Heute feiert die Kirche
in ihrer Liturgie nicht nur den 3. Sonntag im Jahreskreis, sondern heute
begeht die Kirche auch zum erstenmal den „Sonntag des Wortes Gottes“.
Papst Franziskus hat
diesen Tag Ende September 2019 eingerichtet. Er soll der Feier, dem
Nachdenken und der Verbreitung des Wortes Gottes gewidmet sein.
„Wort des lebendigen Gottes.“
Wie
oft hören wir das und antworten: „Dank sei
Gott“.
Doch worum geht es beim Wort Gottes? Wie damit umgehen?
Es
geht darum, sich vom Wort Gottes ansprechen und berühren zu lassen. Es
geht darum, das Wort Gottes gleichsam zu schmecken und zu verkosten. Was
sagt es mir? Was bedeutet es für mich?
Darum die hl. Schrift
nicht so lesen wie ein Sachbuch, wie ich es tue, wenn ich mich über
etwas unterrichte oder mich in einem Nachschlagwerk über etwas kundig
mache, nicht als bloße Information oder Instruktion; auch nicht als
bloße Lektüre. Die hl. Schrift ist kein Krimi, kein Roman, kein
Sportbericht, keine Modezeitschrift oder sonst eine Illustrierte; auch
kein Text den ich auseinandernehme, seziere, zergliedere, analysiere.
Es
geht nicht um Wissen und Information. Bibelstudium allein ist zu wenig.
Sich-auskennen in der Hl. Schrift genügt nicht. Das kann im Äußeren
stecken bleiben. Es geht um mehr. Es geht um tieferes.
Es geht um ein
persönliches Sich-angesprochen-Fühlen, um ein inneres Berührt- und
Betroffenwerden. Es geht um ein echtes, tiefes Erfasst- und Ergriffen-
und Bewegt- und Durchdrungenwerden vom Wort des lebendigen Gottes.
ER selbst teilt sich im
Wort der Schrift mit und gibt sich darin zu erkennen. Ich begegne IHM.
Vertrauen wächst, eine Beziehung entsteht. ER geht mir immer mehr auf
und leuchtet ein: sein Wesen, sein Tun, sein Schicksal, sein Weg, sein
Wille für mich, seine Erlösungstat für mich.
Das Wort Gottes ist
allerdings nicht immer bequem. Es ist nicht immer biegsam und fügsam. Es
schmiegt sich nicht ohne weiteres kuschelweich meinem Leben an. Es
stellt auch Fragen und stellt in Frage. Es macht heilsam unruhig und
fordert heraus; es provoziert. Es konfrontiert mich mit mir selbst und
meinem Leben. Es ruft mich zur Überprüfung meines Verhaltens und meiner
Einstellung. Es ruft mich zur Kurskorrektur und zur Umkehr.
Wichtig ist, dass ich die
ausdrückliche Absicht habe, mich vom Wort Gottes nicht nur ansprechen zu
lassen, sondern mich auch verändern zu lassen. Mit einem Wort: ich muss
auch entschlossen sein, das Erkannte zu tun.
Mancher Widerstand dem
Wort Gottes gegenüber rührt auch daher, dass es mir etwas zu sagen hat,
was Konsequenzen mit sich bringt und ich, wenn ich es ernst nehme, nicht
mehr so weiter machen kann wie bisher.
Das Wort Gottes kann
aufdecken, was ich sonst gern verdränge. Es kann mich in Berührung
bringen mit Stellen und Schichten, die ich nicht gerne anschaue.
Chiara Lubich sagt: „Es ist ein Fehler, dass wir uns mit dem Evangelium zwar beschäftigen,
es studieren, darüber diskutieren, vielleicht davon begeistert sind –
und dabei vergessen, es in die Tat umzusetzen.“
Wenn wir das Wort Gottes
an uns heranlassen, wenn wir es nicht achtlos beiseiteschieben, wenn wir
es wirklich aufnehmen, annehmen, ernst nehmen, dann kann es unser Leben
wandeln.
Im Lichte des Wortes
Gottes kann unser Leben klarer, eindeutiger, entschiedener werden, aber
auch reicher, heller und froher.
M. Delbrel sagt: „Wenn wir das Evangelium hören und in Händen halten,
sollen wir bedenken, dass das Wort darin wohnt, das in uns Fleisch
werden will, das uns ergreifen möchte, damit wir... an einem neuen Ort,
zu einer neuen Zeit, in einer neuen menschlichen Umgebung sein Leben
aufs Neue beginnen.“
Aber wie soll das
geschehen, wenn wir das Evangelium nicht zur Hand nehmen, Schriftlesung
und Schriftbetrachtung halten, das Wort Gottes meditieren oder auch im
Bibelteilen und im Schriftgespräch darüber austauschen?
Wie will jemand nach dem
Evangelium leben, wenn er sich nicht oder nur wenig damit befasst, wenn
er sich dahinein nicht immer wieder vertieft und sich von daher immer
wieder inspirieren und motivieren lässt?
Wie will jemand Maß
nehmen an Jesus Christus, wenn er sich sein Leben, sein Beispiel, seine
Worte immer wieder vor Augen hält?
Wie will jemand mit Jesus
in Beziehung sein, in Verbindung sein, mit ihm vertraut sein oder
vertraut werden, wenn er nicht mit seinen Worten und Taten, seinem Leben
und Wirken vertraut ist?
Der hl. Hieronymus sagt:
„Die Schrift nicht
kennen, heißt Christus nicht kennen.“
Und der Apostel Paulus
wünscht den Kolossern:
„Das Wort Gottes wohne
mit seinem ganzen Reichtum bei euch."