Exerzitien mit P. Pius

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Eklat in Nazareth

(4. Sonntag - Lesejahr C)

 

Das ist richtig spannend, ja dramatisch, was da in der Synagoge von Nazareth vor sich geht.

Am Anfang Beifall, alle staunten, wie begnadet Jesus redet.

Am Ende geraten alle in Wut, springen auf und treiben ihn zur Stadt hinaus.

 

Zunächst kommt Jesus gut an. Seine Worte finden Zustimmung.

Aber in den Beifall mischen sich bald kritische Töne, Widerstand regt sich. – Am Ende stehen Empörung, blanker Hass, erbitterte Ablehnung und tödliche Wut.

Am Anfang Begeisterung, am Schluss tumultartige Szenen und der Versuch ihren Landsmann Jesus von Nazareth zu lynchen.

Der zunächst begnadete Auftritt Jesu endet mit einem gnadenlosen Abgang.

„Hosanna“ und „Kreuzige ihn“ liegen ganz nah beisammen.

Wie in einer Ouvertüre kündigt sich bereits das Schicksal Jesu an.

 

Doch wie kommt es zu diesem Stimmungsumschwung, zu diesem Wettersturz der Gefühle, zu diesem Eklat in Nazareth?

 

Die Wende deutet sich in der Frage an: „Ist das nicht der Sohn Josefs?“ – Da schwingt zunächst noch Bewunderung mit, ja Lokalpatriotismus: „Einer von uns, toll wie der redet und die Wunder, die er in Kafarnaum gewirkt hat!“ – Aber in die Frage mischt sich auch schon Skepsis: „Den kennen wir doch! Was will der denn? Was bildet der sich ein? Der war doch 30 Jahre hier!

Den soll Gott gesandt haben? Der, Gesalbter des Herrn? Ist das nicht Anmaßung? Lästert der nicht Gott?"

 

Und schon ist es passiert:

Sie sind nicht mehr offen ihm gegenüber.

Sie sind voreingenommen. Sie verschließen sich. Empörung macht sich breit. Die Sache eskaliert.

 

Und Jesus? Von wegen sensible Gesprächsführung! Er glättet nicht die Wogen. Er macht keine gute Miene zum bösen Spiel. Er provoziert durch zwei Sprichwörter.

 

Das erste legt er seinen Landleuten in den Mund: „Arzt, heile dich selbst!“ – Was heißen soll: „Beweis deine heilende Kraft hier und auf der Stelle! Anderswo magst du Eindruck schinden, bei uns aber nicht!“

Das zweites Sprichwort: „Kein Prophet wird in seiner Heimat anerkannt!“ – Jesus spürt die Ablehnung, die ihm entgegenschlägt.

Es bewahrheitet sich, was der Greise Simeon vorausgesagt hat: „Er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird.“ (Lk 2, 34)

An Jesus scheiden sich die Geister.

 

Und dann gießt Jesus sozusagen noch Öl ins Feuer, indem er zwei Beispiele nennt: Er erinnert an den Propheten Elija. Dieser hat der Witwe von Sarepta, einer Ausländerin und Heidin, auf wunderbare Weise geholfen, obwohl es damals auch viele Witwen in Israel gab, die Not litten. Aber in der Fremde fand er Glauben.

 

Das zweite Beispiel: Der Prophet Elischa. Zu seiner Zeit gab es viele Leprakranke in Israel, aber Elischa wurde zu dem Syrer Naaman geschickt, ebenfalls Ausländer, ebenfalls kein Jahwegläubiger. Und er wurde von seinem Aussatz geheilt.

Nicht den Frommen in Israel wurde Hilfe zuteil, sondern ausgerechnet Heiden, Ungläubigen, und das heißt Sündern!

 

Die Nazarener merken, dass Jesus mit diesen Beispielen ihre Erwählung in Frage stellt, ihre exklusive Gottesbeziehung, die sie meinen zu haben. – Das geht zu weit! Das bringt sie zur Weißglut. Wut kocht hoch, blanker Hass, nackte Feindschaft.

Sie werden handgreiflich und wollen ihn umbringen.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Der Evangelist Lukas hat in dieser kleinen Episode in Nazareth

– wie mit einem Brennglas – schon die ganze Jesusgeschichte zusammengefasst.

Erst die programmatische Antrittsrede Jesu, die sein Wirken vorwegnimmt. Da noch Stolz auf den Heimatsohn, Begeisterung, Applaus.

Dann das verwunderte Staunen, Zweifel, Misstrauen („Was erlaubt der sich?“), wachsende Ablehnung. Dann das Nicht-hören-Wollen, Sich-Verhärten, Sich-Verschließen. Schließlich Rausschmiss, Vertreibung aus der Stadt und der Versuch, ihn zu töten.

Aber das, worauf es ankommt, verweigern die Nazarener: den Glauben! – „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf!“ (Joh 1, 11)

 

Merken Sie, liebe Schwestern und Brüder, wie schon beim Antrittsbesuch in Nazareth, am Beginn seines Wirkens, die ganze Heilssendung Jesu aufleuchtet? Leiden und Kreuz treten bereits deutlich in den Blick.

Und wenn Jesus souverän durch die Volksmenge hindurchschreitet und ungehindert weggeht, dann blitzt sogar schon die Auferstehung auf. Die gekreuzigte Liebe ist stärker als der Tod.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Nach dem Neuen Testament ist die Kirche der Leib Christi.

Damit tun sich viele heute schwer. Sie haben – wie die Bewohner von Nazareth – ganz bestimmte Vorstellungen, Erwartungen und Wünsche, wie die Kirche heute sein müsste, um sich darin wohl zu fühlen und sich zu engagieren, oft allerdings auch übersteigerte Erwartungen und sehr hohe Ansprüche.

 

Eine perfekte Kirche aber gibt es nicht, so wenig wie die perfekten Menschen. Auch Bischöfe und Priester sind nicht schon durch ihre Weihe bessere Menschen. Auch Ordenschristen, die sich Gott geweiht haben, bleiben fehlbar und sündig und brauchen immer wieder sowohl die Barmherzigkeit Gottes als auch die Nachsicht ihrer Mitmenschen.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Wenn wir daran glauben, dass Gott durch den Heiligen Geist in seiner Kirche gegenwärtig ist und wirkt, dürfen wir sicher sagen, was uns nicht gefällt und wo menschliche Schuld das Antlitz der Kirche verdunkelt. Wir dürfen den Finger auf die wunden Stellen legen. Wir sollten aber auch all das Gute, das Gottes Geist durch Menschen in der Kirche wirkt, nicht übersehen und trotz vieler Schwächen, Runzeln und Fehler die Kirche lieben.

Nicht austreten aus der Kirche, sondern auftreten in der Kirche und sich in ihren Dienst stellen!

Von außen Kritik üben und nichts Gutes an ihr lassen, ist leicht. Aber mithelfen, die Kirche von innen zu erneuern – und die Kirche braucht immer wieder die Erneuerung, sie ist stets reformbedürftig – das verlangt etwas, das kostet etwas. Und die Erneuerung fängt immer bei uns selber an.

 

Das Evangelium, liebe Schwestern und Brüder, ruft zur Entscheidung.

Es lädt ein, zwischen allem „Hosanna“ und „Kreuzige ihn“ den Weg Jesu mitzugehen. Das ist kein Spaziergang. Das verspricht Jesus auch nicht. Im Gegenteil. Er spricht vom Kreuztragen.

 

Aber Gottes Kraft geht alle Wege mit. Sein Wort zeigt uns den Weg. Und Christus selbst ist der Beistand, der uns nicht verlässt.

 

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