Liebe Jubilarinnen, liebe Schwestern, liebe
Mitbrüder,
liebe Verwandte und Freunde der Jubilarinnen!
Der heutige Tag ist ein Tag der Freude und des Dankes.
Dank
gebührt, meine ich, zu allererst Gott, dem Gott, der Sie berufen und vor 40
Jahren in seinen Dienst genommen hat.
Ja, Dank für die Gnade der Berufung! „Nicht ihr habt
mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt“, sagt Jesus im Anschluss an das
Weinstockgleichnis.
Jede Berufung
– wir haben das in den Tagen der Exerzitien bedacht – jede Berufung ist ein
Geschenk, eine Gnadengabe des Hl. Geistes und gleichzeitig ein nie ganz
fassbares und letztlich unauslotbares Geheimnis.
Dank
auch, liebe Schwestern, für die Treue Ihrer Berufung.
Denn es ist gar nicht mehr selbstverständlich,
treu zu sein.
Langfristige oder sogar lebenslange Bindungen
einzugehen und dann auch in Treue dazu zu stehen, das ist heute ganz gar
nicht mehr selbstverständlich in einer Gesellschaft, in der Mobilität und
Flexibilität gefragt ist und die von Unruhe, ständigen Aufbrüchen und
Veränderungen geprägt ist.
Dank,
liebe Schwestern, dass Sie 40 Jahre lang Ihr Versprechen gehalten haben und
es mit Leben und Liebe füllen konnten.
Gott hat Sie berufen. Gott hat Sie in all den Jahren begleitet.
Er hat Sie geführt. Ohne ihn gäbe es heute
nichts zu feiern.
Ohne ihn wären wir heute nicht hier zusammen.
Dank gebührt Gott.
Dank
aber auch ihnen, liebe Jubilarinnen, dass Sie dem Ruf Gottes Gehör geschenkt
haben, dass sie ihm gefolgt sind, dass Sie sich auf Gott eingelassen haben, dass
Sie sich von Gott haben an der Hand nehmen lassen, dass Sie seiner Führung
vertrauten, dass Sie es wagten, seinen Weg und den Weg mit ihm in Treue zu
gehen.
Bischof Reinhard Lettmann von Münster berichtet nach einem
Besuch in Rumänien von einer Ordensschwester, die in der päpstlichen Nuntiatur
in Bukarest gearbeitet hatte.
Zur Zeit des kommunistischen Regimes wurde sie als
„Spionin“ verhaftet und musste 14 Jahre im Gefängnis verbringen.
Dreimal hat man ihr die Freilassung angeboten, wenn sie
ihr Leben als Ordensschwester aufgebe. Sie dürfe sogar in Freiheit als
Ordensschwester leben, wenn sie mit dem Geheimdienst zusammenarbeite. – Es ist
erstaunlich, welch großmütige Antwort diese Ordensschwester gab. Sie sagte:
„Freiheit ist ein hohes Gut, ein höheres Gut ist aber,
Gott und sich selbst treu zu bleiben.“
Liebe Schwestern und Brüder!
Ist das nicht etwas ganz Wichtiges und ganz
Zentrales in unserem Leben, sei es im Kloster, sei es als Priester, sei es als
Christ in der Welt: treu sein, treu bleiben, Gott gegenüber, den Menschen und
nicht zuletzt auch sich selbst?
Treu sein: wie und weil Gott treu ist. Er vergisst uns
nicht. Er verlässt uns nicht. In Liebe und Treue hält er zu uns und ist für uns
da. - „Kann denn eine Frau ihr Kind vergessen, eine Mutter ihren eigenen
Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergäße, ich vergesse dich nicht“, so spricht
Gott (beim Propheten Jesaja).
Auch das heutige Evangelium richtet unseren Blick auf die
Treue.
Im bekannten Bildwort vom Weinstock
weist Jesus ganz ausdrücklich darauf hin, dass die Rebzweige nur leben und
Frucht bringen, wenn sie am Weinstock bleiben. Jesus sagt:
„Ich bin der Weinstock, ihr seid
die Reben.“ „Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch!“
Wir können uns selbst nur dann treu bleiben, wenn
wir die Treue zu Jesus bewahren und wenn uns Christus in seiner Treue hält.
Dazu brauchen wir nicht viele Worte, sondern eine innige
und feste Verbindung, ja, ich möchte sagen, eine tief empfundene Freundschaft
mit Jesus.
Da kommen mir die Heiligen in den Sinn, die wir in dieser
Woche gefeiert haben: der Papst und Märtyrer Sixtus, die Karmelitin und
Märtyrin Theresia Benedikta vom Kreuz (Edith Stein), der Diakon und Märtyrer
Laurentius, schließlich Klara von Assisi. Und heute ist der Gedenktag des
Priester und Märtyrers Karl Leisner.
Jeder und jede von ihnen hat auf seine oder ihre Weise in
und aus der Freundschaft mit Christus gelebt. Jeder und jede hat
mit der Nachfolge Christi ernst gemacht. IHM waren sie in Treue ergeben. Einzig
IHM galt ihre Liebe. Mutig bekannten sie sich zu ihm, standhaft ertrugen sie
Folter und Pein.
“Nichts konnte sie scheiden von der Liebe Christi.“
(vgl. Röm 8,19)
„Mit ihrem Herrn, den sie geliebt, mit ihrem
Herrn, dem sie gefolgt im Leid, stehn sie als Sieger in der Herrlichkeit.“
Liebe Jubilarinnen!
Vor 40 Jahren haben Sie Ihr Ja-Wort gegeben. Vier
Jahrzehnte haben Sie durch Dick und Dünn, in Höhen und Tiefen in Treue zu diesem
Ja-Wort gestanden. Und heute werden Sie es noch einmal bestätigen und es
bekräftigen.
Danke
für Ihre Zeugnis des Glaubens! Danke für Ihre Treue!
Danke
für ihr Zeugnis eines Lebens in der Freundschaft mit Christus, der der wahre
Weinstock ist.
Es kann sein, dass sie die enge Verbundenheit mit Christus
in diesen 40 Jahren nicht immer gespürt haben. Es kann sein, dass Sie
sogar die dunkle Nacht der Seele kennengelernt haben.
Sehen Sie: Auch für jemand, der sich ganz Gott
verschrieben und sich Gott geweiht hat, läuft nicht immer alles glatt.
Manches kommt anders als erwartet. Man gerät in
Krise.
Es gibt leidvolle Zeiten, steile und steinige
Wegstrecken.
Es gibt Fragen, Zweifel, Ängste, Nöte.
Und doch: auch wo es nicht leicht war, haben Sie
ausgeharrt, haben auf Gott vertraut und sind in Treue ihren Weg gegangen.
Immer wieder haben Sie Kraft gefunden, Trost empfangen,
Zuversicht geschöpft, Mut bekommen: Vor allem im Gebet und in der Meditation, im
Lesen, Hören und Betrachten des Wortes Gottes, durch die Begegnung mit dem Herr
im Empfang der Sakramente, vor allem des Bußsakramentes, wo wir der barmherzigen
Liebe Gottes begegnen, und im heiligsten Sakrament des Altares, wo Jesus selbst
mit seinem Leib und Blut gegenwärtig ist und in hl. Kommunion zu uns kommt, sich
uns schenkt, uns erquickt und stärkt, uns hilft und heilt. – So haben
Sie immer wieder Licht und Kraft, Trost und Stärkung, Freude und Gnade
empfangen.
Gott sei Dank!
In den Dank des heutigen Festtages für die Berufung und
für die geschenkte Treue in Christus, wollen wir auch den Dank einschließen für
all das, was Sie, liebe Jubilarinnen, in diesen 40 Jahren wirken und vollbringen
durften.
Im Weinstockgleichnis wird das „Fruchtbringen“
ausdrücklich genannt. Sieben mal kommt es vor. „Wer in
mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht.“
Das ist von allen gesagt,
die Christus nachfolgen und auf ihn getauft sind. Und doch gilt es vom
gottgeweihten Leben ganz besonders. Denn durch die Gelübde, die Sie,
liebe Jubilarinnen, vor 40 Jahren als Richtschnur für ihr Leben gewählt und
versprochen haben, sind Sie mit Christus in einer einmaligen Weise verbunden.
Und so ist Ihr Lebenszeugnis und Ihre Lebensform
in besonderer Weise geeignet, auf Christus hinzuweisen und ihn in der Kirche,
in den Gemeinden und in der Welt sichtbar zu
machen und ihn lebendig werden zu lassen.
Ihr Dienst in der Seelsorge, im apostolischen, caritativen
oder sozialen Bereich, Ihr selbstloser Dienst am Nächsten, besonders auch
an den Schwachen und Hilfsbedürftigen macht die Liebe Jesu sichtbar, die Liebe,
mit der Er sich besonders und mit Vorliebe den Kleinen und Armen, den
Aussätzigen und Kranken, den Bedrängten und Beladenen zugewandt und ihnen seine
Nähe und Heilung und Segen geschenkt hat.
-
Wie vielen Menschen sind Sie in den 40 Jahren
begegnet?
-
Wie vielen konnten und durften Sie Weggefährtin sein?
-
Wie vielen in der Begleitung helfen und beistehen?
-
Wie viele konnten und durften Sie trösten, ihnen Mut
machen und sie im Glauben und Gottvertrauen bestärken?
-
Wie vielen Christus bezeugen?
Was Sie einem der Geringsten getan haben, Sie
haben es IHM getan, IHM sind Sie begegnet. Und Er wird ihr Lohn sein.
Ich denke auch
an ihre Arbeit hier im Mutterhaus, in den Filialen, in den Gemeinden, in den
Einrichtungen Ihrer Kongregation. Gewiss war’s manchmal auch mühevoll. Gewiss gab es Durststrecken, vielleicht auch den einen oder anderen
Schicksalsschlag. Gewiss gab es auch Müdigkeit und Resignation. Sie
brauchten Kraft, Ausdauer und Geduld. Gewiss gab es auch Konflikte,
Spannungen, Ärger. Auch im Ordenskleid ist und bleibt man Mensch. Und Sie
wissen: wo Menschen zusammenleben, da menschelt’s. - Oft erfahren wir und
es wird uns bewusst: „Wir tragen diesen Schatz in irdenen Gefäßen.“
Aber ich bin überzeugt: In aller menschlichen Schwachheit
und sogar Sündigkeit konnten und durften Sie doch Frucht bringen und Jüngerin
Jesu sein.
Wie viel konnten sie helfen, sich einbringen, Gutes tun, oft unauffällig, still und
verborgen. Die Absicht ist entscheidend.
Aus Liebe zu Gott, Ihm zur Ehre und den Menschen
zum Segen.
Eines möchte ich nicht vergessen, liebe Schwestern, Ihr
Gebet,
besonders auch Ihr stellvertretendes Gebet, Ihr Beten für andere, nicht zuletzt
auch für Ihre Angehörigen und Verwandten, ihre Mitschwestern, für die Gläubigen
und die Priester, für die Diözese, für Gerechtigkeit und Frieden in der Welt!
Gerade dieser Dienst ist gar nicht hoch genug zu
bewerten. Er ist unersetzlich und unbezahlbar. Und ich kann nur sagen:
Lassen Sie nicht nach im Gebet! Bleiben Sie dran! Machen Sie weiter so! Gehen
Sie nicht nur in der Arbeit auf! Vergessen und versäumen Sie nicht, was Jesus „das eine Notwendige“ nennt.
Ja, intensivieren Sie das Gebet. Die Kirche braucht es
dringend und die Welt hat es bitter nötig.
Danke für all Ihre Arbeit, Ihren Dienst, Ihr Zeugnis und Ihr Gebet.
Gott möge es Ihnen lohnen.
Zum Schluss, liebe Jubilarinnen!
Das Evangelium des heutigen Tages richtet unseren Blick
auch auf die Zukunft. Wie Christus all diese Jahre bei Ihnen war, so wird er Sie
auch weiterhin bewahren und begleiten.
Das ist seine ausdrückliche Verheißung: „Wenn ihr in
mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, so bittet um alles, was ihr
wollt. Ihr werdet es erhalten!“ – Was für eine Zusage!
Warum nehmen wir eigentlich Jesus so wenig beim
Wort?!
Das Entscheidende ist allerdings auch hier:
In Ihm bleiben! Und ihn hereinlassen in unser
Leben, ihm Raum geben mit seinem Geist und seinem Wort.
Liebe Jubilarinnen!
Sie werden vielleicht heute nicht nur dankbar
zurückschauen, sondern auch ein wenig ausschauen auf künftige Jahre.
Und vielleicht fragen Sie: Wie geht es mit mir weiter? Was
kommt mit zunehmendem Alter auf mich zu? Vielleicht fragen Sie auch: Was
kommt auf uns zu? Wie geht es weiter mit der Kongregation bei immer mehr
Älteren und immer weniger Jungen?
Ich bitte Sie: Machen Sie sich nicht zu viele Sorgen.
Verzagen Sie nicht! Lassen Sie den Allerhöchsten sorgen und walten!
Und glauben Sie: „Was Gott tut, das ist wohlgetan.“ „Er
weiß alles wohl zu lenken.“ Außerdem: „In wie viel Not hat nicht
der gnädige Gott über uns Flügel gebreitet!“
Also: Nur Mut! Gott führt und leitet.
Im Übrigen: „Sing, bet und geh auf Gottes Wegen! Verricht das Deine
nur getreu!“
„Tu, was du kannst; mit dem, was du
hast; dort, wo du bist!“
Liebe Jubilarinnen!
Vertrauen Sie weiter der Führung und Verheißung
Gottes!
Wer seine Zuversicht auf Gott setzt, den verlässt
er nicht.
Bitten Sie ihn - und wir tun es heute mit Ihnen -, dass er
Ihnen Kraft gibt und Treue schenkt für Ihre Aufgabe und dass er ihnen zeigt, wo
Ihr Lebenszeugnis auch zukünftig gebraucht wird.
Nützen Sie jeden Tag, den Gott Ihnen schenkt!
Und vergessen Sie nicht: Jeder Tag ist ein neuer Anfang!
Ansonsten gilt das Wort von Alfred Delp:
„Wir können dem Leben trauen, weil wir es nicht
allein zu leben haben, sondern weil Gott es mit uns lebt.“
Gott ist treu. Er wird es fügen.
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