Es gibt Abschnitte im Evangelium, die
klingen hart. Sie scheinen so gar nicht zur Lehre und zum Leben Jesu zu
passen.
Sagt
Jesus nicht den Aposteln:
„Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch“?
Ist Jesus nicht der, der das Ende der
Vergeltung fordert und zu grenzenloser Vergebung aufruft?
Nennt er in der Bergpredigt nicht die
Friedensstifter selig und diejenigen, die keine Gewalt anwenden?
Und heute heißt es im Evangelium: „Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Nein,
ich sage euch, nicht Frieden, sondern Spaltung!“
Wie geht das zusammen: Frieden bringen
und Streit entfachen, sich sanftmütig nennen und Spaltung verursachen?
Das
ist kein Kuschelevangelium.
Jesus sagt uns heute ganz
unmissverständlich, dass seine Botschaft Konflikte heraufbeschwören
kann, die bis in die Familie reichen. Er sieht voraus, dass es um
seinetwillen zu Spannungen und Konfrontation kommt unter Umständen sogar
innerhalb der eigenen Verwandtschaft.
Wir dürfen Jesus nicht missverstehen: Es
geht ihm nicht darum, Menschen gegeneinander aufzuwiegeln. Er ruft weder
im Namen Gottes zu Unfrieden und Gewalt auf noch will er Familienkrach.
Aber er verspricht
denjenigen, die ihm nachfolgen, kein beschauliches und konfliktfreies
Leben.
Entschiedenheit aber, Leben nach Gottes
Willen ohne falsche Rücksichtnahme, daran lässt Jesus keinen Zweifel,
hat Konsequenzen. Sie kann zu heftigen Auseinandersetzungen führen bis
in die Familie hinein.
Wo jemand
konsequent Christus nachfolgt, da wird das unter Umständen Ablehnung,
Hass und Feindschaft zur Folge haben, eventuell sogar im Kreis der
nächsten Angehörigen.
100, 200 Jahre später: Was für
Entscheidungssituationen, was für Familiendramen mit all ihren
Konsequenzen!
Die Lebensbeschreibungen der heiligen
Felizitas, Perpetua, Agatha, Luzia, Agnes, Cäcilia, Anastasia sprechen
davon. Die Fronten liefen in diesen und vielen anderen Fällen mitten
durch die Familie. Die heilige Margareta wurde von ihrem eigenen Vater wegen
ihres christlichen Glaubens angezeigt und die heilige Barbara vom eigenen
Vater sogar enthauptet.
Oder Anfang des 13. Jahrhunderts in
Assisi: Franziskus gibt vor dem Gericht des Bischofs seinem Vater nicht
nur sein Geld zurück, sondern zieht auch seine Kleider aus und wirft sie
ihm vor die Füße: „Von jetzt an sage ich nicht mehr Vater Pietro
Bernadone, sondern nur noch Vater unser im Himmel“.
Welch ein Konflikt! Welch ein Riss durch
die Familie um Gottes willen.
Konflikte um des Glaubens willen gibt es
auch in unseren Tagen bis in die Familie hinein. Wer weiß davon nicht
aus eigener schmerzlicher Erfahrung ein Lied zu singen?
Da haben Eltern
versucht ihren Kindern ein gutes Beispiel christlicher Lebensführung zu
geben. Jetzt erleben sie wie ihr Sohn aus der Kirche austritt und ihre
Tochter das Enkelkind nicht taufen lässt. Das tut weh, sehr weh. Die
Mutter ist ganz geknickt, der Vater erbost. Von nun an geht ein
schmerzlicher Riss durch die Familie. Die Eltern haben ihre Kinder gern.
Aber gerade deswegen ist es ihnen nicht egal, was sie machen.
Oder: In einer wenig religiösen Familie
äußert der einzige Sohn, der einmal das Geschäft übernehmen soll, dass
er Priester werden will. Da ist Feuer unter`m Dach. Dieses Ansinnen
versucht man ihm mit Zuckerbrot und Peitsche auszutreiben.
Als der Sohn dann doch ins
Priesterseminar geht, brechen die Eltern jede Verbindung für Jahre ab.
Wie oft stehen tatsächlich drei gegen
zwei und zwei gegen drei, der Vater gegen den Sohn und die Mutter gegen
die Tochter, die Kinder gegen die Eltern.
Je mehr auch heute Christsein nicht mehr
selbstverständlich ist, je mehr wir in einer entchristlichten
Gesellschaft leben, umso mehr bekommt die Nachfolge Christi wieder
Entscheidungscharakter.
Wie
ernst nehmen wir unseren Glauben? Wie konsequent leben wir unser
Christsein? Wo
bleibt unser Profil als Christen? Leben wir zu angepasst? Funktionieren wir
zu reibungslos? Haben wir die christliche Botschaft so entschärft, dass
sie nur noch Gebrauchsreligion ist, Dekoration für Weihnachten,
Hochzeit, Weißen Sonntag?
Noch etwas:
Entschiedenheit und Konsequenz schließen nicht aus, den anderen, der
anders denkt und lebt, zu achten.
Jesus hat uns kein
leichtes Leben versprochen. Aber er hat uns versprochen, dass er unser
Leben teilt, so wie es wirklich ist, mit allem, was dazugehört, auch mit
allen Spannungen, Konflikten, Sorgen und Dunkelheiten. Er lässt uns
nicht allein. Er geht alle Wege mit uns. Bei ihm ist Trost und Heil. Er
schenkt uns Kraft und Mut.
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