Exerzitien mit P. Pius

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Ein Mensch wie Brot

(20. Sonntag - Lesejahr B; Joh 6, 51 - 58)

 

EVANGELIUM                                                                                                   

Mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank

 

+ Aus dem Evangelium nach Johannes

In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge

51Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt.

52Da stritten sich die Juden und sagten: Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben?

53Jesus sagte zu ihnen: Amen, amen, das sage ich euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch.

54Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag.

55Denn mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank.

56Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich bleibe in ihm.

57Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und wie ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich isst, durch mich leben.

58Dies ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Mit ihm ist es nicht wie mit dem Brot, das die Väter gegessen haben; sie sind gestorben. Wer aber dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit.

 

 

 

Es war kurz nach dem Krieg, in der schlechten Zeit.

In einem Eisenbahnabteil fährt eine Mutter mit einem etwa dreijährigen Kind. Es schläft, von ihrem Mantel umhüllt, in ihrem Arm. Plötzlich rührt es sich, wacht auf. Die Mutter reicht ihm ein Stück Brot. Da blickt es strahlend auf. „Danke“ sagt es zur Mutter. Dann kuschelt es sich wieder in ihren Arm und knabbert an dem Brot, und kostet es aus als wäre es ein Stück Liebe.

 

Die kleine Geschichte macht deutlich, was „Brot“ für den Menschen bedeuten kann. Brot ist unser alltägliches Nahrungsmittel. Aber es ist mehr als einfach ein Nahrungsmittel: Brot – das ist Leben! Wir leben von ihm. Indem das Brot sich verzehren lässt, spendet es Leben. Darum ist Brot ein Symbol für Leben.

 

Gleichzeitig wird im Brot ein Grundgesetz des Lebens deutlich: dass nämlich einer vom andern lebt, dass Brot geteilt werden muss. – Ich finde, das schönste, was man mit Brot machen kann, ist, es in Gemeinschaft miteinander zu teilen und gemeinsam zu essen.

 

Haben Sie schon einmal erlebt, wie dieses Teilen verbindet?

Zum Beispiel auf einer langen Wanderung, wenn man Rast macht? Oder nach einer Bergbesteigung auf dem Gipfel, wenn alle hungrig am Ziel ankommen? Dann den Rucksack auspacken, das Brot hervorholen, dann das Brot miteinander teilen, das verbindet.

Brot zu teilen ist Inbegriff von Gemeinschaft, von Freundschaft, ja von Liebe.

 

Für das Kind im Eisenbahnabteil war das Brot ein Stück Liebe, die Liebe seiner Mutter! – Wer mit einem anderen sein Brot teilt, sagt ohne Worte: „Ich teile ein Stück meines Lebens mit dir!“ – In gewissem Sinn verteilt er mit dem Brot sich selbst.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Ist es, so betrachtet, nicht sehr verständlich, warum Jesus gerade Brot zum Zeichen seiner Gegenwart in der Eucharistie wählt?

 

Er war „ein Mensch wie Brot“! – Sich selbst hergeben, sich verteilen wie Brot, das war die Art wie Jesus gedacht, gehandelt und gelebt hat. Er verschenkte sich ganz an die Menschen: seine Zeit, seine Kraft, seine Fähigkeiten, seine Liebe.

Jesus war ein Mensch für andere. Das kleine Wörtchen „für“ ist in seinem Leben ein Hauptwort. Schließlich verschenkte er sich selbst bis zur letzten Konsequenz, für uns, aus Liebe.

 

„Ich bin das Brot des Lebens.“

So war Jesus – ein Mensch wie Brot.

Im Brot der Eucharistie verteilt er sich auch heute an uns. Indem er sich uns schenkt, will er uns das Leben geben.

 

In dem Brot, das wir empfangen, will Gott sich selbst, seinen Geist und seine Kraft, seine Liebe und seine Güte in uns einspeisen, will uns Nahrung sein auf unserem Weg.

 

In dem Brot, das wir empfangen, will sich Gott selbst uns mit-teilen, will uns sein Mit-sein, sein Mit-gehen erfahren und spüren lassen.

 

Im Brot der Eucharistie will Gott unseren Lebenshunger, unsere Leere, unsere Sinnlosigkeit füllen mit seinem Leben, mit seinem Sinn, mit seinem Heil.

 

„Ich bin das Brot des Lebens“, das ist die Antwort Jesu auf unseren Lebenshunger. Wer zu ihm in Beziehung tritt, wer an ihn glaubt, wer auf ihn vertraut, dessen Lebenshunger wird erfüllt, der gewinnt das wahre Leben.

 

Der Mensch kann seine wahre Erfüllung nicht in dem finden, was die Welt bietet, sondern nur in Gott allein.

„Gott nur genügt. Wer ihn hat, dem fehlt nichts“, sagt Theresa von Avila.

 

In der Eucharistie will Gott uns täglich neu das Leben geben.

Zugleich liegt darin aber auch ein Anspruch, eine Herausforderung: Jesus lädt uns ein, indem wir ihn empfangen, indem er unsere Nahrung wird, ebenfalls „Menschen wie Brot“ zu werden:

Gesinnt zu sein wie er gesinnt war, lieben wie er geliebt hat, und aus seinem Geist zu leben: „Menschen wie Brot“, Menschen, die sich an andere verschenken; Menschen, die keine Angst haben, sich von der Not der Mitmenschen „verzehren“ zu lassen; Menschen, die durch ihre Hingabe Gemeinschaft stiften.

„Als Brot für viele Menschen hat uns der Herr erwählt. Wir leben füreinander und nur die Liebe zählt“, heißt es in einem Lied.

 

In unserer Gesellschaft folgen die meisten der Parole:

„Jeder ist sich selbst der Nächste.“

Aufstieg, Erfolg, Prestige, mehr verdienen, mehr haben, das Erreichte festhalten – nur ja nicht teilen! –

 

Merken die Menschen nicht, dass ihre Einsamkeit genau daher rührt, dass keiner sein Leben mit anderen teilen will? Alle bleiben einander fremd und in der Tiefe allein.

Das Gleichnis des Brotes steht gegen den Trend unserer Zeit. Aber es enthält die Antwort auf ihre Nöte.

 

Wagen wir es – wie Jesus, das kleine Wörtchen „für“ zu einem Hauptwort unseres Lebens zu machen!

 

Wagen wir es – wie Jesus, „Menschen wie Brot“ zu sein und damit Kraft- und Lebensquelle und Hoffnung für viele.

 

Denn „als Brot für viele Menschen hat uns der Herr erwählt.

Wir leben füreinander und nur die Liebe zählt“

 

 

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