Der Erntedanksonntag,
liebe Schwestern und Brüder, fällt in diesem Jahr genau auf das Fest des
heiligen Franziskus (04.10.).
Wir danken für die
Früchte der Erde und wir danken für das leuchtende Beispiel eines
christlichen Lebens.
Franziskus kann uns das
Danken lernen. Schauen wir auf ihn!
Franziskus war ein
Mensch, der danken konnte. Wie kaum jemand sonst war er mit Dank
erfüllt.
Von ihm stammt der
berühmte Sonnengesang, ein einzigartiger Lobpreis auf Gott, ein Danklied
auf all seine Geschöpfe.
„Höchster,
allmächtiger, guter Herr.
Dein ist das Lob, der
Ruhm, die Ehre und jeglicher Dank“,
so beginnt Franziskus
dieses Lied.
Und am Schluss heißt es:
„Lobt und preist
meinen Herrn!
Und dankt ihm und
dient ihm in großer Demut!“
Was kaum jemand weiß und
wohl auch niemand vermutet ist der Umstand, dass Franziskus den
Sonnengesang nicht in einer Hochstimmung seines Lebens gedichtet hat,
nicht in Urlaubsstimmung oder in einem Sonntagsgefühl, sondern in einer
schlimmen Krisenzeit, in einem ganz argen Tief, in dem er sich befand.
Es war etwa ein Jahr vor
seinem Tod. Franziskus war 45 Jahre alt. Von Missionsreisen nach Marokko
und Ägypten hatte er unter vielen Krankheiten zu leiden. Schmerzen
plagten seinen Körper.
Jede äußere Tätigkeit war
ihm versagt. Seine Brüder bereiteten ihm mancherlei Sorgen. Trübe
Gedanken und Schwermut belasteten ihn.
Franziskus ist fast blind
und seine Augen vertragen kein Licht, da rühmt er die Sonne als
herrliches Geschöpf Gottes, das Licht spendet und den Tag heraufführt.
Er preist Gott für den
Mond und die Sterne, für den Wind und das Wasser. Er lobt ihn für das
Feuer und die Erde mit all ihren Früchten und bunten Blumen und
Kräutern.
Alles ist für ihn Bruder
und Schwester. Und selbst im Tod erkennt er Gottes Walten und heißt ihn
als Bruder willkommen.
Von Franziskus wird
erzählt, dass er ein geschwisterliches Verhältnis zu Menschen und Dingen
hatte.
Mit großer Ehrfurcht und
feinem Zartgefühl hat er sich allem Geschaffenen zugewandt.
Im Wald umarmte er Bäume
als seine lieben Geschwister.
Er hebt einen Stock auf
und spielt auf ihm wie auf einer Geige.
Den Vögeln predigte er
die Größe des Schöpfers und forderte sie zum Lobpreis auf.
Gott Lob, Gott Ehre, IHM
Ruhm, Ihm jeder Dank!
In allem schaute er Gott.
In jeder Gabe entdeckte
er den Geber aller Gaben
In allem Guten den
Ursprung von allem Guten.
Alles Schöne ist ihm
Abglanz Gottes.
Franziskus nimmt die
Vielfalt der Natur wahr. Und sie wird ihm zum Sinnbild für die
grenzenlose Fülle und den Reichtum Gottes.
Alles wird ihm zum
Zeichen, Zeichen der Größe Gottes, Zeichen seiner Allmacht, Zeichen
seiner überströmenden Güte.
Alles bringt ihn in
Berührung mit Gott. In allem findet und begegnet er Gott.
Und alles ist für Ihn
kostbar und wunderbar: ein Schluck Wasser aus der Quelle, ein nahrhaftes
Stück Brot, eine saftige Melone, die frische Luft, jeder Atemzug, jeder
Lichtstrahl, jede Blüte…
Franziskus bleibt aber
nicht bei der Bewunderung stehen.
Er ist kein bloßer
Naturschwärmer. Er staunt. Und sein Staunen ist Gebet.
Franziskus schaut
hindurch auf den lebenspendenden Urgrund der Dinge.
Und er preist und dankt.
Sein Dank und Preis gilt Gott.
Gottes Liebe ist für ihn
unsagbar groß und wunderbar. Von ihm weiß er sich geführt und geleitet.
Ihm vertraut er sich an. Ihm überlässt er seine Sorgen.
Gott ist für ihn die
Realität seines Lebens.
Franziskus ist ein
Mensch, der danken kann, danken von ganzem Herzen, innig, ehrlich, echt.
Sein Dank ist Antwort und
Ausdruck seiner Verbundenheit mit Gott.
Uns fällt es oft schwer
zu danken. Oft sind wir einfach gedankenlos. Wir vergessen es. Vieles,
allzu vieles nehmen wir selbstverständlich. Oder wir schreiben alles uns
selber zu. Wir leisten und machen. Wir bringen es zu etwas. Alles im
Griff.
Merken wir nicht, wie arm
unser Leben wird? Nichts mehr hat Geschenkcharakter. Wir brauchen nicht
mehr bitten und nicht mehr danken. Stattdessen klagen wir, klagen ein,
stellen Ansprüche und fordern, überfordern andere und gar nicht selten
auch uns selbst.
Ganz anders Franziskus.
Alles ist für ihn
Geschenk, Gabe, Gnade.
Nichts ist für ihn
Zufall, sondern alles Führung und Fügung.
„Gott gab mir…“ so beginnt er
sein Testament. Es ist ein Schlüsselwort für sein Leben.
Franziskus weiß, dass er
nichts aus sich selber ist und hat, dass alles ihm zukommt von einem
anderen her, „der groß ist, der gut ist, jegliches Gut, das höchste
Gut, der die Liebe ist, das Erbarmen, die Quelle der Freude und des
Glücks, der Reichtum zur Genüge.“ (vgl. das „Te Deum“ des hl.
Franziskus auf La Verna)
Franziskus sieht sich
ganz als Empfangender.
Weil seine Hände leer
sind, kann Gott sie füllen.
Weil er klein ist,
niedrig, Minderbruder, darum kann er Gott groß sein lassen.
Weil er um seine Armut
weiß, seine Angewiesenheit, kann Gott sein ganzer Reichtum sein, sein
Ein und Alles. „Mein Gott und mein alles“ – „Deus meus et omnia“,
lautet ein Herzensgebet des Heiligen, das er oft und gern und ausdauernd
gebetet hat.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Das Erntedankfest fordert
uns auf, nachzudenken und nichts selbstverständlich zu nehmen.
Es fragt uns mit dem
Apostel Paulus: „Was hast du, das du nicht empfangen hättest?“ (1
Kor 4, 7)
Über den Gaben sollen wir
den Geber entdecken, den erkennen, der da ist wie ein guter Vater und
eine liebende Mutter, ihn, von dem alles kommt und der unser Leben in
seinen Händen hält.
Wer dies sieht, wer dies
entdeckt, der findet auch zu Antwort, er findet zum Dank. Und er hat für
seinen Dank auch eine Adresse.
Mit dem Psalmenbeter kann
er ausrufen: „Wie schön ist es, dem Herrn zu
danken“
Er findet – wie
Franziskus – zum Dank und zum Lobpreis Gottes.
Undank verschließt das
Herz. Dank öffnet es für Gott und die Menschen.