Exerzitien mit P. Pius

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Sendung und Verheißung

(Predigt am Exerzitienschluss; Evangelium: Mt 28, 16 - 20)

 

Das letzte Wort eines Menschen, bevor er von uns geht, hat ein ganz besonderes Gewicht. Und oft ist es so, dass wir es nie vergessen. Es bleibt uns für immer im Gedächtnis und im Herzen. Es begleitet uns in unserem Leben. Und bei entsprechenden Anlässen kommt es uns immer wieder einmal in den Sinn.

 

Im heutigen Evangelium sind uns die letzten Worte überliefert, die Jesus als der Auferstandene vor seiner Himmelfahrt seinen Jüngern zum Abschied gesagt hat.

 

Da ist zunächst das Wort: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde.“

Ein kraftvolles Wort. Jesus spricht mit Vollmacht, voll göttlicher Kraft und Macht. Ihm ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden. Ein Wort, das allem Folgenden Nachdruck verleiht.

 

Aus dieser Macht heraus gibt Jesus denen Seinen einen großen Auftrag. Er sendet sie zu allen Völkern. Sie sollen alle Menschen zu seinen Jüngern machen.

 

Die Jünger sind schon einmal von Jesus ausgesandt worden.

Damals war die Sendung auf Israel begrenzt. „Geht nicht zu den Heiden, und betretet keine Stadt der Samariter, sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.“

 

Diese Sendung wird jetzt erneuert.

Wieder heißt es wie damals: „Geht!“

Wieder werden die Jünger losgeschickt.

Diesmal aber weitet sich ihre Sendung. Es ist jetzt ein weltweiter Auftrag, eine universale Sendung, die der Herr den Seinen aufgibt und zutraut: „Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern!“

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Lassen wir uns heute am Ende der Exerzitien auch wieder senden!

Lassen wir uns heute neu vom Auferstandenen auf den Weg schicken als seine Jünger und Jüngerinnen!

Gehen wir in seinem Namen wieder hinaus in unseren Alltag, in unsere Familien, in unsere Wohnbereiche und Arbeitsplätze!

 

Lassen wir uns neu in Dienst vom Herrn!

Lassen wir uns gleichsam neu von ihm beauftragen für seine Sache, die einmalig groß ist, das Reich Gottes, dass es komme, dass es anbreche und aufbreche in den Herzen der Menschen und dass es Gestalt annehme in seiner Kirche.

Lassen wir uns Kraft geben zum Zeugnis!

Das beste Zeugnis ist ein glaubwürdiges Christenleben im Alltag.

 

Der französische Schriftsteller Paul Claudel hat geschrieben:

 

"Jesus Christus hatte nur dreiunddreißig Jahre für sein Leben auf dieser Erde. Das hat ihm nicht gereicht. Er hat nicht lieben können wie eine Mutter; dazu braucht er Mütter. Er hat nicht für eine Familie sorgen können; dazu braucht er Väter. Er hat nicht den Kranken in unserer Zeit helfen können, dafür braucht er Ärzte und Krankenschwestern. Er hat nicht jetzt das Brot brechen können; dazu braucht er Priester. – Der Herr braucht dich, um das, was er angefangen hat, in dieser Welt weiterzubauen. Der Herr braucht uns, um Wunder zu wirken, Wunder der dienenden Liebe und Güte, Wunder des Friedens… Der Herr will durch unserer Herzen und durch unsere Hände die Welt menschlicher machen. Er will durch unsere Vernunft und durch unsere Arbeit das Himmelreich kommen lassen; denn es geht ihm um diese Welt und um diese Menschen.“

 

Eine Geschichte erzählt:

In einer Stadt war eine neue Kirche gebaut worden.

Bei der Einweihung wurde ein großes Altargemälde enthüllt.

Zum Vorschein kam ein unfertiges Christusbild. Nur der Kopf war einigermaßen ausgeführt, aber das Gesicht fehlte. Der Rumpf war angedeutet, aber Arme und Beine waren nicht zu erkennen.

Die Leute waren enttäuscht. Sie schimpften: „Das ist doch nichts! Was soll dieser unfertige Christus?“ – Der Künstler gab zur Antwort: „Ich konnte nicht anders handeln. Dieses Bild müsst ihr fertig machen, weiterdenken, es vollenden. Ihr seid Jesu Arme und Füße, ihr seid sein Gesicht.“

 

Ein bekanntes Wort lautet sinngemäß:

Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun.

Er hat keine Füße, nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu bringen.

Er hat keine Lippen, nur unsere Lippen, um seine Botschaft den Menschen zu verkünden, um zu künden, dass Gott sie liebt.

 

Sich neu senden lassen!

„Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“, sagt Jesus.

Das gilt nicht nur für die Hauptamtlichen, für Bischöfe, Priester und Ordensleute.

Jesus hat uns allen sein Heilswerk anvertraut. Wir alle sind zur Mitarbeit berufen, jeder an seinem Platz und entsprechend seinen Begabungen.

 

Jesu Sendung ist unsere Sendung.

In unserem Gutsein, soll Gottes Güte aufleuchten.

In unserer Liebe soll den Menschen die Liebe Gottes begegnen.

In unserer Geduld seine Geduld, in unserem Trost Gottes Trost, in unserem Verzeihen seine Huld und sein Erbarmen.

 

„Sich senden lassen“ ist das eine.

„Mit einer Verheißung“, das ist das andere.

Diese Verheißung lautet am Schluss des Matthäusevangeliums:

„Ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung der Welt.“

 

Das sind die letzten Worte, die Jesus zu den Seinen bei seinem Abschied spricht.

Sie sind in der Präsenzform gesprochen. Ich bin bei euch.

Das gilt auch jetzt am Ende der Exerzitien. Wir dürfen das Wort auf uns hin hören.

Er ist da – und er wird es immer sein!

Er ist da und geht alle Wege mit.

 

„Ich bin bei euch alle Tage.“

Ein Wort, das Zuversicht weckt und Mut macht.

Vergessen wir es nicht! Erinnern wir uns immer wieder daran!

Machen wir uns Gottes Gegenwart immer wieder bewusst

auch in einem von vielen Pflichten und Aufgaben erfüllten Alltag,

in Lärm und Unrast, bei Ärger und in Traurigkeit, in Angst und Not:

„Ich bin bei euch alle Tage!“

 

„Wir können dem leben trauen, weil wir es nicht allein zu leben haben, sondern weil Gott es mit uns lebt.“ (A. Delp, SJ)

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