EVANGELIUM
Du sagst
es, ich bin ein König
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Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes
In jener Zeit
33bfragte
Pilatus Jesus: Bist du der König der Juden?
34Jesus
antwortete: Sagst du das von dir aus oder haben es dir andere über mich gesagt?
35Pilatus
entgegnete: Bin ich denn ein Jude? Dein Volk und die Hohepriester haben dich an
mich ausgeliefert. Was hast du getan?
36Jesus
antwortete: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn mein Königtum von
dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht
ausgeliefert würde. Nun aber ist mein Königtum nicht von hier.
37Da
sagte Pilatus zu ihm: Also bist du doch ein König? Jesus antwortete: Du sagst
es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass
ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf
meine Stimme.
Dieser
Tage bin ich auf eine Geschichte gestoßen, die ich schon
lange in meinem Fundus habe. Sie passt meines Erachtens
gut zum heutigen Christkönigssonntag. Von wem diese
Geschichte stammt, kann ich nicht sagen. So wie ich sie
aufbewahrt habe, hat sie auch keine Überschrift. Ich
habe ihr die Überschrift gegeben: „Königlich geben“
Nun die Geschichte: „In einem
fernen Land lebt auf einem Schloss ein junger König. Dieser junge König hat zwei
große Leidenschaften, die sein Herz gefangen nehmen: Juwelen und Pferde. Eines
Tages kommt ein Reisender aufs Schloss und bietet dem jungen König ein Diadem
an: kostbar, wertvoll. Der König ist begeistert. Er möchte das Diadem kaufen.
„Warte, König, kauf es noch nicht“, flüstern seine Berater ihm ins Ohr. „Lass
dich vor dem Kauf noch einmal gründlich beraten. Unten im Dorf wohnt ein alter
Jude, der versteht sich auf Juwelen. Er soll kommen und sich das Diadem
ansehen.“ – „Lasst den Juden kommen“, befiehlt der König, „er soll mir mit Rat
und Tat zur Seite stehen.“
Der Jude kommt ins Schloss,
besieht sich das Diadem und sagt dann mit ernster Miene: „König, kaufe nicht!
Was du hier angeboten bekommst, ist mindere Ware. In der Stadt erhältst du
Besseres zu günstigerem Preis.“ – Der König ist froh über den Rat des weisen
Juden und lässt den Reisenden unverrichteter Dinge wieder gehen.
„Hier hast du drei
Kupfermünzen“, sagte er zu dem Juden, „eine Belohnung für dich.“ Der Jude nimmt
das Geld und geht wieder zurück in sein Dorf.
Monate gehen ins Land. Eines
Tages wird dem jungen König ein Pferd angeboten. Wieder ist er begeistert,
wieder ist er fasziniert, ja, er ist wie versessen auf dieses Tier. – „König,
kauf das Pferd noch nicht. Lass den alten Juden wieder kommen. Er soll dich
wieder beraten. Er versteht sich nicht nur auf Juwelen, er versteht sich auch
auf Pferde, er ist ein erfahrener Pferdekenner.“
Wieder lässt der König den
Juden aus dem Dorf zu sich holen. Der Jude sieht das Pferd und sagt: „König, ich
rate dir, kauf dieses Pferd nicht! Im Wesen seines Herzens ist es stürmisch,
wild und aufbrausend. Es wird dich abwerfen, und du wirst zu Tode kommen.“ Der
König ist erstaunt über dieses Urteil. Einige Stallburschen, die das Pferd von
der Aufzucht her kennen, bestätigen und bekräftigen die Aussage des alten Juden.
Der König ist froh über diesen
Rat. Auf den Kauf des Pferdes lässt er sich nicht mehr ein. „Hier hast du drei
Kupfermünzen“ sagt er zu dem Juden, „eine Belohnung für dich.“ Der Jude nimmt
das Geld und geht zurück in sein Dorf.
Wieder verstreichen Tage und
Monate. An einem grauen, stürmischen Herbsttag – es ist kalt und ungemütlich –
brennt dem jungen König eine Frage im Herzen, auf die er bei allem Grübeln und
Nachsinnen noch keine Antwort gefunden hat. Er fragt sich: “Wer bin ich
eigentlich?“ – Er erinnert sich an den alten, weisen Juden unten aus dem Dorf.
Ihn lässt er wieder zu sich rufen. Und er fragt ihn: „Jude, sage mir: Wer bin
ich eigentlich?“ Darauf der alte Jude: „König, du bist kein König. Du bist eine
alte Krämerseele.“ – Der König erbleicht, wird zornig und wütend. Sofort lässt
er den Juden in den dunklen Kerker werfen.
Aufgeregt und empört läuft der
König zu seiner Mutter. Sie hört die aufgeregte Klage ihres Sohnes: „Stell dir
vor, ich, der Sohn des Königs und der Königin, ich werde von diesem Juden als
alte Krämerseele bezeichnet. Sag, Mutter, was meinst du dazu?“ – Darauf die
Mutter: „Natürlich, du bist von königlichem Blut, mein Sohn. Vergiss das
Geschwätz des alten Mannes!“ – Aber da ist etwas in der Stimme der Mutter, das
macht ihn stutzig und misstrauisch. Er schaut die Mutter an und fordert sie auf:
„Mutter, ich will, sag mir die Wahrheit!“ – Da beginnt die Mutter zu erzählen:
„Vor Jahr und Tag gebar ich einen Sohn. Wir alle freuten uns. Das Volk jubelte
und war überglücklich. Aber unser Sohn starb nach vier Tagen. – Da erinnerte ich
mich an eine Magd unten aus dem Dorf. Sie hatte am gleichen Tag wie ich einem
Sohn das Leben geschenkt. Ich ließ sie zu mir bringen und nahm ihr Kind. Mein
Sohn, dieses Kind – das bist du!“
Ohne den Worten seiner Mutter
weiter zu lauschen, läuft der junge König in den Kerker und befreit den alten
Juden. „Sag mir, Jude, woher wusstest du, dass ich nicht von königlichem Blute
bin? Sag es mir!“ Darauf der Jude – zurückhaltend und dennoch betont: „Weißt du,
als ich dich abgehalten habe vom Kauf der Juwelen, da hast du mich gehen lassen
mit drei wertlosen Kupfermünzen. Und als ich dir auf indirekte Weise das Leben
gerettet habe, indem ich dich vor dem Kauf des Pferdes warnte. Hast du mich
wiederum gehen lassen mit drei wertlosen Kupfermünzen. Da habe ich erkannt: Du
bist kein wirklicher König. Ein wirklicher König gibt aus vollem Herzen – ein
wahrer König gibt königlich.“
Soweit diese Geschichte.
Sie kann uns, meine ich, deutlich machen, welchen König wir heute am
Christkönigsfest verehren und feiern.
Denn, liebe Schwestern und
Brüder, der König, den wir heute feiern, der hatte keine Krämerseele. Er hat
königlich gegeben. Ja, er hat alles gegeben, sich selbst. Er ging ihm nicht um
Profit und Prestige. Es ging ihm um uns. Er hing nicht an seiner Position. Er
hing an uns. Er lebte nicht für sich. Er lebte für uns. Er gab, was er hatte.
Zuletzt gab er sein Leben. Zwischen Himmel und Erde, nackt an einem Todesbalken,
hat er es hingegeben – für uns und unsere Welt.
Jesus Christus, unser König, hat
königlich gegeben: sich selbst – von der Krippe bis zum Kreuz.
Liebe Schwestern und Brüder!
Manchmal kann man die Meinung
hören: Christsein heißt: „du musst, du hast, du sollst“. Im Bewusstsein
vieler ist Christsein zuerst einmal Verpflichtung, Leistung, Askese und Moral.
Ich sage: Das stimmt nicht!
Christsein ist zunächst Empfangen. Christsein ist zuerst einmal ein Geschenk.
Als Getaufte, haben wir nicht nur eine königliche Würde, wir sind auch königlich
Beschenkte. Königlich beschenkt mit göttlicher Gnade, mit göttlichem Licht und
heiligem Geist. Wir sind beschenkt mit Seiner Liebe, mit Freude und Hoffnung.
Wenn wir uns in unserem Herzen
königlich beschenkt wissen, wenn tief in uns das Bewusstsein lebt: durch Gottes
Liebe bin ich reich, bin angenommen, dann kann ich auch wieder lieben, kann
weitergeben, nicht knauserig und geizig, sondern großzügig, königlich.
Liebe Schwestern und Brüder!
Zu diesem königlichen Geben möchte
ich Sie animieren. Eine neue Woche liegt vor Ihnen: Geben Sie in dieser Woche
königlich! Fragen Sie nicht bei allem, was hab‘ ich davon? Was springt für mich
dabei heraus? – Geben Sie! Geben Sie gern, weitherzig, großzügig, eben
königlich!
Und wenn Sie demnächst einmal die
Bemerkung hören sollten: Glaube? Christsein? Das ist doch nur ein „du hast,
du sollst, du musst“ – sagen Sie dann: Nein, das stimmt nicht. Ich seh und
erfahr das anders. Für mich ist Glaube und Christsein zunächst einmal offen
sein, empfänglich sein, sich beschenken lassen. Christen sind königlich
Beschenkte.
Wie sagte noch der alte Jude?
„Ein wahrer König gibt königlich.“
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