Exerzitien mit P. Pius

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Demut - noch zeitgemäß?

(22. Sonntag - Lesejahr C; Lk 14, 1.7 - 14)

 

Ein Vogel lag auf seinem Rücken, beide Beine starr nach oben gegen den Himmel gerichtet. Ein anderer Vogel kam vorüber und fragte verwundert: Was ist denn mit dir los? Was machst du da?

Oh, antwortete der Vogel, das muss ich tun. ich halte den Himmel. Wenn ich meine Beine zurückziehe und loslasse, dann stürzt der Himmel ein und alle Menschen kommen um.

Kaum hatte er das gesagt, da löste sich ein Blatt vom nahen Baum und fiel leise raschelnd zur Erde. Der Vogel erschrak, drehte sich um und flog eilends davon. Der Himmel aber blieb, wo er war und stürzte nicht ein.

 

Nicht wahr, der Vogel überschätzt sich erheblich. Er nimmt sich zu wichtig. Er spielt eine Rolle, die ihm gar nicht angemessen ist. Ein fallendes Blatt genügt, um dem Wichtigtuer Angst einzujagen und ihm zu zeigen, wie die Verhältnisse wirklich sind.

 

„Hochmut kommt vor dem Fall“, könnte man diese kleine Vogelgeschichte auch überschreiben. Auch das Wort Jesu aus dem heutigen Evangelium passt zu dem Gehabe des kleinen Vogels: „Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt.“

 

Ob wir nicht auch immer wieder einmal wie dieser Vogel sind: hochmütig, stolz, überheblich? Und vergessen wir nicht oft, wer wir in Wahrheit sind, wo von Gott her unser Platz ist und was wir zu tun haben?

Wenn ich mehr scheine als ich tatsächlich bin, dann lebe ich nicht mehr in der Wahrheit. Ich mache mir und anderen etwas vor. Wenn ich mich stolz als den Mittelpunkt der Welt betrachte, dann verliere ich die Orientierung und jedes Maß.

 

Das Gegenteil von Überheblichkeit und Stolz ist Demut.

Vom heiligen Einsiedler Antonius stammt folgendes Wort über die Demut: „Ich sah alle Schlingen des bösen Feindes über die Erde ausgebreitet. Da seufzte ich und fragte: „Wer kann ihnen entrinnen? Eine Stimme sagte zu mir: die Demut!“

 

In der christlichen Überlieferung und Frömmigkeit spielt die Demut eine bedeutende Rolle.

Die Demut gilt als eine der Haupttugenden.

Jeder Christ ist aufgefordert, sich um diese Tugend zu bemühen.

 

Doch das Wort „Demut“ und das, was wir gewöhnlich damit assoziieren, hat heute für viele keinen guten Klang. Es hat eher einen negativen Beigeschmack. Es löst mehr Unbehagen und Abwehr aus, als dass es anziehend wäre und etwas Erstrebenswertes.

 

Kein Wunder, denn mit der Demut ist auch schon allerhand Schindluder getrieben worden. Sie wurde gebraucht oder besser gesagt missbraucht, um Menschen klein und zahm zu halten, ein­zuengen, sie besser manipulieren zu können oder um Eigeninitiative und Selbständigkeit zu unterdrücken.

 

Ja, das Wort Demut ist in Verruf geraten. Denn das, was unter diesem Namen manchmal praktiziert wurde (auch in Kloster- und Kirchenkreisen) und was mit Berufung auf die Demut manchmal verlangt wurde (da und dort auch von Oberen oder Oberinnen), hat nicht mehr viel mit dem zu tun, was Demut wirklich ist.

 

Ich finde es sehr schade, dass die Tugend der Demut an Faszination und Wert so stark eingebüßt hat. Denn wir laufen in Gefahr, einen kostbaren Schatz zu verlieren und eine wichtige Lebenshilfe zu verspielen.

 

Wahre Demut ist gar nichts Künstliches und nichts Gemachtes. Sie hat nichts zu tun mit Kriecherei und Selbstverachtung. Sie ist keineswegs etwas für Weicheier oder gutmütige Trottel.

 

Eine der besten und tiefsinnigsten Definitionen von Demut stammt von Theresa von Avila, von einer Frau, die gewiss nicht auf verkehrte Weise, nämlich buckelig und kriecherisch, demütig war.

 

Theresa von Avila hat ja gegen den Widerstand von kirchlichen Oberen den Karmeliterorden erneuert und viele Klöster gegründet. Sie stand zu ihrer Überzeugung auch bei Widerstand und Verfolgung. Theresa von Avila war eine selbstbewusste, aufrechte, mutige Frau.

Und doch – oder gerade deswegen – war Demut für sie ein Thema.

Theresa von Avila sagt: „Demütig sein heißt: in der Wahrheit sein.“

 

In der Wahrheit ist ein Mensch, der weiß, wer er ist und was er kann und gleichzeitig aber auch zu seinen Grenzen und Schwächen steht.

In der Wahrheit sein heißt auch, die Grenzen und Schwächen anderer Menschen kennen und annehmen ohne daran kaputt zu gehen, aber auch ohne die Hände in den Schoß zu legen, ohne zu resignieren und alles über sich ergehen und mit sich machen zu lassen.

 

„Demütig sein heißt: in der Wahrheit sein.“

Welch eine kraftvolle, befreiende Haltung! Es geht nicht darum, sich klein zu machen oder minderwertig von sich zu denken. Es geht vielmehr darum, sich nicht stolz über andere zu erheben. Es geht darum, nicht voll Verachtung auf andere herabzuschauen. Es geht darum, sich einzuordnen in Gottes Liebesordnung, die kein Oben und Unten kennt.

Das ist nicht Schwäche, sondern Stärke. Das engt nicht ein, sondern macht frei. Solche Demut lässt keinen Buckel wachsen, sondern gibt Boden unter die Füße und richtet auf.

 

„Demütig sein heißt: in der Wahrheit sein.“

Weder der, der sich selber kleiner macht, als er ist, noch der, der meint größer oder bedeutender zu sein als andere, ist in der Wahrheit.

 

Wirklich demütig ist, wer es wagt, sich selber mit allen Begrenzungen und Schwächen den anderen zuzumuten und gleichzeitig seine Stärken, seine Fähigkeiten und Möglichkeiten mit ihnen zu teilen.

In dem Wort Demut steckt das Wort „Mut“. Demut ist der Mut zur eigenen Wahrheit, der Mut, sich zu sich selbst zu bekennen. Wo dieser Mut fehlt, da müssen Lüge, Prahlerei und Stolz in die Bresche springen, um Angst und Unsicherheit zu überdecken.

 

„Demütig sein heißt: in der Wahrheit sein."

Von Papst Johannes XXIII. wird überliefert, dass er, als er mit der Last seines Amtes fast nicht mehr fertig wurde, zu sich selbst sagte: „Giovanni, nimm dich nicht so wichtig. Wer führt die Kirche, du oder der heilige Geist?“

„Nimm dich nicht so wichtig!“ In dieser Bemerkung leuchtet die Demut dieses bedeutenden und guten Mannes auf. Er hat sich ins Bewusstsein gerufen, wer er ist vor Gott und sich auf Amt und Würden nichts eingebildet, noch je andere spüren lassen, dass er das Sagen hat, am Drücker ist oder am längeren Hebel sitzt.

 

Demütig ist der Mensch, der weiß, dass er letztlich nicht aus sich selbst ist und lebt, sondern, dass dieses Leben mit all seinen Möglichkeiten Geschenk ist.

Demütig ist ein Mensch, der noch bitten und danken kann. Demütig ist ein Mensch, der weiß, wie liebebedürftig, gabebedürftig, gnadenbedürftig er ist.

Das macht gütig, großzügig, barmherzig und weit auch gegenüber anderen.

 

„Demütig sein heißt: in der Wahrheit sein.“

In der folgenden kurzen Stille lade ich Sie ein, sich vor Gott zu besinnen, welches die Wahrheit Ihres Lebens ist. Und was es für Sie persönlich konkret bedeuten könnte, aus dieser Wahrheit zu leben.

 

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