Die Aktualität der Maria-Marta-Erzählung
liegt auf der Hand.
Zeitgemäß
ist aktives Leben: in Bewegung sein, die Hände rühren, ein voller
Terminkalender.
Oft ist
jede Minute verplant. Das Tun, die Leistung, Erfolg und Gewinn stehen
ganz oben.
Für viele
gibt es nichts als Arbeit und Hetze, Tempo und Termine,
auch über den Feierabend hinaus und noch am Wochenende. Rastlosigkeit
bis zum Umfallen, Überbeanspruchung, Stress, Hektik.
Und wie
oft sieht man vor lauter Alltagskram die wesentlichen Dinge nicht mehr.
Wir leben in einer Zeit,
in der Menschen oft nur noch so viel wert sind, als sie leisten können
und Erfolg haben.
Ein
fatales, verderbliches Nützlichkeitsdenken macht sich allseits breit.
Viele spüren zwar,
dass das Menschliche zu kurz kommt und sogar oft ganz auf der Strecke
bleibt,
verharren
jedoch weiter im Hamsterrad,
in der Tretmühle der täglichen Aufgaben und
Pflichten,
im
zermürbenden Kreislauf von Leistung, Nutzen, Erfolg,
hektischer Betriebsamkeit und ruhelosem Aktivismus.
Ist es da nicht wohltuend, liebe Schwestern und Brüder,
von Jesus zu hören, dass es nicht nur auf das Schaffen und Machen und
Leisten ankommt, dass das gar nicht an erster Stelle steht?
Ist es nicht gut, liebe Mitchristen,
dass es Maria von Bethanien gibt, die unser
einseitige Lebensausrichtung und unser einseitiges Denken korrigiert?
Nicht nur
Geben, sondern auch Empfangen, nicht nur Tun, sondern auch Muße und das
geistliche Leben
sind
Eckpfeiler unseres Daseins, die tragen, stützen und Halt geben.
Fragen
wir uns, liebe Mitchristen:
-
Haben wir noch Zeit für Unerwartetes, für
Unvorhergesehenes?
-
Haben wir noch Zeit, still zu werden, in uns
hineinzuhören und zuzuhören?
Oder
eine ganz andere Frage:
-
Auf Kosten wovon vermindern und
verkürzen wir immer wieder die Zeit für das Gebet, die
Schriftlesung, die Meditation, die Zeit für Stille, Schweigen und
Betrachtung?
Wider ist
es unsere hektische Betriebsamkeit, die uns daran hindert.
Wir
stecken voller Gedanken, Pläne und Absichten.
Wir sind
ständig auf Trab, in action, eingespannt und darum angespannt
und in
Folge dessen nervös, gereizt, ausgelaugt und ausgepowert.
Muss
aber, wer zur Besinnung kommen will, nicht immer wieder ausspannen?
Muss, wer
die leise Stimme Gottes vernehmen will, nicht von Zeit zu Zeit alles,
was sich so wichtig gebärdet,
alles,
was sich zu sehr in den Vordergrund drängt und uns den Atem raubt,
das
viele, das allzu viele, das wir am Hals und um die Ohren haben,
dann und
wann mal lassen, beiseite schieben, ruhig werden, leer werden,
um wieder
offen und empfänglich zu werden für Neues, für Wesentliches?
Sehen
Sie, liebe Schwestern und Brüder,
es gibt
eine Gesetzmäßigkeit, die wir modernen Menschen oft vernachlässigen:
Meditation kommt vor Aktion.
Empfangen kommt vor Geben,
Sammlung vor Sendung.
Das
Wort braucht das Schweigen.
Sonst
gleichen wir einem leeren Krug oder einem wasserlosen Brunnen.
Wir gehen
auf in lauter Pflichten und Aufgaben. Und am Schluss gehen wir darin
unter und werden davon zermürbt und zerrieben.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Wir sind
zunächst nicht zur Aktion gerufen, sondern wir sind eingeladen, uns
beschenken zu lassen, wie Maria es tut.
Nicht
Tun-Müssen, sondern Sein-Dürfen!
Das, was
wir hörend, glaubend, betend empfangen ist immer wichtiger und mehr als
das, was wir selbst hervorbringen und bewerkstelligen.
Verstehen Sie mich nicht falsch!
Die
Aktion gehört unbedingt zur Nachfolge Jesu. Keine Frage!
Nur, sie
muss zunächst in der Kontemplation, im Hören auf Gottes Wort, ihren
Grund gefunden haben.
Sonst
wird es leicht leerer Aktivismus, bloße Betriebsamkeit. Und die ist
überflüssig.
Sehen
Sie:
Das, was
nach außen geschieht, muss von innen her, vom Wort Jesu her, von der
Gemeinschaft und Verbundenheit mit her, getragen, inspiriert und
motiviert sein.
Ora et
labora, Gebet und Arbeit, Engagement und Kontemplation,
Aktion und Meditation
sind die
beiden Pole zwischen denen sich unser Leben als Christen abspielt.
Nur, was
Marta tut, das können wir in der Regel, das fällt uns gewöhnlich leicht.
Was Maria
tut, was sie wählt, das Eine, das Jesus „notwendig“ (Not wendend)
nennt, das müssen wir immer wieder einüben.
Das kommt
bei uns eher zu kurz. Das ist oft unterentwickelt oder fällt sogar ganz
aus.
Nicht
wahr, liebe Mitchristen:
„Meist
sind wir MARTA, jene geschäftige Frau. Wir warten täglich auf mit
tausend Dingen und glauben das Glück zu verdienen, während die Sorge uns
beinah erstickt.
MARIA,
der Schwester, neiden wir manchmal den Platz.
Und könnten doch selbst jederzeit schweigen und ruhen zu Füßen des
Herrn, verweilen in seiner Gegenwart, um sein Wort, seine Weisung zu
pflanzen tief innen, wohin keine Sorge dringt.“
(nach Conrad Miesen)
Solidarität und Spiritualität, Nächstenliebe und
Gottesliebe,
Diakonie
und Liturgie, Aktion und Kontemplation.
Dann wird
unser Leben, das oft Schlagseite hat, ausgeglichen.
Es kommt
in die Balance. Es wird stimmig.
Es kommt darauf an, liebe Schwestern und Brüder,
dass
beide, Marta und Maria, sich in uns entfalten und – so harmonisch
wie möglich – in uns leben können.
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