bruder Esel. Selbst die Gestirne sind ihm Geschwister. In jeder Gabe sieht er den Geber aller Gaben, in jedem Guten den Ursprung von allem Guten.

In allem schaut er Gott. Er verhandelt mit dem Bruder Wolf und zähmt ihn. Er schickt Brüder zum Bischof und zum Bürgermeister von Assisi, die heftig im Clinch miteinander liegen. Und er lässt die Brüder den Sonnengesang singen – mit einer zusätzlichen Strophe vom Frieden und vom Verzeihen. Und tatsächlich: Bischof und Bürgermeister versöhnen sich.

 

Und er selbst, für den Gott sein Ein und Alles geworden war, er stellt sich auf den Marktplatz und hat den Menschen „etwas ganz Schönes“ zu sagen: Gott liebt euch. Habt keine Angst! Habt Mut! Vertraut! Seid ihr nicht viel mehr wert als die Vögel des Himmels?

 

„Warum dir? Warum dir? Warum dir? – Warum verlangt jedermann dich zu sehen, dich zu hören?... Wie kommt’s, dass alle Welt dir nachläuft?“ – Aus dem guten Bruder Masseo sprudelt nur so aus ihm heraus. Er ist ganz aufgeregt.

Franziskus aber bleibt ganz ruhig und geduldig. Und seine Antwort? Die hat’s in sich. In ihr erhalten wir einen wichtigen Schlüssel zum Phänomen des Heiligen. – Ich fasse ein wenig zusammen, was die Fioretti, eine Legendensammlung aus dem 14. Jahrhundert, etwas weitschweifig und blumig überliefert.

 

Franziskus antwortete: „Gott hat unter den Sündern keinen gefunden, der armseliger, unzulänglicher und schuldbeladener wäre als ich…kein geringeres Geschöpf. Darum hat er mich erwählt, um die Welt zu beschämen mit ihrem Stolz und Adel, mit ihrer Schönheit und Weisheit. – So erkennen wir, dass uns Kraft und alles Gute aus seiner Hand zufließt und nicht aus uns selbst kommt, und niemand sich rühmen möge vor seinem Angesicht.“

 

Merken Sie, wie das Magnifikat der Gottesmutter anklingt?

„Auf die Niedrigkeit hat er geschaut… Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen…“

 

Im Kern geht es um die Umwertung aller Werte, um die radikale Umkehrung der herrschenden Konventionen und Machtverhältnisse.

Liebe Schwestern und Brüder!

Gängige Schlagworte, oft gehört und viel gebraucht, wie z. B. „alternativ leben“, „pazifistisch leben“, „umweltbewusst leben“, „nicht austreten aus der Kirche, auftreten in der Kirche“, die bekommen durch Franziskus einen überraschenden Kontext und eine neue Überzeugungskraft.

 

Die Schriftstellerin Maxie Wander hat kurz vor ihrem Tod folgende Bemerkung in ihr Tagebuch geschrieben: „Ich habe plötzlich die Begier alles über Franziskus zu lesen, zu verschlingen…Man trifft immer auf die Menschen und die Brüder, die man gerade braucht.“

 

Und Paul Claudel bekennt: „Wer Franziskus einmal begegnet ist – und hätte er ihn nur von hinten gesehen – kommt nicht mehr von ihm los.“ – Ich kann nur sagen: Das stimmt. Mir geht es ähnlich. – Und Ihnen vielleicht auch. Hoffentlich! Es wäre Ihnen zu wünschen.  

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