Exerzitien mit P. Pius

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Königlich geben

(34. Sonntag im Jahreskreis - Christkönig; Lesejahr B; Joh 18, 33b - 37)

 

EVANGELIUM                                                                                                   

Du sagst es, ich bin ein König

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes

In jener Zeit

33bfragte Pilatus Jesus: Bist du der König der Juden?

34Jesus antwortete: Sagst du das von dir aus oder haben es dir andere über mich gesagt?

35Pilatus entgegnete: Bin ich denn ein Jude? Dein Volk und die Hohepriester haben dich an mich ausgeliefert. Was hast du getan?

36Jesus antwortete: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn mein Königtum von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Nun aber ist mein Königtum nicht von hier.

37Da sagte Pilatus zu ihm: Also bist du doch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.

 

 

Dieser Tage bin ich auf eine Geschichte gestoßen, die ich schon lange in meinem Fundus habe. Sie passt meines Erachtens gut zum heutigen Christkönigssonntag. Von wem diese Geschichte stammt, kann ich nicht sagen. So wie ich sie aufbewahrt habe, hat sie auch keine Überschrift. Ich habe ihr die Überschrift gegeben: „Königlich geben“

 

Nun die Geschichte: „In einem fernen Land lebt auf einem Schloss ein junger König. Dieser junge König hat zwei große Leidenschaften, die sein Herz gefangen nehmen: Juwelen und Pferde. Eines Tages kommt ein Reisender aufs Schloss und bietet dem jungen König ein Diadem an: kostbar, wertvoll. Der König ist begeistert. Er möchte das Diadem kaufen. „Warte, König, kauf es noch nicht“, flüstern seine Berater ihm ins Ohr. „Lass dich vor dem Kauf noch einmal gründlich beraten. Unten im Dorf wohnt ein alter Jude, der versteht sich auf Juwelen. Er soll kommen und sich das Diadem ansehen.“ – „Lasst den Juden kommen“, befiehlt der König, „er soll mir mit Rat und Tat zur Seite stehen.“

Der Jude kommt ins Schloss, besieht sich das Diadem und sagt dann mit ernster Miene: „König, kaufe nicht! Was du hier angeboten bekommst, ist mindere Ware. In der Stadt erhältst du Besseres zu günstigerem Preis.“ – Der König ist froh über den Rat des weisen Juden und lässt den Reisenden unverrichteter Dinge wieder gehen.

„Hier hast du drei Kupfermünzen“, sagte er zu dem Juden, „eine Belohnung für dich.“ Der Jude nimmt das Geld und geht wieder zurück in sein Dorf.

 

Monate gehen ins Land. Eines Tages wird dem jungen König ein Pferd angeboten. Wieder ist er begeistert, wieder ist er fasziniert, ja, er ist wie versessen auf dieses Tier. – „König, kauf das Pferd noch nicht. Lass den alten Juden wieder kommen. Er soll dich wieder beraten. Er versteht sich nicht nur auf Juwelen, er versteht sich auch auf Pferde, er ist ein erfahrener Pferdekenner.“

Wieder lässt der König den Juden aus dem Dorf zu sich holen. Der Jude sieht das Pferd und sagt: „König, ich rate dir, kauf dieses Pferd nicht! Im Wesen seines Herzens ist es stürmisch, wild und aufbrausend. Es wird dich abwerfen, und du wirst zu Tode kommen.“ Der König ist erstaunt über dieses Urteil. Einige Stallburschen, die das Pferd von der Aufzucht her kennen, bestätigen und bekräftigen die Aussage des alten Juden.

Der König ist froh über diesen Rat. Auf den Kauf des Pferdes lässt er sich nicht mehr ein. „Hier hast du drei Kupfermünzen“ sagt er zu dem Juden, „eine Belohnung für dich.“ Der Jude nimmt das Geld und geht zurück in sein Dorf.

 

Wieder verstreichen Tage und Monate. An einem grauen, stürmischen Herbsttag – es ist kalt und ungemütlich – brennt dem jungen König eine Frage im Herzen, auf die er bei allem Grübeln und Nachsinnen noch keine Antwort gefunden hat. Er fragt sich: “Wer bin ich eigentlich?“ – Er erinnert sich an den alten, weisen Juden unten aus dem Dorf. Ihn lässt er wieder zu sich rufen. Und er fragt ihn: „Jude, sage mir: Wer bin ich eigentlich?“ Darauf der alte Jude: „König, du bist kein König. Du bist eine alte Krämerseele.“ – Der König erbleicht, wird zornig und wütend. Sofort lässt er den Juden in den dunklen Kerker werfen.

 

Aufgeregt und empört läuft der König zu seiner Mutter. Sie hört die aufgeregte Klage ihres Sohnes: „Stell dir vor, ich, der Sohn des Königs und der Königin, ich werde von diesem Juden als alte Krämerseele bezeichnet. Sag, Mutter, was meinst du dazu?“ – Darauf die Mutter: „Natürlich, du bist von königlichem Blut, mein Sohn. Vergiss das Geschwätz des alten Mannes!“ – Aber da ist etwas in der Stimme der Mutter, das macht ihn stutzig und misstrauisch. Er schaut die Mutter an und fordert sie auf: „Mutter, ich will, sag mir die Wahrheit!“ – Da beginnt die Mutter zu erzählen: „Vor Jahr und Tag gebar ich einen Sohn. Wir alle freuten uns. Das Volk jubelte und war überglücklich. Aber unser Sohn starb nach vier Tagen. – Da erinnerte ich mich an eine Magd unten aus dem Dorf. Sie hatte am gleichen Tag wie ich einem Sohn das Leben geschenkt. Ich ließ sie zu mir bringen und nahm ihr Kind. Mein Sohn, dieses Kind – das bist du!“

 

Ohne den Worten seiner Mutter weiter zu lauschen, läuft der junge König in den Kerker und befreit den alten Juden. „Sag mir, Jude, woher wusstest du, dass ich nicht von königlichem Blute bin? Sag es mir!“ Darauf der Jude – zurückhaltend und dennoch betont: „Weißt du, als ich dich abgehalten habe vom Kauf der Juwelen, da hast du mich gehen lassen mit drei wertlosen Kupfermünzen. Und als ich dir auf indirekte Weise das Leben gerettet habe, indem ich dich vor dem Kauf des Pferdes warnte. Hast du mich wiederum gehen lassen mit drei wertlosen Kupfermünzen. Da habe ich erkannt: Du bist kein wirklicher König. Ein wirklicher König gibt aus vollem Herzen – ein wahrer König gibt königlich.“

 

 

Soweit diese Geschichte. Sie kann uns, meine ich, deutlich machen, welchen König wir heute am Christkönigsfest verehren und feiern.

 

Denn, liebe Schwestern und Brüder, der König, den wir heute feiern, der hatte keine Krämerseele. Er hat königlich gegeben. Ja, er hat alles gegeben, sich selbst. Er ging ihm nicht um Profit und Prestige. Es ging ihm um uns. Er hing nicht an seiner Position. Er hing an uns. Er lebte nicht für sich. Er lebte für uns. Er gab, was er hatte. Zuletzt gab er sein Leben. Zwischen Himmel und Erde, nackt an einem Todesbalken, hat er es hingegeben – für uns und unsere Welt.

Jesus Christus, unser König, hat königlich gegeben: sich selbst – von der Krippe bis zum Kreuz.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Manchmal kann man die Meinung hören: Christsein heißt: „du musst, du hast, du sollst“. Im Bewusstsein vieler ist Christsein zuerst einmal Verpflichtung, Leistung, Askese und Moral.

Ich sage: Das stimmt nicht! Christsein ist zunächst Empfangen. Christsein ist zuerst einmal ein Geschenk. Als Getaufte, haben wir nicht nur eine königliche Würde, wir sind auch königlich Beschenkte. Königlich beschenkt mit göttlicher Gnade, mit göttlichem Licht und heiligem Geist. Wir sind beschenkt mit Seiner Liebe, mit Freude und Hoffnung.

 

Wenn wir uns in unserem Herzen königlich beschenkt wissen, wenn tief in uns das Bewusstsein lebt: durch Gottes Liebe bin ich reich, bin angenommen, dann kann ich auch wieder lieben, kann weitergeben, nicht knauserig und geizig, sondern großzügig, königlich.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Zu diesem königlichen Geben möchte ich Sie animieren. Eine neue Woche liegt vor Ihnen: Geben Sie in dieser Woche königlich! Fragen Sie nicht bei allem, was hab‘ ich davon? Was springt für mich dabei heraus? – Geben Sie! Geben Sie gern, weitherzig, großzügig, eben königlich!

 

Und wenn Sie demnächst einmal die Bemerkung hören sollten: Glaube? Christsein? Das ist doch nur ein „du hast, du sollst, du musst“ – sagen Sie dann: Nein, das stimmt nicht. Ich seh und erfahr das anders. Für mich ist Glaube und Christsein zunächst einmal offen sein, empfänglich sein, sich beschenken lassen. Christen sind königlich Beschenkte.

Wie sagte noch der alte Jude? „Ein wahrer König gibt königlich.“

 

 

 

 

 

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