Eine ganze Reihe kirchlicher Hochfeste
haben wir in den vergangenen Wochen gefeiert: Ostern und Christi
Himmelfahrt, dann Pfingsten, vor einer Woche Dreifaltigkeit und am
Donnerstag das Fronleichnamsfest.
Heute haben wir wieder einen ganz
normalen Sonntag, was auch an der grünen Farbe der liturgischen Gewänder
ersichtlich ist.
Der Blumenschmuck ist einfacher, der
Maialtar abgeräumt und die Osterkerze hat den Altarraum verlassen und
ihren Platz am Taufbecken gefunden.
Mir scheint, auch die Zahl der
Gottesdienstbesucher heute hat sich wieder auf das normale Maß
eingependelt.
Nach den vielen Festen und Feiertagen
kehrt sozusagen wieder der Alltag ein, in dem sich unser Glaube bewähren
soll.
Da passt es meines Erachtens gut, dass
uns das Evangelium heute einen glaubenden Menschen vor Augen stellt,
einen Menschen, angesichts dessen tiefer Gläubigkeit selbst Jesus ins
Staunen gerät, so dass er voll Verwunderung und Bewunderung ausruft: „Einen solchen Glauben habe ich in ganz Israel nicht gefunden!“ –
Und das will was heißen! Die Juden hielten sich ja für die richtig
Glaubenden, die Rechtgläubigen, für ein heiliges Volk. Sie sahen sich
als Gottes besonderes Eigentum.
Liebe Mitchristen!
Derjenige, von dessen Glauben Jesus so
beeindruckt ist, war ein Heide, dazu ein Ausländer und obendrein ein
Angehöriger der römischen Besatzungsmacht, die den Juden das Leben
schwer machte und deshalb verhasst war. Er war Befehlshaber einer
wichtigen Militärstation am Nordufer des Sees Genesaret.
Es ist der Hauptmann von Kafarnaum.
Mir imponiert dieser Mann aus mehreren
Gründen:
Da ist zunächst einmal seine
religiöse Toleranz.
Obwohl er Römer ist schätzt er die Juden.
Er achtet ihre Religion.
Als Repräsentant der feindlichen
Besatzungsmacht geht er nicht auf Konfrontationskurs. Im Gegenteil: Er
hat einen guten Draht zu den Verantwortlichen der jüdischen Gemeinde und
umgekehrt.
Zwischen der jüdischen Bevölkerung und
ihm herrscht ein gutes Einvernehmen.
Dazu zeichnet ihn Großzügigkeit und
Freigebigkeit aus. Er hat der jüdischen Gemeinde ihre Synagoge,
ihr Gotteshaus, gebaut.
So kommt es, dass er jetzt, wo sein
Knecht schwer krank ist, in der jüdischen Gemeinde Fürsprecher findet.
Einige jüdische Älteste sind bereit, bei Jesus für ihn einzutreten und
ihn um Hilfe zu bitten.
Bei
Jesus angekommen ist die jüdische Delegation voll des Lobes für den
heidnischen Hauptmann: „Er hat es verdient“, sagen sie zu Jesus.
„Er liebt unser Volk.“ „Er hat unsere Synagoge
gebaut.“
Und Jesus lässt sich bewegen. Er geht mit
ihnen.
Was mir außerdem an dem Hauptmann
auffällt und gefällt ist seine Fürsorge. Sein Knecht liegt
ihm sehr am Herzen. Er kümmert sich um ihn wie um einen Freund. Er setzt
sich für ihn ein. Das ist nicht selbstverständlich.
Man muss bedenken: Nicht seine Frau ist
schwer krank, nicht eines seiner Kinder oder sonst jemand aus seiner
Verwandtschaft, sondern sein Sklave. Und Sklaven hatten zur damaligen
Zeit allenfalls Sachwert. Vom Hauptmann aber wird gesagt, dass er seinen
Diener sehr schätzte. Er ist besorgt um ihn. Er tut, was er kann, um ihm
zu helfen.
Und noch etwas charakterisiert und
zeichnet den Hauptmann aus: seine Bescheidenheit und Demut.
Er ist nicht zu stolz, als Römer die
jüdischen Ältesten um einen Dienst zu bitten. Er ist sich auch nicht zu
schade, die Hilfe eines jüdischen Rabbi anzunehmen. Vor allem aber fühlt
er sich nicht würdig, dass Jesus zu ihm in sein Haus kommt.
Er,
der einen hohen militärischen Rang einnimmt und gewohnt ist zu befehlen,
er, dem es gewiss nicht an Selbstbewusstsein mangelt, schickt, als Jesus
sich seinem Haus nähert, eine zweite Gesandtschaft zu ihm, diesmal
einige Freunde, und lässt ihm sagen: „Ich bin
es nicht wert, dass du mein Haus betrittst. Aber ich glaube daran:
Sprich nur ein Wort, dann muss mein Diener gesund werden.“
Hier zeigt sich der heidnische Hauptmann
sehr einfühlsam und rücksichtsvoll.
Er
weiß, dass Jesus unrein würde, wenn er das Haus eines Heiden beträte.
Deshalb bittet er ihn, doch nicht in sein Haus zu kommen. Gleichzeitig
bekennt er sein tiefstes Vertrauen in Jesu vollmächtiges Wort. „Sprich nur ein Wort, dann muss mein Diener gesund
werden.“
Das zeichnet den Hauptmann meines
Erachtens am meisten aus, sein Vertrauen. „Aber sprich
nur ein Wort…!“
Der Hauptmann glaubt fest daran, dass
Jesus seinen Diener retten und ihn heil machen kann. Er glaubt an die
göttliche Macht und Kraft Jesu. Er glaubt, dass ein Wort Jesu genügt und
es geschieht, was er will.
Der Hauptmann weiß aus seiner Alltagswelt
um die Autorität von Worten und Befehlen. Er selbst ist ein Mensch, der
Befehlen unterstellt ist und Befehlsgewalt über andere hat.
Wenn schon seine eigenen Anweisungen aufs
Wort befolgt werden, wie wirksam muss dann erst die Befehlsmacht Jesu
sein?
Sie
merken vielleicht, liebe Mitchristen, dass gar nicht die Heilung des
Dieners durch Jesus das zentrale Thema des heutigen Evangeliums ist. Im
Mittelpunkt steht vielmehr der Glaube, das heißt, das unbedingte
Vertrauen des Hauptmannes. Er traut Jesus ganz viel zu. „Sprich nur ein Wort…!“
Jesu Reaktion ist Staunen und
Bewunderung: „Einen solchen Glauben habe ich in ganz Israel nicht
gefunden.“.
Auf Jesus hat dieser Hauptmann großen
Eindruck gemacht. Vielleicht hat Jesu dieses Erlebnis (ähnlich wie die
Begegnung mit der heidnischen Frau) auch geholfen, sich nicht nur zu den
„verlorenen Schafen des Hauses Israel“ gesandt zu fühlen, sondern
einen Weg einzuschlagen, der über das eigene Volk hinausführt.
Vielleicht hat es ihn in seinem Selbstbewusstsein, Heiland und Messias
aller Menschen zu sein bestärkt und in seiner universalen Sendung
bestätigt.
Jedenfalls hat Jesus diesen heidnischen
Hauptmann den Juden und seinen eigenen Jüngern als Vorbild hingestellt.
Aber sein Beispiel hat nichts von seiner
Strahlkraft verloren.
Dieser Mann kann uns auch heute noch ein
Vorbild sein in der Menschenfreundlichkeit, im respektvollen und
achtsamen Umgehen miteinander, in seiner Wohltätigkeit und
Hilfsbereitschaft, in Ehrfurcht und Demut und vor allem auch im Glauben
und Vertrauen.
So können wir Christen sogar von einem
Heiden noch viel abgucken und manches lernen.
Dazu sind wir, gerade auch im Jahr des
Glaubens, eingeladen.
|