Exerzitien mit P. Pius

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Dominikus

(08. August)

„Ecclesia semper reformanda“ = „Die Kirche ist immer reformbedürftig“,

so lautet eine jahrhundertealte Wahrheit.

 

Zur Erneuerung der Kirche haben im Laufe der Jahrhunderte immer wieder auch Ordensgründer Großes beigetragen.

So auch der heilige Dominikus, dessen Gedenktag die Kirche heute feiert.

Dominikus war ein Zeitgenosse des heiligen Franziskus.

Der eine Spanier, geboren 1170 in Calaruega, Kastilien.

Der andere Italiener, geboren 1182 in Assisi, Umbrien.

Beide haben in ihrem Leben und in ihrem Werk eine Antwort gegeben auf die Nöte der Kirche in ihrer Zeit und haben so, jeder auf seine Weise, viel und entscheidendes für die Erneuerung der Kirche getan.

Franziskus und Dominikus sind sich im Frühjahr 1217 in Rom begegnet. Was die beiden Ordensgründer bei diesem Treffen gesprochen haben, ist nicht überliefert.

Fra Angelico hat die Begegnung auf einem bekannten Tafelbild festgehalten. Es zeigt die beiden Männer in der Tracht ihres jeweiligen Ordens in brüderlicher Umarmung.

 

Während Franz von Assisi bis heute weit über seine Gemeinschaften hinaus strahlt, scheint Dominikus hinter sein Werk zurückgetreten zu sein. Während die Pilger zuhauf nach Assisi strömen und man in San Francesco, der Grabeskirche des heiligen Franziskus, auf eine Heerschar von Wallfahrern, Touristen und Kunstliebhabern trifft, so kann man in der Kirche San Domenico in Bologna gewöhnlich in großer Stille am Grab des heiligen Dominikus beten.

Der heilige Dominikus ist nie zum großen Volksheiligen geworden.

Nur wenige Legenden und Wundergeschichten berichten von seinem Leben.

 

Dominikus entstammte einer adligen Familie und wurde, dank der Unterstützung eines Onkels, der Priester war, in einer bekannten Schule in Palencia ausgebildet.

Während seines Studiums brach eine große Hungersnot aus.

Da verkaufte Dominikus all sein Hab und Gut, darunter auch die für ihn so kostbaren Bücher, um von dem Erlös den Notleidenden zu helfen. Als man ihm dies vorwarf, war seine Antwort:

„Wie könnte ich in diesen toten Büchern studieren, wenn ich weiß, dass lebende Menschen am verhungern sind?“

 

Nach seinem Studium wurde Dominikus zum Priester geweiht und trat dem Domstift zu Osma (Nordspanien) bei.

Zwei Reisen durch Europa mit seinem Bischof Diego im Auftrag des Königs von Kastilien erweiterten seinen Horizont und wurden entscheidend für sein weiteres Leben.

 

Dominikus erkannte zwei Herausforderungen für die Kirche seiner Zeit: die noch nicht evangelisierten Völker an den nördlichen Grenzen des europäischen Kontinents und die religiöse Zerrissenheit, die vor allem in Südfrankreich das kirchliche Leben schwächte. Dort war die Einheit der Kirche durch verschiedene Häresien (Irrlehren), die sich weit verbreitet hatten, stark bedroht.

 

Bischof Diego und Dominikus gingen zum Papst, um angesichts der Situation und der Erfahrungen, die sie gemacht hatten, um Rat zu fragen. Dieser bat Dominikus, sich der Verkündigung bei den Albigensern und Katharern zu widmen. Diese radikalen Armutsbewegungen gewannen weite Teile der Bevölkerung für sich, weil sie durch Wanderpredigt und strenge Askese den Menschen überzeugend und glaubwürdig erschienen.

Die Albigenser und Katharer liebten das arme und einfache Leben – in diesem Sinne waren sie sogar vorbildlich – und kritisierten den Reichtum der Kirche. Mit ihrem radikalen Verzicht auf jeglichen Besitz lebten sie eine glaubhafte Alternative für viele Christen.

 

In der Bekehrung der Anhänger dieser Irrlehren fand Dominikus seine Lebensaufgabe, der er sich mit Feuereifer widmete.

 

Er sah die hilflosen Versuche der päpstlichen Legaten, die wie hohe Herren daher kamen und mit großem Gefolge auftraten, um die Auseinandersetzung mit den Irrlehrern und ihren Sympathisanten zu suchen. Er erkannte, dass die Kirche anders vorgehen muss, um mit ihrer Glaubensverkündigung bei den Katharern und Albigensern Erfolg zu haben. Sie selbst muss zur apostolischen Armut zurückkehren. Nur so war es möglich, den Irrlehrern glaubwürdig entgegenzutreten.

 

So begab sich Dominikus selbst als armer und einfacher Prediger auf Wanderschaft, durchzog das Gebiet der Katharer und Albigenser, um durch Wort und Beispiel den wahren Glauben zu verkünden und zu bezeugen. Er suchte die Kritischen und Distanzierten auf und setzte sich in Religionsgesprächen mit ihnen auseinander. Anfeindungen und Misserfolge machten ihn nicht mutlos.

 

Allerdings wusste er, dass er alleine nur wenig ausrichten konnte. Daher sammelte er Männer um sich, die vom gleichen Geist wie er beseelt waren und die sein Sendungsbewusstsein teilten.

So entstand nach der ersten Gründung in Toulouse allmählich der Orden der Predigerbrüder, die Dominikaner (1215).

Dominikus gab der Gemeinschaft die Regel des heiligen Augustinus.

1216 erhielt der Orden die päpstliche Anerkennung.

 

Dominikus baute die wachsende Gemeinschaft auf drei Säulen auf: Armut, Studium und Predigt.

 

Armut bedeutete für Dominikus, dass er und seine Gefährten nicht mit eigenem Besitz und mit Ländereien den Lebensunterhalt bestreiten und sichern wollten, sondern als arme Wanderprediger vom Betteln leben sollten, weswegen die Dominikaner auch zu den Bettelorden gehören.

 

Dominikus legte von Anfang an wert auf eine solide und gediegene Ausbildung. Das Studium war für ihn jedoch nicht Selbstzweck, sondern Grundlage und Voraussetzung für Predigt, Glaubensgespräche und die Neuevangelisierung bei den vom wahren Glauben abgefallenen Christen.

 

In seinem Einsatz für die Verbreitung seiner Gemeinschaft nahm Dominikus jede Anstrengung und Entbehrung auf sich.

Beständig wanderte er zwischen den einzelnen Niederlassungen in Frankreich, Spanien und Italien hin und her.

Seinem vielfach bezeugten Verständnis für Frauen und deren Religiosität verdanken auch die Dominikanerinnen ihre Gründung.

 

Von einer Darmkrankheit geschwächt, starb Dominikus am 6. August 1221 in Bologna. 1234 wurde er bereits heiliggesprochen.

 

In den Jahrzehnten danach brachte sein Orden große Theologen hervor, wie z. B. Albertus Magnus und Thomas von Aquin, die die geistige Auseinandersetzung des Christentums mit den Strömungen der Zeit nachdrücklich förderten und nachhaltig prägten.

Große Gestalten christlicher Spiritualität waren auch die dominikanischen Mystiker Tauler, Seuse und Meister Eckhart.

Der Dominikanerorden wurde in den folgenden Jahrhunderten zu einer der großen Erneuerungskräfte in der Kirche.

Ganz im Sinne ihres Gründers haben die Dominikaner zu allen Zeiten viel zur Verbreitung und Vertiefung des Glaubens beigetragen. Und tun es – weltweit – auch heute noch.

 

Auf Altarbildern und Kirchenfenstern ist der heilige Dominikus oft mit dem Rosenkranz dargestellt, weil er diesen einer Legende zufolge in einer Vision von Maria erhalten haben soll.

Wahr ist, dass Dominikus eine große und innige Beziehung zu Maria, der Mutter Jesu, pflegte und die Marienverehrung den Seinen als ein kostbares Erbe hinterließ.

Zweifellos kommt den Dominikanern in der Geschichte der Kirche auch das große Verdienst zu, das Rosenkranzgebet gefördert und verbreitet zu haben, das vielen katholischen Christen lieb und das so reich an evangeliumsgemäßen Werten ist – eine Schule des Glaubens und der Frömmigkeit.

 

Zum Schluss möchte ich kurz noch auf ein Leitwort des heiligen Dominikus und seiner Predigerbrüder eingehen, das mir selbst viel bedeutet und das allen, die christlich leben wollen, Orientierung sein kann.

 

Es lautet: „contemplari et contemplata aliis tradere”.

Contemplari meint: betrachten, meditieren, beten.

Contemplata ist das Betrachtete, das beim Meditieren Erkannte bzw. beim Beten Geschöpfte.

Aliis tradere heißt: an andere tradieren, überliefern, weitergeben. Also: Empfangen und Geben, Sammlung und Sendung.

Man kann auch sagen: Mit Gott sprechen und von Gott sprechen. Oder: In der Predigt, im Unterricht, in der religiösen Erziehung, im Glaubensgespräch… die Frucht der eigenen Betrachtung mitteilen. Weitergeben, was ich selbst zuvor durchdacht und im stillen Beten oder schweigenden Dasein vor Gott durchmeditiert und betrachtet habe. Dazu braucht es immer wieder Ruhe und Zurückgezogenheit gerade in unserer schnelllebigen und lärmerfüllten Zeit.

 

„Contemplata aliis tradere.“

Darin erkannte der heilige Dominikus seine Berufung.

Das ist aber ein – Richtung und Weg weisendes – Wort für alle, die aus dem Glauben leben wollen und denen die Weitergabe des Glaubens, das Glaubensbeispiel und das Glaubenszeugnis ein Herzensanliegen ist.

 

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