Aloisius wurde 1568
geboren. Er entstammte einem leidenschaftlichen Renaissancegeschlecht in
Oberitalien und war der älteste Sohn seiner Eltern. Sein Vater war der
Markgraf Gonzaga bei Mantua. Die Gonzagas hatten nur ein kleines
Herrschaftsgebiet. So traten seine Mitglieder entweder in den Dienst des
Kaisers und wurden
rücksichtslose
Haudegen, deren Weg zu Macht und Ruhm, fast könnte man sagen, mit
Verbrechen gepflastert war – Alois Bruder z. B. starb als Mörder, aus
der Kirche ausgeschlossen und selbst ermordet – oder sie schlugen den
Weg der kirchlichen Karriere ein und gelangten oft bis ins
Kardinalskollegium.
Welchen Weg ging der
Erbprinz Aloisius von Gonzaga?
Aloisius sagte einmal von
sich selbst, dass er ein verbogenes Stück Eisen sei, das
zurechtgeschmiedet werden müsse.
Wie sehr er an sich zu
schmieden hatte, erkannte er klar, als er mit neun Jahren als Page an
den Medici-Hof nach Florenz kam.
Da sah er, was auch aus
ihm werden könnte. Die Unsittlichkeit, die ihn umgab, stieß ihn ab. Umso
eifriger bemühte er sich um den Schutz Gottes. Er betete viel, lernte
auch beten ohne Worte, das innere Gebet, das liebende
Sich-hinein-Versenken in die Glaubensgeheimnisse, das einfache Verweilen
in der Gegenwart Gottes.
Von 1581 bis 1583
war Aloisius als Edelknabe am Hofe Philipps II. in Madrid. Als Page an
den verschiedenen Fürstenhöfen lernte er alles, was zu einer
standesgemäßen Erziehung gehörte: höfisches Benehmen und Auftreten,
Umgang mit dem Degen und Reiten, klassische und moderne Sprachen.
Zugleich lebte er in einer Umgebung, in der zwar alle kirchlichen
Vorschriften äußerlich erfüllt wurden, aber andererseits ein wenig
christliches Leben herrschte.
In diesem Milieu
ging Alois im Alter von zehn bis fünfzehn Jahren seinen eigenen Weg. Er
glich sich nicht an. Er blieb selbständig und protestierte durch seinen
Lebensstil gegen die oberflächliche Religiosität seiner Umwelt. Sein
religiös motiviertes Anderssein nahm manchmal auch provozierende Formen
an. Wen wundert es?
Seinem Beichtvater
fielen an ihm besonders drei Eigenschaften auf: eine große Reife des
Urteils, Abneigung gegen Müßiggang und die große Sorge, über andere
Schlechtes zu sagen.
Eigene Verantwortung und
selbstbewusste Entschiedenheit zeigte Aloisius auch, als es darum ging,
Jesuit zu werden.
Als er einmal an Mariä
Himmelfahrt in der Jesuitenkirche die Danksagung nach der Kommunion
verrichtete, wurde ihm die Gewissheit zuteil, dass er Gott im
Jesuitenorden dienen solle.
Der Vater setzte diesem
Entschluss den härtesten Widerstand entgegen. Erst nach langer
Auseinandersetzung stimmte er zu. Aloisius verzichtete auf alle
Erbansprüche, auch auf Karriere und trat in den Orden ein.
Mit 17 Jahren
begann er das Noviziat. Der junge Adlige war aber keineswegs weltfremd.
Er stand mit beiden Füssen auf dem Boden der Wirklichkeit.
Schon als Vierzehnjähriger
musste er, als sein Vater die Familie durch seine Spielleidenschaft in
Schwierigkeiten brachte, vermitteln und ausgleichen. Als
Theologiestudent musste er seine Studien unterbrechen, um erneut Streit
in der Familie zu schlichten. Sein Bruder – der Vater lebte nicht mehr –
hatte die Tochter einer angesehenen Familie entführt und lebte mit ihr
zusammen. Außerdem hatte er sich in Grenzstreitigkeiten mit einem
benachbarten Fürsten verwickelt. Aloisius gelang es, die streitenden
Parteien zu versöhnen. Auch brachte er seinen Bruder dazu, offiziell die
Frau seiner Wahl zu heiraten.
Auch noch in einem anderen
Sinn stand Aloisius mit beiden Füssen auf der Erde und lernte das Leben
kennen:
Zur Ausbildung der
jungen Jesuiten gehörten damals schon praktische Einsätze z. B. in
Heimen oder Krankenhäusern, auch Religionsunterricht für die Kinder in
den Straßen von Rom. – So war dafür gesorgt, dass die Theologiestudenten
den Kontakt mit dem realen Leben, mit den Nöten und Sorgen der Menschen
nicht verloren.
Als 1590/91 in Rom die
Pest ausbrach, war es für den jungen Jesuiten Aloisius eine
Selbstverständlichkeit, die Pestkranken zu pflegen. Er tat es
aufopferungsvoll und steckte sich dabei selbst an. 23-jährig starb er
nach längerem Krankenlager am 21. Juni 1591. Den eigenen Tod vor Augen
tröstete er zuvor noch seine Mutter in einem Brief über den
bevorstehenden Verlust ihres ältesten Sohnes.
Kurz vor seinem Tod
von seinem Provinzial gefragt, wie es ihm gehe, antwortete Aloisius:
„Ich gehe, Pater Provinzial!“ – „Gehen? Wohin?“ – „In den Himmel, wenn
meine Sünden mich nicht aufhalten.“ – „Seht den jungen Mitbruder“,
flüsterte der Provinzial den Umstehenden zu, „er spricht von seinem Weg
in den Himmel wie von einem Spaziergang nach Frascati.“
Nicht die äußeren Talente – Mitschüler
gaben ihm den Spitznamen „der kleine General“ – sondern das unbedingte
Streben nach Christusförmigkeit, die Treue, mit der er seinem Gewissen
folgte, die Konsequenz, mit der er den Weg ging, den Gott ihm zugedacht
hatte, seine radikale Abkehr von weltlichem Ruhm, von Macht und Ehre,
die Art und Weise auch, wie er sich inmitten größter Gefahren und vieler
verführerischer Möglichkeiten rein hielt an Leib und Seele, sein Eifer
im Studium, sodann der heroische Dienst der Nächstenliebe, die Pflege
der Pestkranken, all das brachte ihm die Verehrung der Jugend. Und die
Studenten erwählten ihn zu ihrem Patron.
Aloisius: ein
junger Mann, der in einer andersartigen Umgebung bewusst seinen Weg
ging, der seinem Ideal in Treue folgte und nur einem Herrn dienen
wollte: Christus. Er kann auch ein Vorbild sein für uns heute und für
die jungen Menschen unserer Zeit. |