Das
letzte Wort eines Menschen, bevor er von uns geht, hat ein ganz
besonderes Gewicht. Und oft ist es so, dass wir es nie vergessen. Es
bleibt uns für immer im Gedächtnis und im Herzen. Es begleitet uns in
unserem Leben. Und bei entsprechenden Anlässen kommt es uns immer wieder
einmal in den Sinn.
Im
heutigen Evangelium sind uns die letzten Worte überliefert, die Jesus
als der Auferstandene vor seiner Himmelfahrt seinen Jüngern zum Abschied
gesagt hat.
Da ist
zunächst das Wort: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der
Erde.“
Ein
kraftvolles Wort. Jesus spricht mit Vollmacht, voll göttlicher Kraft und
Macht. Ihm ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden. Ein Wort, das
allem Folgenden Nachdruck verleiht.
Aus
dieser Macht heraus gibt Jesus denen Seinen einen großen Auftrag. Er
sendet sie zu allen Völkern. Sie sollen alle Menschen zu seinen Jüngern
machen.
Die
Jünger sind schon einmal von Jesus ausgesandt worden.
Damals war die Sendung auf Israel begrenzt.
„Geht nicht zu den Heiden, und betretet keine Stadt der Samariter,
sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.“
Diese
Sendung wird jetzt erneuert.
Wieder
heißt es wie damals: „Geht!“
Wieder
werden die Jünger losgeschickt.
Diesmal aber weitet sich ihre Sendung. Es ist jetzt ein weltweiter
Auftrag, eine universale Sendung, die der Herr den Seinen aufgibt und
zutraut: „Geht zu allen Völkern und macht alle
Menschen zu meinen Jüngern!“
Liebe
Schwestern und Brüder!
Lassen
wir uns heute am Ende der Exerzitien auch wieder senden!
Lassen
wir uns heute neu vom Auferstandenen auf den Weg schicken als seine
Jünger und Jüngerinnen!
Gehen wir
in seinem Namen wieder hinaus in unseren Alltag, in unsere Familien, in
unsere Wohnbereiche und Arbeitsplätze!
Lassen
wir uns neu in Dienst vom Herrn!
Lassen
wir uns gleichsam neu von ihm beauftragen für seine Sache, die einmalig
groß ist, das Reich Gottes, dass es komme, dass es anbreche und
aufbreche in den Herzen der Menschen und dass es Gestalt annehme in
seiner Kirche.
Lassen
wir uns Kraft geben zum Zeugnis!
Das beste
Zeugnis ist ein glaubwürdiges Christenleben im Alltag.
Der
französische Schriftsteller Paul Claudel hat geschrieben:
"Jesus
Christus hatte nur dreiunddreißig Jahre für sein Leben auf dieser Erde.
Das hat ihm nicht gereicht. Er hat nicht lieben können wie eine Mutter;
dazu braucht er Mütter. Er hat nicht für eine Familie sorgen können;
dazu braucht er Väter. Er hat nicht den Kranken in unserer Zeit helfen
können, dafür braucht er Ärzte und Krankenschwestern. Er hat nicht jetzt
das Brot brechen können; dazu braucht er Priester. – Der Herr braucht
dich, um das, was er angefangen hat, in dieser Welt weiterzubauen. Der
Herr braucht uns, um Wunder zu wirken, Wunder der dienenden Liebe und
Güte, Wunder des Friedens… Der Herr will durch unserer Herzen und durch
unsere Hände die Welt menschlicher machen. Er will durch unsere Vernunft
und durch unsere Arbeit das Himmelreich kommen lassen; denn es geht ihm
um diese Welt und um diese Menschen.“
Eine
Geschichte erzählt:
In
einer Stadt war eine neue Kirche gebaut worden.
Bei
der Einweihung wurde ein großes Altargemälde enthüllt.
Zum
Vorschein kam ein unfertiges Christusbild. Nur der Kopf war einigermaßen
ausgeführt, aber das Gesicht fehlte. Der Rumpf war angedeutet, aber Arme
und Beine waren nicht zu erkennen.
Die
Leute waren enttäuscht. Sie schimpften: „Das ist doch nichts! Was soll
dieser unfertige Christus?“ – Der Künstler gab zur Antwort: „Ich konnte
nicht anders handeln. Dieses Bild müsst ihr fertig machen, weiterdenken,
es vollenden. Ihr seid Jesu Arme und Füße, ihr seid sein Gesicht.“
Ein
bekanntes Wort lautet sinngemäß:
Christus
hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun.
Er hat
keine Füße, nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu bringen.
Er hat
keine Lippen, nur unsere Lippen, um seine Botschaft den Menschen zu
verkünden, um zu künden, dass Gott sie liebt.
Sich neu
senden lassen!
„Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“,
sagt Jesus.
Das gilt
nicht nur für die Hauptamtlichen, für Bischöfe, Priester und
Ordensleute.
Jesus hat
uns allen sein Heilswerk anvertraut. Wir alle sind zur Mitarbeit
berufen, jeder an seinem Platz und entsprechend seinen Begabungen.
Jesu
Sendung ist unsere Sendung.
In
unserem Gutsein, soll Gottes Güte aufleuchten.
In
unserer Liebe soll den Menschen die Liebe Gottes begegnen.
In
unserer Geduld seine Geduld, in unserem Trost Gottes Trost, in unserem
Verzeihen seine Huld und sein Erbarmen.
„Sich senden lassen“
ist das eine.
„Mit einer Verheißung“,
das ist das andere.
Diese
Verheißung lautet am Schluss des Matthäusevangeliums:
„Ich
bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung der Welt.“
Das sind
die letzten Worte, die Jesus zu den Seinen bei seinem Abschied spricht.
Sie sind
in der Präsenzform gesprochen. Ich bin bei euch.
Das gilt
auch jetzt am Ende der Exerzitien. Wir dürfen das Wort auf uns hin
hören.
Er ist da
– und er wird es immer sein!
Er ist da
und geht alle Wege mit.
„Ich
bin bei euch alle Tage.“
Ein Wort,
das Zuversicht weckt und Mut macht.
Vergessen
wir es nicht! Erinnern wir uns immer wieder daran!
Machen
wir uns Gottes Gegenwart immer wieder bewusst
auch in
einem von vielen Pflichten und Aufgaben erfüllten Alltag,
in Lärm
und Unrast, bei Ärger und in Traurigkeit, in Angst und Not:
„Ich
bin bei euch alle Tage!“
„Wir können dem leben trauen, weil wir es nicht allein zu leben haben,
sondern weil Gott es mit uns lebt.“
(A. Delp, SJ) |