"Wie gut muss Gott sein, wenn schon der Bischof von Genf
so gut ist“.
Der
Bischof von Genf, von dem seine Zeitgenossen das sagten, ist der heutige
Tagesheilige: Franz von Sales.
„Wie gut muss Gott sein,
wenn schon der Bischof von Genf so gut ist.“
Und
ein calvinistischer Zeitgenosse äußerte sich folgendermaßen über Franz
von Sales: „Wenn wir irgendeinen Menschen
als Heiligen anerkennen würden, so weiß ich seit den Tagen der Apostel
keinen, der würdiger wäre als dieser Mann.“
Diese Aussagen zeigen,
welch großen Eindruck Franz von Sales auf die Menschen seiner Zeit in
seiner Umgebung gemacht haben muss, aber nicht nur seiner Zeit.
Viel später, 1903, schrieb
Angelo Roncalli, der spätere Papst Johannes XXIII. in sein Tagebuch:
„Heute war ein
großer Festtag. Ich habe ihn in der Gesellschaft des heiligen Franz von
Sales, meines geliebten Heiligen, verbracht. Wie herrlich ist seine
Gestalt als Mann, Priester und Bischof. Wenn ich so sein könnte wie er,
würde es mir nichts ausmachen, auch wenn sie mich zum Papst wählen
würden. Ich denke gern und oft an seine Tugenden, an seine Lehre. Wie
oft habe ich seine Lebensgeschichte gelesen. Wie dringen mir seine
Aussprüche sanft in Herz. Wie viel leichter fällt es mir angesichts
seines Beispiels demütig, sanft und ruhig zu sein.
Mein Leben, so sagt
mir der Herr, muss ein vollkommenes Abbild des Lebens des heiligen Franz von
Sales sein, wenn es einiges Gutes hervorbringen soll. Nichts
Außergewöhnliches soll in mir, in meinem Betragen sein, abgesehen von
der Art und Weise, die gewöhnlichen Dinge zu tun: Alles Gewöhnliche,
aber nicht gewöhnlich. Große, brennende Liebe zu Jesus Christus und
seiner Kirche; unwandelbare Heiterkeit des Gemüts, unsägliche Sanftmut
gegenüber dem Nächsten, das ist alles.“
Franz von Sales
schreibt: „Ich will keine absonderliche,
unruhige, traurige und verdrossene Frömmigkeit, sondern eine milde und
sanfte, angenehme und friedliche, mit einem Wort: eine freie und
fröhliche Frömmigkeit, die liebenswürdig ist vor Gott und den Menschen.“
Am Anfang
war Franz von Sales keineswegs der ausgeglichene Mensch der Geduld und
der Güte, als der er später verehrt wurde.
Im Gegenteil:
Sein Temperament war heftig und hitzig. Er brauste schnell auf.
„Zuviel
Nachsicht ist falsch“, sagt er einmal,
„zu wenig Nachsicht ist auch falsch. Die
Mitte ist schwer. Aber wenn ich mich schon verfehle, will ich mich
lieber durch zu große Milde verfehlen als durch zu große Strenge.“
Gerade weil
das Gemüt des Heiligen so affektgeladen und sein Temperament so
unausgeglichen war, hat diese Milde ihn so viel gekostet.
Als er später
einmal in einer Gesellschaft auf gehässige
Weise gekränkt wurde, sagten seine Begleiter, das könne er doch nicht
auf sich sitzen lassen, da müsse er doch zurückschlagen. Er jedoch
erwiderte:
„Wollen Sie denn, dass ich in einer Viertelstunde das bisschen Sanftmut
wieder verliere, das ich mir in zwanzig Jahren mit so viel Mühe erworben
habe?“
Franz von Sales
entdeckte, dass das Christliche nicht in der Gewalt liegt, dass nicht
die Strenge, sondern die Milde die Herzen gewinnt. Er sucht nicht mehr
den Streit mit den Andersdenkenden. Er entdeckte das Gemeinsame, das
Positive. Nun wird er nicht mehr müde, die Herzen der Menschen auf
liebenswürdige Weise zu gewinnen.
Eines seiner
bekanntesten Worte lautet:
„Mit einem
Tropfen Honig fängt man mehr Mücken als mit einem ganzen Fass Essig.“
Kaum etwas ist so
einsichtig. Aber kaum etwas wird auch so wenig befolgt. Mit
erschütternder Hartnäckigkeit versuchen wir es immer wieder mit dem
Essigfass.
Von der Güte und Milde
nimmt er keinen aus, auch nicht sich selber.
Er sagt einmal:
„Man muss andere
ertragen, aber zuerst sich selber. Und man muss Geduld haben mit sich
und seinen Schwächen. Man darf sein eigenes Herz nicht schelten, wenn es
nicht in böser Absicht gefehlt hat. Und in böser Absicht fehlt es
seltener als wir oft meinen.“
In einem Brief
schreibt er:
„Haben Sie mit allen Menschen Geduld, aber besonders mit sich selbst!
Ich will damit sagen, dass sie sich nicht betrüben lassen sollen von
ihren Unvollkommenheiten und immer wieder den Mut haben müssen, sich
über sie zu erheben.“
Und weiter schreibt er:
„Ich bin sehr
zufrieden, dass Sie jeden Tag von neuem anfangen: es gibt kein besseres
Mittel, das geistliche Leben zu einem guten Ende zu führen, als immer
wieder neu anzufangen.“
„Gott ist
nicht kleinlich.“ Das ist ein anderes Wort
des Franz von Sales. Das ist nicht die plumpe Vertraulichkeit, die in
Gott nur einen guten Kumpel sieht. Das ist vielmehr die Erfahrung der
Weite, der Großherzigkeit Gottes.
„Unsere
Vergangenheit“ sagt Franz von Sales,
„gehört der Barmherzigkeit Gottes, unsere
Zukunft der Vorsehung Gottes und unsere Gegenwart der Liebe Gottes.“
Ein wunderbares Wort, das,
wenn man es sich zueigen macht und beherzigt, einen gelassen, froh und
frei machen kann.
Und nun noch eines der –
meiner Meinung nach – schönsten Worte des hl. Franz von Sales. Ich habe
es an der Tür zu unserem Meditationsraum im „Haus der Begegnung“
angebracht.
Es lautet:
Wenn dein Herz
wandert oder leidet, bring es behutsam an seinen Platz zurück und
versetze es sanft in die Gegenwart deines Herrn.
Und selbst, wenn du
nichts getan hast in deinem ganzen Leben, außer dein Herz
zurückzubringen und wieder in die Gegenwart unseres Gottes zu versetzen,
obgleich es jedes Mal wieder fortlief, nachdem du es zurückgeholt
hattest, dann hast du dein Leben erfüllt.