Exerzitien mit P. Pius

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Geht! Ich sende euch!

(14. Sonntag - Lesejahr C; Lk 10, 1 - 9)

 

Die Aussendung der Apostel bzw. auch von 72 „anderen“ – man darf wohl annehmen Jüngern und Jüngerinnen – ist in den Evangelien mehrfach und in verschiednen Varianten überliefert.

 

Die Sendung der Seinen zu den Menschen, das Weitersagen und Weitertragen der Heilsbotschaft ist ein Herzensanliegen Jesu.

 

Aber wie geschieht diese Sendung? Worauf legt Jesus Wert?

 

Als erstes fällt mir auf:

Es sind Fischer und Zöllner, die Jesus sendet, Menschen wie du und ich. Menschen mit Schwächen, mit bisweilen ungestümem Temperament, nicht frei von Angst; Menschen, weder besonders tugendhaft, noch besonders gescheit, allesamt Laien, keine Schriftgelehrten, keine theologischen Experten. Da ist nichts Professionelles. Anscheinend sind andere Dinge wichtiger.

„Die Ernte ist groß.“ Und der Auftrag, die frohe Botschaft in alle Welt zu tragen, ergeht an alle Jünger und Jüngerinnen, an alle Christen.

 

Als zweites klingt mir noch das „Geht“ in den Ohren:

„Geht!“ Es klingt wie ein Fanfarenstoß. Geht zu den Menschen!

Das heißt: Wartet nicht bis die Leute zu euch kommen! Geht zu ihnen hin! Seid offen für das, was die Menschen bewegt, für ihre Fragen und Sorgen, ihre Nöte und Ängste, ihre Hoffnungen und Freuden!

 

Als drittes fällt mir auf:

Jesus schickt die Jünger zu zweit, paarweise aus.

Sie sollen einander unterstützen, sollen miteinander die Lasten ertragen, Strapazen aushalten, Krisen meistern und Gefahren bestehen.

Zu zweit kann man sich auch austauschen, Probleme besprechen, sich gegenseitig anspornen. Gemeinsamkeit verleiht Stärke und Kraft.

 

Mindesten zwei: das heißt auch: es geht um gelebte Gemeinschaft.

Sie sollen nicht nur durch Worte predigen, sondern durch ihr Beispiel.

Es soll anschaubar werden, wie es geht, miteinander Leben und Glauben zu teilen, Liebe zu üben, Geduld zu haben, verzeihen zu können.

 

Das sagt uns: Christen sind keine Einzelkämpfer, keine Solisten.

Tuchfühlung ist angesagt, sich einhaken, Solidarität, Geschwisterlichkeit, Weggemeinschaft.

Der Versuchung zum Alleingang gilt es auch heute zu widerstehen.

Das Gemeinsame suchen, im Gespräch bleiben, einander stützen und stärken.

 

Als viertes fällt auf:

Die Jünger sollen nichts mitnehmen. Nur das Allernotwendigste.

Ich denke, die Jünger sollten erfahren, wie es ist, sich ganz auf die Güte der Menschen und letztlich auf die Vorsehung Gottes zu verlassen.

 

„Nehmt nichts mit!“

Für mich heißt das:

Geh so zu den Menschen! So wie du bist.

Sei einfach! Sei du selbst! Gib dich selbst!

Sag, was du glaubst! Sprich von deinen Erfahrungen!

Da brauchst du keinen Doktortitel, keine Propagandamittel, keinen unnötigen Ballast.

Das alles ist es nicht und bringt es nicht.

Weniger kann mehr sein.

Weniger an Sachen, Hilfsmittel, Institutionen, Bürokratie.

Mehr an Freiheit, Unabhängigkeit, Beweglichkeit.

Weniger an Haben, mehr an Sein.

 

„Nehmt nichts mit!“

Für mich heißt das auch:

Komm nicht protzig daher! Pflege nicht dein eigenes Image! Profilier dich nicht selbst!

ER muss wachsen! Sein Reich, Seine Herrschaft, Sein Wort soll die Herzen der Menschen erreichen.

Reichtum und Macht, Prestige und Prunk, Ehrsucht und Erfolgshunger sind keine Kategorien des Evangeliums.

Das alles kann sogar zur Fessel für die Botschaft werden.

 

Fünftens: Grüßt niemand unterwegs

Das ist ganz merkwürdig, dass sie keinen Menschen grüßen sollen.

Ist das nicht unhöflich?

Doch das „Grüßen“ unterwegs ist im Orient nicht nur der kurze Gruß und der Wunsch für einen guten Tag. Orientalische Begrüßungen können Stunden dauern.

Gemeint ist: Verplempert keine Zeit, schwätzt nicht ewig mit dem und jenem und jedem. Lasst euch nicht aufhalten!

Grüßen sollen sie freilich, immer wenn sie in ein Haus kommen. Dann sollen sie als erstes sagen: „Friede diesem Haus!“

 

Sechstens: Bleibt!

Jesus schickt die Seinen nicht nur los mit leichtem Gepäck.

Sie sollen auch mit ihrer Unterkunft und Verköstigung zufrieden sein.

Sie sollen bleiben, wo sie Quartier gefunden haben.

Es könnte sonst Neid und Eifersucht und manches Gerede entstehen wegen des Wechselns in bequemere und komfortablere Unterkünfte.

Sie sollen sich nicht heute hier und morgen dort mit dem Besten verwöhnen lassen.

 

Siebtens: Heilt die Kranken!

Es fällt auf, dass die Jünger von Jesus nicht nur den Auftrag zur Verkündigung erhalten.

Sie sollen die Gottesherrschaft nicht nur mit Worten ausrufen, sondern Jesus hat ihnen auch die Vollmacht gegeben, Kranke zu heilen und Dämonen auszutreiben.

Es geht dem „Heiland“ nicht nur um das Seelenheil, sondern um den ganzen Menschen, um das Heil für Seele und Leib.

 

So gesehen ist durchaus etwas Richtiges dran, wenn von einer therapeutischen Seelsorge die Rede ist.

Christlicher Glaube ist nicht nur moralisch und asketisch, sondern auch und sogar vor allem mystisch, diakonisch und therapeutisch.

 

Es geht auch heute darum, die Menschen heil zu machen, sie zu befreien, von dem, was sie bedrückt, fesselt, krank und kaputt macht.

Die Dämonen, die Quälgeister, die „Abergeister“ (wie Fridolin Stier übersetzt), haben viele Gesichter.

 

Als letztes fällt mir auf:

Jesus ist Realist.

Er weiß, nicht überall werden die Boten mit offenen Armen empfangen.

Die Jünger werden auch auf Ablehnung stoßen und Hass erfahren.

Da, wo solches geschieht, sollen sie sich nicht aufreiben und keine Zeit vertun, sondern einfach weiterziehen.

Vielleicht kommt die Zeit später, vielleicht kommt die Zeit nie.

Gott weiß es.

 

Sie sollen die Frohe Botschaft mit ganzer Kraft verkünden.

Säen, säen und nochmals säen.

Jeder soll die Botschaft vernehmen.

Alle sind eingeladen, den Glauben kennen zu lernen.

Aber keinem darf er aufgezwungen werden.

Die Frohe Botschaft soll nicht aufgedrängt werden.

Mit Druck und Zwang bringt man den Menschen Gott nicht näher.

 

Ob und wie das Reich Gottes Fuß fasst, liegt in der Freiheit des Menschen. Gott respektiert diese Freiheit.

Annahme oder Ablehnung entzieht sich letztlich der Verfügung und dem „Machen“ des Jüngers.

Unsere Aufgabe ist die Aussaat. Wachstum und Ernte ist Sache des Herrn.

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