Exerzitien mit P. Pius

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Verloren - und wieder gefunden

24. Sonntag - Lesejahr C; Lk 15; 1 - 10

 

Evangelium

Im Himmel herrscht Freude über einen einzigen Sünder, der umkehrt

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas

In jener Zeit

1kamen alle Zöllner und Sünder zu Jesus, um ihn zu hören.

2Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Dieser nimmt Sünder auf und isst mit ihnen.

3Da erzählte er ihnen dieses Gleichnis und sagte:

4Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, lässt er dann nicht die neunundneunzig in der Wüste zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet?

5Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es voll Freude auf die Schultern,

6und wenn er nach Hause kommt, ruft er die Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir, denn ich habe mein Schaf wiedergefunden, das verloren war!

7Ich sage euch: Ebenso wird im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die keine Umkehr nötig haben.

8Oder wenn eine Frau zehn Drachmen hat und eine davon verliert, zündet sie dann nicht eine Lampe an, fegt das Haus und sucht sorgfältig, bis sie die Drachme findet?

9Und wenn sie diese gefunden hat, ruft sie die Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und sagt: Freut euch mit mir, denn ich habe die Drachme wiedergefunden, die ich verloren hatte!

10Ebenso, sage ich euch, herrscht bei den Engeln Gottes Freude über einen einzigen Sünder, der umkehrt.

 

 

Sicher ist es Ihnen auch schon passiert, dass Sie etwas Wichtiges verloren und dann ganz verzweifelt danach gesucht haben: einen Schlüssel z. B. die Brille, das Portemonnaie, das Smartphone oder ein Dokument, das sie dringend benötigt hatten.

Da ist man vielleicht ohnehin schon spät dran, es eilt und man will los – und dann ist der Autoschlüssel weg. Zigmal wird alles auf den Kopf gestellt. Noch einmal und noch einmal wird alles durchsucht: Schubladen, Taschen, Ablagen usw. In Gedanken geht man noch mal an Stellen und Orte, wo man in letzter Zeit war.

Und je länger und fieberhafter man sucht, desto nervöser und aufgeregter wird man. Wut und Aggressionen steigen hoch. Man gerät immer mehr außer Fassung, beschuldigt vielleicht auch noch andere, die gar nichts damit zu tun haben …

 

Ludwig van Beethoven hat für diese alltägliche Situation ein Klavierstück geschrieben. Es trägt den Titel: „Die Wut über den verlorenen Groschen.“ Bei You Tube kann man es sich anschauen und anhören. Es ist ein ganz rasantes Stück, heftig und aggressiv. Man sieht den Pianisten, wie er sein Instrument bearbeitet: Immer ruheloser, immer wütender, immer wilder haut er auf die Tasten. – Kunstvoll hat Beethoven die innere Not vertont, die den Suchenden befallen hat und die sich immer mehr steigert. Es ist zum Verrücktwerden! Der Groschen lässt sich einfach nicht finden.

 

Wenn das lang Gesuchte dann endlich gefunden ist, sind wir erleichtert und froh. Der wiedergefundene Schlüssel wird begrüßt: „Das gibt‘ doch nicht! Wo steckst du denn?“ Das im Kaufrummel verlorene Kind wird in die Arme genommen: „Gott sei Dank, da bist du ja!“

 

Suchen und Finden – Not und Verzweiflung einerseits und Freude und Erleichterung andererseits – das kennen wir alle und haben vielfältige Erfahrungen damit gemacht.

 

Und genau mit dieser alltäglichen Situation sind wir mitten im Evangelium. Da geht auch um Suchen und Finden.

Einmal geht eines von hundert Schafen verloren und der Hirt macht sich auf die Suche. Das andere Mal geht eine von zehn Drachmen verloren und eine Frau sucht ganz akribisch danach.

 

Manch einer mag das für übertrieben halten. Eines von hundert Schafen. Eine von zehn Drachmen. Was macht das schon?

Für einen reichen Schafherdenbesitzer mag ein Schaf noch zu verschmerzen gewesen sein. Oft aber waren die Schafhüter Pächter oder nur angestellte Knechte, Mietlinge, arme Schlucker und mussten jeden Verlust ersetzen oder teuer bezahlen. Da hat es sich schon gelohnt, loszugehen und keine Mühe zu scheuen, das Verlorene zu suchen. Die neunundneunzig Zurückgelassenen mussten ja auch nicht unbedingt unbewacht und ungeschützt zurückbleiben. Da gab es vielleicht noch Mitknechte und Schäferhunde, die aufpassten und die Herde vor Räubern und wilden Tieren beschützten.

 

So ist es mit der Drachme, die eine Frau verloren hat. Eine Drachme war ein Geldstück von hohem Wert. Für eine reiche Dame war der Verlust vielleicht zu verkraften, aber eine normale Hausfrau oder sogar arme Witwe war der Verlust einer Drachme sehr schmerzlich.

Und darum tut sie im Gleichnis, das Jesus erzählt, alles, um die Drachme wieder zu finden. Mit einer Lampe leuchtet sie in alle Ecken und Winkel. Mit einem Besen fegt sie sorgfältig jedes Zimmer aus. Sie stellt gleichsam das ganze Haus auf den Kopf. Und ich stell mir vor, wie sie auch den Kehricht auf der Schaufel nochmal ganz genau anschaut.

 

Nun, liebe Schwestern und Brüder, in den beiden Gleichnissen vom verlorenen Schaf und der verlorenen Drachme, da ist es Gott selbst, der dem Verlorenen nachgeht. Er selbst macht sich auf die Suche.

Der Hirt und die Frau sind Bilder für Gott. Nicht nur ein männliches Bild, sondern – auffallend und beachtenswert – auch ein weibliches Bild für Gott.

So wie der Hirt nach dem Schaf sucht und die Frau nach der Drachme, so sucht Gott den Menschen, besonders den, der im Leben gestrauchelt ist, der ins Abseits geraten ist, der sich verheddert und verhaspelt hat, der aus dem Netz des Guten herausgefallen ist und den Schuldgefühle plagen.

 

Doch damit sind die Geschichten vom verlorenen Schaf und der verlorenen Drachme noch nicht zu Ende. Als der Hirt das Schaf findet und es voll Freude auf seinen Schultern heimträgt, und als die Frau ihr Geldstück findet, da sind beide außer sich vor Glück und Freude. Doch wovon das Herz voll ist, davon quillt der Mund bekanntlich über. So rufen beide andere herbei – der Hirt seine Freunde und Nachbarn, die Frau ihre Freundinnen und Nachbarinnen – und laden zur Mitfreude ein: „Freut euch mit mir, ich habe das Schaf bzw. die Drachme wiedergefunden!“ Und es wird gefeiert. Es gibt ein Fest.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Wem erzählt Jesus diese Gleichnisse und gleich darauf noch ein drittes, das vom verlorenen Sohn? Er erzählt sie den Frommen seiner Zeit. Er erzählt sie den 99 Gerechten, damit sie Verständnis hätten für das hundertste Schaf. Er erzählt sie denen, die sich darüber ärgern und empören, dass er sich mit Zöllnern und Sündern abgibt, ja sogar mit ihnen isst. Er erzählt sie denen, die sich selbst für rechtschaffen, gut und fromm halten, die aber doch so hart, so verbittert, so unversöhnlich und unbarmherzig sein können und voll Hochmut und Verachtung auf die Gescheiterten, Gestrauchelten und Verlorenen herabschauen. Ihnen erzählt Jesus diese Gleichnisse als Verteidigung gegen ihre Angriffe, als Rechtfertigung für seine Zuwendung zu den Sündern.

 

Am Schluss vom ersten Gleichnis, dem vom verlorenen Schaf, heißt aus dem Mund Jesu: „Ich sage euch: Ebenso wird auch im Himmel mehr Freude sein über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die es nicht nötig haben umzukehren.“

 

Liebe Schwestern und Brüder!

In den Gleichnissen vom Suchen und Finden veranschaulicht Jesus die unermessliche Liebe Gottes. Wie der Hirt sich über das verlorene Schaf und die Frau sich über die Drachme zusammen mit anderen freuen, so freut sich Gott über jeden, der heimfindet in seine Liebe.

 

„Ein einziger Sünder, der umkehrt!“ – Ich finde, nur ein Gott, der unendliche groß ist, kann sich über etwas so Kleines freuen. Andererseits – das ist auch wahr: nur der Sünder ist in der Lage, Gott diese Freude zu bereiten. Aber, sagen Sie es selbst: Wer ist kein Sünder?

Wir sind ja noch längst keine Engel.

 

Doch Gott sucht nach mir, wenn ich verloren gegangen bin.

Keine Ecke ist ihm zu schmutzig, kein Weg zu weit, keine Anstrengung zu groß. Nichts ist ihm zu viel, um mich zu finden. Und Gott freut sich und feiert – und mit ihm die Engel und der ganze Himmel, wenn ich mich habe finden lassen. Und das nicht nur einmal, sondern immer wieder aufs Neue. Gott hört nicht auf zu suchen, egal wie oft ich verloren gehe. – Das ist wirklich Evangelium. Nicht Drohbotschaft, sondern frohe Botschaft.

 

Noch etwas: Ich denke, Gottes Suchen nach mir unterscheidet sich von der Wut und dem Zorn über den verlorenen Groschen.

Gottes Suchen ist sehnsuchtsvoll, verlangend, ausdauernd und geduldig. Es ist geradezu eine heilige Suche. Denn wir, ich, jede und jeder von uns, sind ihm überaus wertvoll und kostbar.

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