Exerzitien mit P. Pius

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Die Stimme des Gewissens

„Un wenn de amme Chrüzweg stohsch

Un nüme weisch, wo’s ane goht,

halt still, und frog di Gwisse z’erst,

‚s cha dütsch gottlob! Un folg sim Rot.

 

J. P. Hebel

 

 

„Ein ruhiges Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen“, weiß der Volksmund. „Nach bestem Wissen und Gewissen“ lautet eine Redewendung. Die „Gewissensfreiheit“ unbedingt zu achten, gilt allgemein als Konsens.

Wir alle kennen das „schlechte Gewissen“. Jeder hat es schon gehabt, oder auch „Gewissenbisse“. Am Abend des Tages halten wir vielleicht „Gewissenserforschung“.

 

Eine gut-traditionelle Auffassung nennt das Gewissen die Stimme Gottes in unserem Innern, eine Stimme, die uns sagt, was gut und bös ist, richtig und falsch, annehmbar und verwerflich.

Aber ist das Gewissen ein ganz sicherer Maßstab  für Gut und Bös? Kann das Gewissen nicht sehr grobmaschig und löchrig sein? Der eine pfeift auf sein Gewissen, den anderen plagt es. (Skrupelanten machen aus jeder Mücke einen Elefant.)

Ist das Gewissen nicht zu einem guten Teil auch Produkt menschlicher Erziehung?

 

Wir können das, was uns das Gewissen zuflüstert, geflissentlich überhören, es beiseiteschieben. Wir können das Gewissen zum Schweigen bringen. Wir können uns dem, was es uns zuraunt, entziehen.

Menschen sind aus Treue zu ihrem Gewissen gestorben (z.B. der Lordkanzler Thomas Morus, Franz Jägerstätter, die Geschwister Scholl und viele andere). Andere haben seinen Spruch in den Wind geschlagen und tun es auch heute noch.

 

Manch einer schüttelt das Gewissen gleichsam ab, weil es unbequem ist. Andere möchte es auf keinen Fall entbehren und missachten, weil es für sie wie eine innere Uhr ist, ein Kompass, eine Art Navi, und Orientierung gibt angesichts der vielen Wege und Möglichkeiten, weil es Sinn und Ziel zeigt in den Wirren des Lebens, im Durcheinander der Zeit und in der Komplexität der Entscheidungen. Das Leben besteht aus Entscheidungen. Manchmal kann man nur das kleine Übel wählen.

 

Im Bundestag wird manchmal bei ethischen Fragen der Fraktionszwang aufgehoben, und zwar dann, wenn das, worum es geht, eine „Gewissensentscheidung“ genannt wird. – Aber warum entscheidet der eine so und der andere so? Hat der eine sich vielleicht nicht genügend informiert? Hat er nicht genug geprüft?

 

Wir sprechen auch von „Gewissensbildung“. (Angestellte einer Bank werden geschult, Fälschungen zu erkennen, einen echten Fünfziger von einem falschen zu unterscheiden.)

Nach welchen Kriterien bilden wir unser Gewissen? Erziehung? Hören auf das Wort Gottes? Gottes Gebote? Lehre der Kirche? Ratschläge anderer Menschen?...

 

Die reife Gewissensentscheidung kann niemandem abgenommen werden. Wer sich auf sein (gebildetes) Gewissen beruft, für den ist es „letzte Instanz“.

 

Die Stimme des Gewissens ist nicht nur und nicht zu allererst Ankläger, unbarmherziger Aufpasser oder gnadenloser Richter.

Wo das Gewissen als „Stimme Gottes“ verstanden wird, da ist es Ermutigung, Hilfe und Orientierung auf dem Lebensweg und auf dem Weg zu Gott.

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