Ein
Kapuziner kommt in den Himmel. Petrus weist ihn an, vor der Himmelstür
Platz zu nehmen und zu warten, bis er eingelassen wird. – Er wartet und
wartet. – Auf einmal treten die Heerscharen der Engel auf, ein
Posaunenchor und ein Streichorchester, Chöre der Cherubin und Seraphin,
Erzengel mit Fahnen und ein roter Teppich wird ausgerollt.
„Sicher ist der Papst gestorben oder ein Kardinal“,
denkt der Kapuziner. Aber weder noch, ein einfacher Pfarrer ist es, der
so festlich abgeholt und in feierlicher Prozession durch die Himmelstür
Einzug hält.
„Was soll denn dieser Aufwand“,
fragt der Kapuziner später den Petrus. „Ich
warte hier schon eine halbe Ewigkeit und dieser Pfarrer kommt
schnurstracks in den Himmel – und dann noch mit einem Riesenaufgebot.
Ist das nicht ungerecht?“
„Weißt du“,
antwortet ihm Petrus, „Kapuziner kommen hier
alle Tage an, aber Pfarrer nur alle Schaltjahr mal einer.“
Es gibt
eine ganze Reihe Witze, die sich mit dieser Thematik befassen, dem
Hineinkommen in den Himmel bzw. dem Warten vor der Himmelstür. Irgendwie
scheint die Sache zu interessieren.
Auf
einer Geburtstagsfeier sagt eine Frau: „Wenn ich nicht in den Himmel
komme, dann kommen die meisten andern auch nicht rein.“ Meint ihr
Mann: „Du kommst ganz sicher rein.“ „Wieso?“
„Drachen steigen. Und außerdem hält ’s bei dir kein Teufel aus.“
Kommen
wir alle in den Himmel, weil wir so brav sind?
Gibt es
das ewige Leben so einfach und billig wie in diesem Karnevalsschlager?
Ist
Hoffnung für alle? Oder für viele? Oder werden nur wenige gerettet?
Mir
scheint: der Mann, der diese Frage im Evangelium stellt, meint es
ehrlich. Diese Frage berührt und interessiert ihn ganz existentiell.
Und wir?
Beunruhigt uns diese doch wichtige Frage überhaupt noch? Oder ist unser
Leben randvoll gepackt mit tausend anderen Fragen und Dingen, so dass
für die Frage, wie wir einmal vor Gott dastehen, gar kein Platz mehr
ist?
Jesus
gibt auf die Frage: Sind es nur wenige, die gerettet werden, keine
direkte Antwort. Er sagt nicht: Es sind wenige oder es sind viele.
Er lenkt
die Frage in eine andere Richtung. Er spielt den Ball zurück und
antwortet mit einem Aufruf:
„Müht
euch mit allen Kräften durch die enge Tür zu gelangen!“
Damit
sagt Jesus: Spekuliert nicht! Fragt nicht nach den anderen! Schaut auf
euch selbst!
Ob jemand
gerettet wird und wer gerettet wird, das hängt von jedem selber ab. Ihr
selbst habt es in der Hand.
Gott will
das Heil für alle. Er will, dass sie vom Norden u. Süden, vom Osten u.
Westen kommen und in seinem Reich zu Tisch sitzen.
Aber es
liegt an jedem einzelnen. Ob einer glaubt und seinen Glauben auch lebt,
dass einer nicht nur getauft ist und Christ heißt, sondern es auch
wirklich ist, ob man davon was im Leben merkt, darauf kommt es an!
Das Tun
des Wortes Gottes, die Lebenspraxis ist ausschlaggebend für die
endgültige Zukunft bei Gott.
Jesu
Worte ermahnen, sie rütteln auf. Sie rufen zum Handeln hier und jetzt.
Eingeladen sind alle. Aber Rettung geschieht nicht automatisch.
Der
Mensch kann die Einladung Gottes ausschlagen.
Er kann
an seiner eigenen Engherzigkeit u. Hartherzigkeit scheitern.
Seine
eigene Lieblosigkeit und Selbstsucht kann ihm im Weg stehen.
Das
verdeutlicht sehr gut folgende Erzählung von Dostojewski:
Es lebte
einmal eine alte Frau, die war sehr böse und starb.
Diese
Alte hatte in ihrem ganzen Leben keine einzige gute Tat vollbracht. Da
kamen denn die Teufel, ergriffen sie und warfen sie in den Feuersee.
Ihr
Schutzengel aber stand da und dachte: „Kann ich mich denn keiner
einzigen guten Tat erinnern, um sie Gott mitzuteilen?“
Da fiel
ihm etwas ein. Und er sagte zu Gott: „Sie hat einmal in ihrem
Gemüsegärtchen ein Zwiebelchen herausgerissen und einer Bettlerin
geschenkt.“
Und
Gott antwortete ihm: „Nimm dieses Zwiebelchen
und halt es ihr in den See, so dass sie es zu ergreifen vermag. Und wenn
du sie daran aus dem See herausziehen kannst, so möge sie ins Paradies
eingehen. Wenn aber das Pflänzchen abreißt, so soll sie bleiben, wo sie
ist.“
Der Engel
lief zu der alten Frau und hielt ihr das Zwiebelchen hin: „Hier“,
sagte er zu ihr, „fass an, wir wollen sehen, ob ich dich daran
herausziehen kann!“ Und er begann vorsichtig zu ziehen – und hatte
sie beinahe schon ganz herausgezogen. Aber da merkten es die anderen
Sünder im See. Und wie sie das sahen, klammerten sie sich alle an die
Frau, damit man auch sie mit ihr zusammen herauszöge.
Aber die Frau war böse, sehr böse und fing an zu strampeln und stieß die
anderen mit ihren Füßen zurück und schrie: „Nur
mich allein soll man herausziehen, nur mich und nicht euch. Es ist mein
Zwiebelchen und nicht eures.“
Wie sie
aber das ausgesprochen hatte, riss das kleine Pflänzchen entzwei. Und
die Frau fiel in den Feuersee zurück und brennt dort noch bis auf den
heutigen Tag. Der Engel aber weinte und ging davon.
Das
Zwiebelchen hätte die Frau retten können. Gott will, dass alle gerettet
werden. Jesus hat sogar dem reumütigen Schächer am Kreuz noch das
Paradies geöffnet.
Aber wir
werden nicht automatisch vor’ s Himmelstor geschwemmt nur weil wir
getauft sind oder jeden Sonntag in die Kirche gehen.
Thomas von Kempen schreibt in seiner „Nachfolge Christi“ von
einem Freund, der unbedingt wissen wollte, ob er zu den Erwählten
gehört: „Und wenn du es wüsstest, was würdest
du dann tun? – Was du alsdann tun würdest, tu es jetzt! Und du wirst
sicher zum Ziel kommen.“
In
einem modernen Kirchenlied heißt es: „Jetzt ist
die Zeit, jetzt ist die Stunde, heute wird getan oder auch vertan,
worauf es ankommt, wenn er kommt.“
Das
Vorzeigen des Taufscheins genügt nicht. Das Bezahlen der Kirchensteuer
genügt nicht. Die „religiösen Pflichten“ abhaken genügt nicht.
Auch fromme Reden und Lippenbekenntnis bringen es nicht.
Im
Gegenteil: „Nicht jeder der zu mir sagt ‚Herr, Herr’ wird in das
Himmelreich kommen, sondern wer den Willen meines Vaters erfüllt.“
„Ihr seid meine Jünger“,
sagt Jesus in den Abschiedsreden, „wenn ihr tut, was ich euch
aufgetragen habe.“
Und
was hat er uns aufgetragen? „Liebt einander!
Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben!“
Nicht: „wie du mir so ich dir“, sondern,
„wie ich euch, so ihr
einander!“
„Seht, wie sie einander lieben“,
hat man von den ersten Christen gesagt.
Das war
ihr Erkennungszeichen: die Liebe. Das ist auch der Prüfstein des
Glaubens heute. Am Schluss unseres Lebens werden wir nach der Liebe
gefragt. Allein die Liebe zählt.
Die
Alltagsform der Liebe ist die Geduld, das Einander-Ertragen, das
Sich-gegenseitig-Annehmen. Die Höchstform der Liebe ist das Verzeihen.
Es geht
darum, an dem Platz, an dem ich stehe, die Güte und Liebe Gottes
widerzuspiegeln und so die Gegenwart Gottes zum Leuchten zu bringen.
Die Rede
von der engen Tür findet meines Erachtens eine Interpretation und
Ergänzung durch zwei andere Jesusworte.
Das
eine ist eines der schönen und großartigen „Ich-bin-Worte“ im
Johannesevangelium. Da sagt Jesus: „Ich bin die Tür. Wer durch mich
eintritt, wird gerettet werden.“ (Joh 10, 9).
Das macht
Mut und gibt Zuversicht.
Das
andere Wort Jesu ist überliefert im Zusammenhang der Begegnung eines
reichen Mannes mit Jesus (vgl. Mk 10, 17 - 27).
Der
Mann ist von der Frage bewegt: „Was muss ich
tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“
Aber er
bringt es nicht fertig, alles zu lassen und vorbehaltlos, den Sprung ins
Vertrauen wagend dem Ruf Jesu zu folgen. Betrübt wendet er sich ab.
Nachher
sagt Jesus zu den Jüngern: „Wie schwer ist es, (nicht nur für
einen der reich ist, sondern überhaupt) in das Reich Gottes zu
kommen!“
Die
Jünger erschrecken und fragen: „Aber wer kann dann überhaupt gerettet
werden?“ – Jesus schaut sie an und sagt: „Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott, denn für Gott ist
alles möglich!“
Über das
Unvermögen des reichen Mannes, alles zu lassen und vorbehaltlos den Weg
Jesu mitzugehen und über die Angst bzw. das Erschrecken der Jünger („Wer
kann da noch gerettet werden?“), stellt Jesus die Gnade Gottes.
Gottes
Gnade ist größer als unsere Armseligkeit. Seine Barmherzigkeit ist
größer als all unsere Schwachheiten und Unzulänglichkeiten. Gottes Liebe
ist größer als alle Schuld.
„Für Gott ist nichts unmöglich.“
Das ist trostreich und hoffnungsvoll.
Gott
sinnt Gedanken der Rettung, nicht des Verderbens. Er will unser Glück
und unser Heil. Er will, dass wir „das Leben haben und es in Fülle
haben“. (Joh 10, 10). |